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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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ausgezeichnete Köchin, die sich seit dem Tod ihres Mannes wie eine Henne über mein Privatleben gesetzt hatte. Anfangs war es störend gewesen, bis ich sie in allerlei Geschichten, die ich meist erfand, die aber dann doch irgendwo in meiner Zeitung von ihr als Leserbriefe auftauchten, eingespannt hatte. Nun war eine Agatha Christie aus ihr geworden. Nichts entging ihr im Haus. Und ich war der Erste, der alles erfuhr.
    Ihr entging auch nicht, dass ich jemanden mitbrachte.
    »Herr Stösser. Ich habe Sie über die Feiertage vermisst. Habe extra einen Kuchen für Sie gebacken. Warten Sie. Den Rest müssen Sie jetzt aber mitnehmen. Sie haben bestimmt nichts im Kühlschrank.«
    Der Dackel beschnüffelte die Beine von Klaus, nieste und kläffte. Klaus schlug hilflos mit den Armen. »Muss das sein? Wir wollten reden«, flüsterte er.
    »Du wolltest mit hochkommen. Das ist nun mal Nachbarschaft.«
    Die Nachbarin hatte den Kuchen, Marzipankuchen, den sie aus Kartoffelteig machte, mit einer Kerze dekoriert. Meine Lieblingsverführung, von der ich ihr einmal erzählt hatte, dass Marzipan von meiner Mutter nach dem Krieg aus Kartoffeln hergestellt wurde.
    »Lassen Sie es sich gut schmecken ... und, ach herrje, Ihre Post! Die hätte ich beinahe vergessen. In den Zeitungen steht aber auch nichts von mir, wenn Sie nicht in der Redaktion sind. Wann müssen Sie wieder in den Verlag? Ich habe schon drei Leserbriefe geschickt. Was meinen Sie? Könnte ich daraus nicht langsam einen Roman machen?«
    Klaus lehnte an der Wand und verdrehte die Augen. »Können wir nicht mal langsam zur Sache kommen. Ich habe meine Zeit nicht gestohlen«, knurrte er und steckte sich eine Zigarette an.
    »Junger Mann, im Hausflur wird nicht geraucht«, wies ihn die Nachbarin zurecht.
    »Dachte ich mir. Dann gehen wir am besten rein. Sie entschuldigen, Frau Nachbarin. Aber ich habe mit Herrn Stösser noch zu reden.« Klaus rüttelte energisch mit der Tasche.
 
    »Redet die immer so viel?« Klaus ließ sich aufs Sofa fallen und legte die Tasche auf den Couchtisch. »Ich hasse diese plappernden Nachbarinnen. Die stiften mehr Unheil, als dass sie helfen.«
    Ich grinste und machte eine Flasche Whiskey auf. »Mach es dir gemütlich. Ich muss erst einmal aus meinen Sachen und eine Dusche nehmen. Ich stinke mir langsam selbst. Die Fernbedienungen für Fernsehen und Radio liegen auf dem Tisch. Kannst ja vom Kuchen naschen. Bin gleich zurück.«
 
    Seit Berlin war ich nicht mehr aus meinen Kleidern gekommen, die ich mehrfach durchgeschwitzt und wieder durchgefroren hatte. Ich stank wie eine Nassmülltonne in der Sonne. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Und das ging unter der Dusche am besten. Klaus hatte den Familienschrein sofort mit der Anwesenheit von Kleiner Drache in Verbindung gebracht. Dass The-Maria hier war und dass es sie überhaupt gab, schien der BND nicht zu wissen. Das war ein Vorteil für mich und meine Tochter. Wenn sie nicht noch mehr Unheil anrichtete, als sie es bisher schon getan hatte.
    Nur die Kerze auf dem Marzipankuchen störte etwas mein leidliches Wohlbefinden. Dieses Zeichen hatte ich mit der Nachbarin, eigentlich nur als Spiel für ihre Krimivorstellungen, ausgemacht, wenn in meiner Abwesenheit etwas vorgefallen war, das ich wissen sollte.
 
    »Schmeckt lecker, dieser Kuchen.« Klaus kaute mit vollen Backen den Kartoffelmarzipankuchen.
    »Was, zum Teufel, willst du?« Ich ließ mich im Bademantel in meinen Fernsehsessel fallen. Mein einziger Gedanke war, endlich in meiner Stammkneipe ein paar Bier zu trinken und mir von der Wirtin ein Riesensteak mit Zwiebeln braten zu lassen. Aber vorher musste ich Klaus loswerden.
    »Ich will mit Kleiner Drache sprechen. Mehr nicht. Dann halte ich dich und sie aus allem heraus.«
    »Warum willst du mit ihr sprechen?«
    Klaus schenkte sich Whiskey nach. Verzog das Gesicht. Ein Ausdruck von Amüsement am oder über ein Spiel huschte durch seine Mimik.
    »Hör zu ...«
    »Tue ich schon die ganze Zeit. Aber du spielst hier den geheimnisvollen Sampan. Und Kleiner Drache kann ich dir nicht liefern. Ich weiß nicht, wo sie ist.«
    »Aber sie weiß, wo du bist. Warum sonst bist du nach Ostberlin gefahren und bringst einen Familienschrein mit, von dem sich kein Vietnamese jemals trennen würde?«
    Dieser verdammte Schrein trieb mich in die Enge. Hätte ich ihn nur damals in Chau Doc verbrennen lassen. Damals, als die Vietcong das kleine Haus auf dem Damm angezündet, ihre Eltern und den Ältestenrat

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