Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
gerade noch verstecken können, als Fache mit der Waffe in der Hand an ihnen vorbeigerannt und in der Toilette verschwunden war.
In den letzten neunzig Sekunden war alles sehr schnell gegangen.
Während Langdon noch zögerte, vor einem Verbrechen davonzulaufen, das er nicht begangen hatte, hatte Sophie zuerst das Fensterglas mit den Alarmdrähten inspiziert und dann die Entfernung zur Fahrbahn hinunter abgeschätzt.
»Wenn wir gut Maß nehmen, kriegen wir Sie hier raus«, hatte sie gesagt.
Maß nehmen? Unbehaglich war Langdon ihrem Blick gefolgt. Ein riesiger Sattelschlepper mit Pritschenauflieger näherte sich der roten Ampel unter dem Fenster. Die Ladefläche war mit einer großen Plane zugedeckt
»Wenn Sie glauben, Sophie, dass ich da runter …«
»Holen Sie den Minisender aus der Tasche.«
Neugierig geworden, fummelte Langdon den Metallknopf aus seinem Jackett heraus. Sophie nahm ihm den Sender ab, ging zum Waschbecken, drückte den Knopf mit dem Daumen tief in ein feuchtes Stück Seife und schmierte das Loch wieder zu.
Sie drückte Langdon die Seife in die Hand; dann zerrte sie unter dem Waschbecken den schweren zylindrischen Edelstahlbehälter für die gebrauchten Handtücher hervor. Bevor Langdon Einspruch erheben konnte, hielt Sophie den Behälter wie einen Rammbock vor sich und stürmte auf das Fenster los. Der Boden des Behälters krachte mitten in die Scheibe. Glas splitterte und flog hinaus in die Dunkelheit.
Das ohrenbetäubende Schrillen einer Alarmglocke erklang direkt über ihren Köpfen.
»Geben Sie mir die Seife!«, rief Sophie, die den Lärm kaum zu übertönen vermochte. Langdon drückte ihr den Seifenquader in die Hand.
Sophie spähte zum wartenden Sattelschlepper hinunter, der keine vier Meter vom Gebäude entfernt vor der Ampel stand. Die Plane stellte ein angenehm großes ruhendes Ziel dar. Sophie holte tief Luft und warf das Seifenstück hinaus in die Nacht.
Als die Ampel auf Grün sprang und der LKW anfuhr, glitt das Stück Seife der Neigung folgend über die Plane und bis auf den Grund der Mulde in der Mitte der Ladefläche.
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Sophie und zerrte Langdon zur Tür. »Sie sind soeben aus dem Louvre geflohen!«
Sie hatten sich gerade noch hinter die Stellwände flüchten können, bevor ein von der Anstrengung des schnellen Laufens keuchender Fache auch schon auf der Bildfläche erschien.
Als der Feueralarm endlich verstummte, konnte Langdon die Martinshörner hören, die sich vom Louvre entfernten. Ein Exodus der Polizei. Fache war den Gang hinuntergestürmt und verschwunden. Die Grande Galerie war verlassen.
»Hier kommt nach fünfzig Metern ein Notausgang mit Treppenhaus«, sagte Sophie. »Die Wachposten haben sich verzogen. Lassen Sie uns verschwinden.«
Langdon beschloss, von nun an lieber den Mund zu halten.
Sophie Neveu war eindeutig cleverer als er.
19. KAPITEL
E s heißt, Saint-Sulpice sei das ungewöhnlichste Bauwerk von ganz Paris. Die Kirche, die über den Resten eines antiken Isis-Tempels errichtet worden war, entspricht in den Abmessungen ihres Grundrisses bis auf wenige Zentimeter der Kathedrale von Notre-Dame. Sie war Schauplatz der Taufen des Marquis de Sade und Baudelaires und der Hochzeit von Victor Hugo gewesen. Das der Kirche angeschlossene Priesterseminar kann auf eine gut dokumentierte Geschichte unorthodoxer Lehrmeinungen zurückblicken und war einst Versammlungsort zahlreicher Geheimgesellschaften.
In dieser Nacht war das geräumige Kirchenschiff still wie eine Gruft. Nur der schwache Duft nach Weihrauch, der von der Abendmesse noch in der Luft hing, ließ vermuten, dass es hier auch lebendiger zugehen konnte.
Silas spürte Schwester Sandrines Unbehagen, die ihn in die heilige Stätte führte. Es überraschte ihn nicht. Er war es gewöhnt, dass andere Menschen mit Furcht und Befremden auf sein Aussehen reagierten.
»Sie sind Amerikaner, nicht wahr?«, sagte die Nonne.
»Ich bin gebürtiger Franzose«, gab Silas zurück. »Meine Berufung hatte ich in Spanien. Jetzt studiere ich in den Vereinigten Staaten.«
Schwester Sandrine nickte. Sie war eine zierliche Frau mit ruhigen, freundlichen Augen. »Und Sie sind noch nie in Saint-Sulpice gewesen?«
»Das ist schon fast eine Sünde, das gebe ich zu.«
»Am Tage ist die Kirche viel schöner.«
»Da bin ich sicher. Umso dankbarer bin ich Ihnen, dass Sie mich heute Nacht eingelassen haben.«
»Der Abbé hat mich darum gebeten. Sie haben offenbar einflussreiche
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