Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
Nachricht dieses Nachmittags noch einmal. Sophie, wir schweben beide in großer Gefahr. Ruf mich sofort an!
Sie hatte ihren Großvater nicht angerufen, hatte es nicht einmal in Erwägung gezogen. Inzwischen aber waren ihre Vorbehalte mächtig ins Wanken geraten. Ihr Großvater lag ermordet in dem Museum, das ihm alles bedeutet hatte. Und er hatte eine verschlüsselte Botschaft auf den Boden geschrieben.
Eine verschlüsselte Botschaft an sie. Davon war Sophie überzeugt.
Obgleich sie die Botschaft nicht verstand, sah sie in deren kryptischer Natur einen weiteren Beweis dafür, dass die Nachricht an sie gerichtet war. Sophies Leidenschaft für Geheimbotschaften und ihr Geschick, sie zu enträtseln, verdankte sie der Tatsache, dass sie mit Jacques Saunière aufgewachsen war, einem Liebhaber von Verschlüsselungen, Wortspielen und Rätseln. Wie viele Sonntage haben wir mit der gemeinsamen Lösung der Kreuzworträtsel und der Kryptogramme in den Sonntagszeitungen verbracht …
Mit zwölf Jahren hatte Sophie das Kreuzworträtsel in Le Monde selbstständig lösen können. Ihr Großvater steigerte nach und nach den Schwierigkeitsgrad, indem er ihr englische Kreuzworträtsel, Zahlenrätsel und Anagramme vorlegte. Sophie war regelrecht versessen auf sie. Später hatte sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und war Codeknackerin beim DCPJ geworden.
Die Fachfrau musste anerkennen, wie mühelos ihr Großvater es in dieser Nacht mit einem einfachen Code geschafft hatte, zwei einander völlig fremde Menschen zusammenzuführen – Sophie Neveu und Robert Langdon.
Die Frage war nur: Wozu?
An dem verwirrten Ausdruck in Langdons Augen konnte Sophie unschwer ablesen, dass auch der Amerikaner keinen blassen Schimmer hatte, warum ihr Großvater sie beide in ein Boot gesetzt hatte.
Sie unternahm einen neuerlichen Versuch. »Sie hatten mit meinem Großvater für heute Abend ein Treffen vereinbart. Worum sollte es dabei gehen?«
Langdon sah sie hilflos an. »Das Treffen wurde von seiner Sekretärin vorgeschlagen. Sie hat keine Gründe dafür genannt, und ich habe auch nicht danach gefragt. Ich nahm an, dass er von meinem geplanten Vortrag über heidnische Symbolik an französischen Kathedralen gehört hatte und dass er anschließend bei einem Drink mit mir darüber fachsimpeln wollte, weil er sich für dieses Thema interessierte.«
Sophie war nicht überzeugt. Das alles war ihr nicht stichhaltig genug. Ihr Großvater war der weltweit führende Experte für heidnische Symbolik. Zudem führte er ein außergewöhnlich zurückgezogenes Leben. Es wäre nicht seine Art gewesen, bei einem Drink mit einem amerikanischen Professor über dieses Thema zu diskutieren – es sei denn, er hatte einen triftigen Grund dafür.
Sophie holte tief Luft und versuchte es erneut. »Mein Großvater hat mich heute Nachmittag angerufen. Er sagte, er und ich befänden uns in großer Gefahr. Hilft Ihnen das irgendwie weiter?«
In Langdons blauen Augen erschien ein Ausdruck von Besorgnis. »Nein, aber wenn man bedenkt, was vor kurzem geschehen ist …«
Sophie nickte. Angesichts der Ereignisse dieser Nacht wäre es töricht von ihr gewesen, sich keine Sorgen zu machen. Doch sie war mit ihrem Latein am Ende. Sie ging die paar Schritte zu dem länglichen Sicherheitsglasfenster am Ende des Toilettenvorraums und schaute durch das Glas mit den eingebetteten haarfeinen Alarmdrähten hinaus auf die Lichter der Stadt, denn die Räume befanden sich ungefähr fünfzehn Meter über dem Bodenniveau.
Mit einem Seufzer hob sie den Blick. Links, am anderen Ufer der Seine, stand angestrahlt der Eiffelturm; geradeaus befand sich der Arc de Triomphe und rechts, hoch über dem sanft ansteigenden Straßengewirr des Montmartre, ragte in glänzendem Weiß, wie ein kitschiges orientalisches Heiligtum, die Kuppel von Sacre-Coeur in den Himmel.
Die Straße über den Place du Carousel reichte hier, am westlichen Ende des Denon-Flügels, fast bis an die Außenmauer des Louvre heran. Dazwischen verlief lediglich ein schmaler Bürgersteig. Unten dieselte die übliche Kolonne nächtlicher Lieferwagen und Laster vor sich hin und wartete darauf, dass die Ampel wieder auf Grün sprang. Die Blinklichter schienen spöttisch zu Sophie heraufzuzwinkern.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagte Langdon schließlich, der hinter Sophie getreten war. »Ihr Großvater hat offensichtlich versucht, uns irgendetwas mitzuteilen. Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen
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