Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
»Ich habe mich mehr für die mathematische Seite der Sache interessiert, die Fibonacci-Folge, die Zahl Phi, den goldenen Schnitt …«
Langdon war perplex. »Ihr Großvater hat mit Ihnen über die Zahl Phi gesprochen?«
»Natürlich. Der goldene Schnitt.« Sie schaute schelmisch drein. »Er hat oft im Scherz gesagt, ich wäre bereits zur Hälfte göttlich … wegen der drei Buchstaben mitten in meinem Namen, verstehen Sie.«
Langdon musste kurz nachdenken, bis es funkte: So-phi-e.
Während er weitereilte, ließ ihn der Gedanke an die Zahl Phi nicht los. Saunières Geflecht von Hinweisen war noch dichter, als er anfangs angenommen hatte.
Da Vinci … die Fibonacci-Folge … das Pentagramm.
So unwahrscheinlich es schien, es gab für alles einen gemeinsamen Nenner. Er spielte in der Kunstgeschichte eine so bedeutende Rolle, dass Langdon in seinen Vorlesungen oft mehrere Stunden auf dieses Thema verwendete.
Phi …
Langdon sah sich plötzlich wieder im Hörsaal in Harvard bei seiner Vorlesung über »Symbolik in der Kunst«. Er schrieb seine Lieblingszahl an die Tafel:
1,618
Langdon drehte sich um und ließ den Blick über seine Studenten schweifen. »Wer kann mir etwas zu dieser Zahl sagen?«
Ein langbeiniger Mathematikstudent höheren Semesters hob die Hand. »Das ist die Zahl Phi.« Er sprach es aus wie »Fie«.
»Sehr gut, Stettner«, lobte Langdon.
»Nicht zu verwechseln mit Pi«, ergänzte Stettner grinsend. »Wir Mathematiker sagen immer, Phi ist um ein H größer als Pi.«
Langdon musste lachen, doch außer ihm schien keiner den Witz verstanden zu haben.
Stettner machte ein enttäuschtes Gesicht.
»Die Zahl Phi – eins Komma sechs eins acht – spielt in der Kunst eine wichtige Rolle. Kann mir jemand sagen, was der Grund dafür ist?«
Stettner versuchte, noch ein paar Punkte zu machen. »Weil die Zahl so schön ist.«
Allgemeines Gelächter.
»Langsam«, sagte Langdon. »Stettner hat auch damit Recht. Phi gilt weithin als die harmonischste Zahl der gesamten Schöpfung.«
Das Gelächter erstarb, und Stettner strahlte.
Während Langdon einige Dias in den Projektor einlegte, erklärte er, dass die Zahl Phi aus der Fibonacci-Folge abgeleitet war. Diese Zahlenreihe war deshalb bemerkenswert, weil nicht nur jedes Glied die Summe der beiden vorangehenden Glieder darstellte, sondern auch der Quotient der jeweiligen Glieder erstaunlicherweise stets sehr eng um den Wert 1,618 streute – die Zahl Phi.
»Ungeachtet der anscheinend mystischen mathematischen Herkunft der Zahl Phi liegt ihre geradezu unglaubliche Bedeutung darin, dass sie in der Natur eine grundlegende Rolle spielt. Pflanzen, Tiere, sogar der Mensch weisen in ihren Proportionen Maßverhältnisse auf, die mit einer geradezu unheimlichen Konstanz den Wert Phi zu eins, also den Kehrwert von Phi aufweisen. Die Allgegenwärtigkeit von Phi in der Natur«, fuhr Langdon fort, während er das Licht löschte, »ist so signifikant, dass es kein Zufall sein kann. Die Alten haben deshalb geglaubt, mit der Zahl Phi habe der Schöpfer ein Ordnungsmuster in die Welt getragen. Sie nannten diese Verhältniszahl den ›goldenen Schnitt‹.«
»Kann man das wirklich so sagen?«, meldete sich eine junge Studentin in der ersten Reihe zu Wort. »Ich mache bald mein Examen in Biologie, aber der goldene Schnitt ist mir in der Natur noch nirgends untergekommen.«
»Nein?« Langdon lächelte. »Haben Sie je das Verhältnis der männlichen zu den weiblichen Tieren in der Population eines Bienenstocks untersucht?«
»Sicher. Die weiblichen Insekten sind immer in der Überzahl.«
»Richtig. Dann sollten Sie auch wissen, dass sich in jedem Bienenstock der Welt jedes Mal der gleiche Wert ergibt, wenn man die Zahl der weiblichen Exemplare durch die Zahl der männlichen dividiert, und zwar der Wert Phi.«
»Das kann nicht sein!«, stieß die junge Frau hervor.
»Das kann sehr wohl sein«, gab Langdon zurück und projizierte das Bild eines spiralförmigen Muschelgehäuses auf die Leinwand. »Kennen Sie das?«
»Das ist ein Nautilus«, sagte die Biologiestudentin. »Ein Kopffüßer, der zur Regulierung des Auftriebs Gas in sein Gehäuse pumpen kann.«
»So ist es. Und können Sie erraten, in welchem Verhältnis die Durchmesser der einzelnen Spiralkammern seines Gehäuses zueinander stehen?«
Die Studentin betrachtete unsicher die Bogenschwünge des Kalkpanzers.
»Ganz richtig – Phi.« Langdon nickte. »Die Proportion des goldenen Schnitts. Eins Komma sechs
Weitere Kostenlose Bücher