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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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Alte Rollschränke mit aufgebrochenen Schlössern. Zwei hölzerne Drehstühle. Ein Uralttelefon und ein Kalender, dessen roter Reiter als letztes Zeitdokument auf dem 26.12.1968 ruhte. Eine Winterlandschaft als Foto auf dem oberen Teil verdeutlichte auch dem größten Analphabeten, dass es zu dieser Jahreszeit mal Winter gewesen sein musste.
    »Nimm Platz und rauch erst einmal eine Zigarette.« Seine Hand deutete auf einen der Stühle. Das passte mir nicht. Das war keine offizielle Aktion. Auch nicht, wenn Klaus dem BND angehören sollte. Alte Erinnerungen suchten sich den Weg durch meine Synapsen. Erinnerungen, die ich erfolgreich zwanzig Jahre lang verdrängt hatte.
    »Was soll der Scheiß hier? Wenn ihr, oder wer auch immer, etwas gegen mich vorzubringen habt, außer, dass ich eine Verkehrswidrigkeit begangen habe, dann kommt mir das hier alles sehr komisch vor. Hätten wir das nicht auf der Polizeiwache regeln können?«
    Klaus setzte sich auf die Schreibtischkante, rauchte, schlenkerte mit den Beinen und sah in die leere Werkshalle. Mir war kalt. Er wartete auf etwas. Kniff die Lippen zu einem Strich zusammen. So kannte ich ihn schon als damaligen Kollegen. Bei diesem Gesichtsausdruck ließ ich ihn besser in Ruhe. Er war ein Choleriker, der sich schnell vergaß, wenn nicht alles nach seinem Willen geschah. Ich rauchte auch. Ein Aschenbecher war bei diesem Schrott von Halle nicht nötig.
    »Du hast als Journalist mehr erreicht als ich«, begann er unvermittelt. Mit jedem Wort kondensierte sein Atem in der kalten Luft.
    »Das habe ich dir damals angekreidet. Du musst Verbindungen gehabt haben, hinter denen ich vergebens Jahre hergesucht habe.« Er schwieg einen Moment und rauchte.
    »Aber, hast du dir mal überlegt, dass diese Verbindungen, die dich damals zu einem Starreporter gemacht haben, heute ihren Lohn fordern? Den Lohn von dir?«
    Ich nickte. Auf den Gedanken war ich auch schon gekommen. Hatte ihn aber immer weit von mir geschoben.
    »Warum hast du nicht auch in deinem alten Job als Journalist weitergemacht? Schlechter als ich warst du auch nicht.«
    Klaus zuckte mit den Schultern. »Weiß auch nicht. Ich sah in Kriegen keinen Sinn mehr. War plötzlich Familienvater mit Verantwortung. Dann kamen die da oben auf mich zu und boten mir einen sicheren Job an. Sie kauften meine Asienkenntnisse. Und seither bin ich dabei. Und glaub mir, es ist weniger gefährlich als das, was wir damals in Vietnam gemacht haben.«
    Die Bürotür, die ohne Glas keine mehr war, öffnete sich. Einer der Männer, die mich in Empfang genommen hatten, nickte und reichte Klaus zwei Plastikbeutel.
    »Wir sind fertig mit dem Mercedes. Außer der Kiste haben wir nur das gefunden. Sollen wir weitermachen wie besprochen?«
    Klaus hielt eine Tüte gegen das Licht und nickte. »Ja. Wie besprochen. Ich brauche euch nicht mehr. Danke.«
    »Muss ich dich jetzt fragen, wie drei Neun-Millimeter-Geschosshülsen russischer Fertigung in den Mercedes kommen? Wir unterhalten uns jetzt besser mal privat darüber. Komm. Ich fahre dich nach Hause.«
    The-Maria hatte aus dem geöffneten Fenster den weißen Golf abgeschossen. Dabei mussten drei Hülsen aus dem Auswurf der Makarow im Wagen gelandet sein. Blöd von mir, nicht daran zu denken. Aber es war alles zu schnell gegangen.
 
    Köln. Südstadt.
    »Du wohnst ja immer noch in dieser alten Bruchbude.« Klaus sah sich kurz im Treppenhaus um. »Langsam dürftest du dir etwas Besseres leisten können.« Er schüttelte den Kopf. »Na ja, das ist dein Problem. Können wir nun das andere besprechen? Am besten wie in alten Zeiten mit einem Whiskey und einer guten Zigarre?«
    Die Plastiktüten mit den Hülsen und dem Familienalbum hatte er in einer Ledertasche verstaut, in der auch eine Waffe steckte, wie ich kurz sehen konnte.
    Zweiter Stock.
    »Was passiert mit dem Mercedes? Ich muss ihn der Vermietung zurückgeben.«
    »Du meldest ihn als gestohlen. Mehr nicht. Den Rest machen wir. Geht es noch viel höher?«
    Dritter Stock.
    »Und der Familienschrein im Kofferraum?«
    »Brauchst du den? Oder stimmt meine Vermutung, dass Kleiner Drache im Land ist?«
    »Wozu brauchst du Kleiner Drache? Sucht ihr sie?«
    Vierter Stock.
    Klaus keuchte. »Mensch, wie bekommt man da jeden Tag seine Einkäufe hoch? Du musst ja topfit sein. Ja, wir suchen jemanden. Aber muss das hier im Treppenhaus sein?«
    Ja es musste. Und ich hoffte auf die Neugier meiner Nachbarin zur Linken. Eine ältere Dame mit Dackel. Eisenbahnerwitwe. Eine

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