Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
wo er auf der Bank hat, seine Bücher und andre Papiere so bestellt, als wenn er lange Zeit fortbleiben müsst, von wegen zwei oder drei Wochen. Ich bin fast gewiss dass er in den Dienst einer hochwichtigen Person treten wird, sei’s ein Kardinal, ein Fürst oder gar ein König. Noch weiß ich nicht, wer’s ist, aber das find ich bald raus und ich werd versuchen Euch so rasch als wie möglich Kunde davon zu geben, wie Ihr wisst, nemlich es juckt mir in den Fingern einem großen und sehr guten Herrn zu dienen wie Ihr es seid zumal Ihr mir einen feinen Lohn versprochen, und sowas lässt niemanden kalt.
Doch jetzt mach ich Schluss, denn in der Herberge wo wir heut Nacht geschlafen hatte ich ein Getändel mit der Tochter vom Wirt, das in ihrer Kammer geendet, wo wir gewisse sehr gute und erfreuliche Übungen des Leibes gemacht, und so ist sie zuletzt auch sehr zufriden gewesen, doch nun wiegen mir die Augenlider so schwer als wie zwei Pferdehufe.
In Gedanken stets in Fiorenza, unserer Heimat, grüßt Euch
Euer treuer
Salaì
2.
Ehrwürdiger, guter Padrone,
vor unsrer Abreise aus Fiorenza hatte ich keine Zeit Euch zu sagen, wie ich herausgefunden hab, dass die Geschichte von der Reise nach Rom, um die antiken Palazzi abzuzeichnen, ein großer Schwindel von Lionardo ist. War nemlich ein rechter Hexenkessel in den letzten Wochen in unsrem Haus in Fiorenza, ein fortwärendes Kommen und Gehen von Menschen, Mastro Lionardo hier, Mastro Lionardo da, gebt ihm diesen Brief, sagt mir wo er ist, geht ihn suchen. Und drum dünkt mich schon, mein Ziehvater hätt endlich eine richtige Arbeit gefunden, wo man anständig verdient, statt dass er die ganze Zeit in seinem Zimmer hockt und Zeichnungen von wunderlichen Apparaten und Bildnisse von schönen Frauen macht, daher er ja auch dunkle Augenränder hat als wie, vergebt mir den Vergleich, Signior Padrone, die Jüngelchen so man mit elf, zwölf, dreizehn Jahren stets in ihrem Kämmerchen findet wo sie immerfort wichsen.
Aus Rom sind drei oder viermal in der Wochen Boten und Herolde gekommen und gaben mir einen Haufen Briefe (von Lionardo hab ich Erlaubnis sie anzunehmen wann er nicht da ist). Das Treiben hat mich ganz fickerig gemacht, Signior Padrone, hab ja keine Engelsgeduld nicht als wie die Heiligen, also bohr ich in einen von diesen Briefen ein Löchlein und linse ein bisschen hinein. Aber da waren nur Zahlen, ein verschlüsselter Brief war das! Oh, hab ich gedacht, Lionardo hat gute und große Geschäffte und wichtig sind sie noch dazu, dieweil man das Verschlüsseln doch nur für Staatsgeschäffte braucht oder um die eigne Frau zu hintergehen, aber Lionardo hat gar keine nicht, im Gegenteil, er schaut die Weiber nicht mal an, indem dass er immer über seinen Zeichnungen sitzt, und wenn er wirklich mal Geld braucht dann malt er Bildnisse von edlen Damen und dann bezahlen sie ihn ein bisschen besser.
Wie Lionardo den Brief nimmt sage ich, dass er schon so kaputt ankommen ist. Er sieht das kleine Loch das ich ins Futteral gemacht und schaut mich an wie er’s gewöhnlich tut wie jemand, der einem nicht glaubt, aber dann wollt er Gottseidank doch nichts fragen. Was hätt ich auch schon verstehn können von all den Zahlen, die machen, dass das Ganze aussieht wie eines von Lionardos eigenen Manuscripta welche er gern von rechts nach links schreibt wie die Araber. Armer Salaì hab ich gedacht, machst den Sklaven für Meister Lionardo und musst dich auch noch behandeln lassen als wie ein Dieb, aber wer sich das Paradies verdienen will, Signior Padrone, der muss getuldig sein.
Die Reise von Fiorenza nach Rom ist höchlich gefehrlich gewesen wegen der Kriege die in Italien herrschen zwischen dem Heer von Papst Rodrigo Borgia, Alexander VI. genannt, dessen Kommandant Cesare Borgia ist, der Neffe Seiner Heiligkeit, und den Signiorie von Faenza und Bologna, aber schließlich sind wir wohlbehalten und gesund in Rom angekommen. Ich bin zufriden hier zu sein, weil die römischen Frauenzimmer sind wirklich schön, vergleicht man sie mit denen aus Fiorenza, so haben sie mehr Fleisch auf den Hüften und auf dem Vorbau, ich sag nemlich immer, Brüste kann eine Frau nie zu viele haben.
Dies ist alles was ich im Augenblick berichten kann und lass ich Euer Gnaden entscheiden ob es gut oder schlecht ist für Fiorenza, unsre Heimat.
Euch stets ein untertäniger Diener
Salaì
3.
Hocherhabner und erlauchter Padrone, Mastro Lionardo und ich haben uns in der Herberge de la Fontana
Weitere Kostenlose Bücher