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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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er seelisch ausgebrannt war.
    Er war alt geworden. Die wenigen Haare, die er schon vor Jahren gehabt hatte, waren noch weniger und schlohweiß geworden. Dafür hatte seine Figur sich im Hosenbund mehr Raum geschaffen. Er trug einen Trauring.
    Die Polizisten schienen vorinformiert worden zu sein. Sie händigten dem Mann das Gewünschte ohne Quittung oder weitere Diskussionen, wie es Beamte sonst taten, aus.
    »Handschellen muss ich dir ja wohl nicht anlegen. Steig ein.«
    »Wohin fahren wir?«
    »Wohin wohl? Wir müssen dich verhören. Was sonst. Darfst auch rauchen. Nur Whiskey ist im Etat nicht drin.«
 
    Nun steuerte Schikowski seelenruhig einen grauen Passat, und ich saß neben ihm. Auf der Fahrt zu einem Verhör. Meinem Verhör.
    »Es ist alles verdammt lange her«, sagte ich, der alten Zeiten gedenkend, die für mich mit einem Mal wieder so präsent geworden waren. Eine vereinzelte Erinnerung brach sich Bahn, vermutlich hervorgerufen durch den Ehering, den er trug. »Hast du damals deine Chinesin mitgenommen? Wie hieß sie doch gleich?«
    Klaus nickte. »Du erinnerst dich anscheinend noch gut. Hoffentlich gleich auch noch, wenn ich dir ein paar Fragen stellen werde. Ja, ich habe Chi geheiratet. Mein ältester Sohn ist inzwischen neunzehn, die beiden anderen sind zwölf und neun. War eine gute Entscheidung von mir. Und was macht dein Kleiner Drache? Hast du sie nicht geheiratet?«
    Darüber schwieg ich lieber und sah in eine verregnete Landschaft. Doch, ich hatte sie geheiratet. Aber nicht nach international gültigem Recht.
    »Nein.«
    Klaus nickte. »War wohl doch etwas zu gewalttätig. Stimmt's? Aber ich hatte dich damals schon gewarnt. Lass dich nicht mit einer Viet ein. Nimm dir eine Chinesin. Aber du wolltest ja nicht hören. Du warst und bleibst ein Sturkopf.«
    Er bog auf das Gelände einer verlassenen Fabrik ein, das im Begriff war, von der Natur zurückerobert zu werden. Hielt vor einem halb geöffneten Stahltor.
    »Wir sind da. Geh schon mal hinein. Ich komme gleich nach. Dann können wir reden.«
    Das hatte sich nicht nach einer Einladung angehört. Den letzten Satz hatte Klaus anders moduliert. Es war ein Befehl und eine Drohung zugleich.
    Das Tor fiel hinter mir quietschend ins Schloss. Zwei Männer in Jeansanzügen mit deutlich sichtbaren Pistolen unter ihren Jacketts nahmen mich in Empfang. Es war eine alte Werkshalle. Hoch. Schmutzig. Fundamente zeugten davon, dass mal vor langer Zeit Maschinen auf ihnen etwas Sinnvolles produziert hatten. Der Mercedes stand wie eine moderne Skulptur inmitten dieser maroden Zeugen der Industrialisierung.
    »Würdest du bitte mal den Wagen aufschließen? Wir wollen keinen Kratzer an einem Leihwagen hinterlassen.«
    Ich dachte an den Familienschrein, der im Kofferraum lag. Schikowski wusste um solche Familienangewohnheiten der Vietnamesen. Und er hatte mich verdächtig schnell auf Kleiner Drache angesprochen.
    »Habt ihr einen Durchsuchungsbefehl oder wie man das heute nennt? Wer seid ihr überhaupt?« Ich dachte nicht daran den Wagen zu öffnen.
    Schikowski schüttelte den Kopf.
    »Dir ist wirklich nicht zu helfen. Also, Männer, macht ihn auf.« Er warf einem den Autoschlüssel zu.
    »Damit du eines weißt. Ich habe nur einen Chef über mir. Und das ist der Innenminister und ich habe jedes Recht, etwas zu tun, das ich für richtig halte. Haben wir uns verstanden?«
    »Nein. Haben wir nicht«, lehnte ich mich auf. Wusste aber sofort, dass es sinnlos war. Der Innenminister als Chef. Schikowski war vom Journalisten zum Agenten des BND oder eines anderen Geheimdienstes mutiert.
    Der Kofferraumdeckel sprang auf. Schikowski sah hinein und nickte. »Kennen wir doch alles. Oder nicht? Nur Vietnamesen trennen sich nicht von ihrem Schrein.« Zu den Männern gewandt: »Durchsucht den Wagen wie besprochen. Und du kommst mal mit.«
    Schikoswki hakte sich bei mir unter. »Stell jetzt keine Fragen. Ich könnte sie dir momentan nicht beantworten. Ich stelle die Fragen, sonst wanderst du für viele Monate in Untersuchungshaft. Verstehen wir uns?«
    »Nein. Ich verstehe überhaupt nichts«, versuchte ich den empörten auf frischer Tat erwischten Verbrecher ein wenig herunterzuspielen. Klaus sah mich nur kurz an. Schob mich in etwas, das früher mal ein Meisterbüro gewesen sein musste. Industriescheiben, die in Kopfhöhe begannen. Ein Glaskasten, dem die Scheiben fehlten. Alte Schreibtische, deren hellbrauner Ton von vielen ölverschmierten Händen an den Ecken abgewetzt war.

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