Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
gegangen und hatte sich neben Rémy gesetzt. Kurze Zeit später war er wieder ausgestiegen, hatte hinten im Wagen sämtliche Spuren beseitigt und sich dann aufgemacht, den letzten Teil seiner Mission zu erfüllen.
Westminster Abbey war nur ein kurzes Stück zu Fuß entfernt. Teabings Beinschienen, Krücken und der Revolver hatten natürlich den Metalldetektor ausgelöst, aber die Amateurpolizisten am Eingang waren mit der Situation heillos überfordert. Man kann den Mann doch nicht bitten, die Beinschienen abzulegen und auf allen vieren durch die Schleuse zu kriechen. Und einen Behinderten abtasten geht ja wohl auch nicht. Teabing lieferte den hilflosen Wachmännern die einfachste Lösung – eine Kennkarte mit geprägtem Wappen, mit der er sich als Angehöriger des britischen Adels auswies. In ihrem Eifer, Teabing zu helfen, waren die armen Kerle sich gegenseitig beinahe auf die Füße getreten.
Nun richtete Teabing den Blick auf Sophie und Langdon. Nur mit Mühe widerstand er der Versuchung, sie in die geniale Finte einzuweihen, mit der er Opus Dei ins Geschehen mit einbezogen hatte und wie er der katholischen Kirche in Kürze eine Katastrophe bescheren würde. Aber das musste noch warten. Im Moment hatten andere Dinge Vorrang.
»Mes amis« , sagte Teabing in tadellosem Französisch, »vous ne trouvez pas le Saint-Graal, c’est le Saint-Graal qui vous trouve.« Du wirst den heiligen Gral nicht finden, der Heilige Gral findet dich. Er lächelte. »Der Weg, den wir von nun an gemeinsam gehen werden, könnte klarer nicht sein. Der Gral hat uns gefunden.«
Stille.
Teabing senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Können Sie es hören? Hören Sie es? Der Gral spricht zu uns, über die Jahrhunderte hinweg. Er fleht uns an, ihn vor der Torheit der Prieuré zu retten. Und ich flehe Sie an, diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Hier und jetzt sind jene drei Menschen beisammen, die am ehesten fähig sind, das letzte Codewort zu knacken und das Kryptex zu öffnen.« Teabing hielt inne. Seine Augen leuchteten. »Wir müssen einen Schwur ablegen und uns gegenseitiges Vertrauen geloben. Wir müssen ein ritterliches Bündnis schließen, die Wahrheit zu enthüllen und zu verbreiten.«
Sophie starrte Teabing unversöhnlich in die Augen. »Ich werde dem Mörder meines Großvaters niemals etwas schwören«, stieß sie hervor, »es sei denn, ihn hinter Gitter zu bringen.«
»Mademoiselle, ich bedaure Ihre Entscheidung.« Teabing wandte sich von Sophie ab und richtete die Waffe auf Langdon. »Und Sie, Robert? Sind Sie für oder gegen mich?«
100. KAPITEL
B ischof Manuel Aringarosa musste nicht zum ersten Mal schlimme Schmerzen erdulden, doch das Brennen und Pochen der Schusswunde in seiner Brust war anders, weniger der Schmerz einer fleischlichen Wunde … mehr einer Wunde der Seele.
Er öffnete die Augen und versuchte sich zu orientieren, doch der Regen, der ihm ins Gesicht peitschte, nahm ihm die Sicht. Wo bist du? Er fühlte kräftige Arme, die seinen von der schwarzen Soutane umflatterten schlaffen Körper wie eine Gliederpuppe trugen.
Aringarosa hob den kraftlosen Arm und fuhr sich über die Augen. Der Mann, der ihn trug, war Silas. Der riesige Albino taumelte mit ihm ein nasses Trottoir entlang und rief nach einem Krankenwagen. Der Blick seiner roten Augen war starr nach vorn gerichtet, und Tränen strömten über sein blutverschmiertes bleiches Gesicht.
»Mein Sohn«, flüsterte Aringarosa, »du bist verletzt.«
Silas richtete den Blick auf den Bischof. Sein Gesicht war vor Trauer und Leid verzerrt. »Vater … es tut mir unendlich Leid.« Vom Schmerz übermannt, brachte er die Worte nur mühsam hervor.
»Nein, Silas«, sagte Aringarosa, »ich bin es, dem es Leid tun muss … dem alles Leid tun muss. Es ist meine Schuld …« Der Lehrer hat versprochen, dass es kein Blutvergießen geben wird, und du hast Silas aufgefordert, ihm aufs Wort zu gehorchen! »Ich wollte zu hoch hinaus. Wir haben uns täuschen lassen.« Der Lehrer hatte nie die Absicht, uns den Gral zu übergeben.
In den Armen des Mannes, den er vor so vielen Jahren bei sich aufgenommen hatte, schweiften Aringarosas Gedanken in die Vergangenheit … nach Spanien und seinen bescheidenen Anfängen, als er mit Silas zusammen die kleine katholische Kirche in Oviedo gebaut hatte, und dann nach New York, wo er mit dem Bau der turmhohen Opus-Dei-Zentrale an der Lexington Avenue aller Welt die Größe und den Ruhm Gottes verkündet
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