Salomos letzte Geliebte
Boden, wobei der dicke Teppich ihren Aufprall gedämpft hatte.
Ich hörte sie schreien. Ich wollte ihr nach, doch jemand stellte mir ein Bein.
Diesmal fiel ich!
In dieser kurzen Zeit des Falls schossen mir unzählige Gedanken durch den Kopf. Wenn ich liegen blieb, war ich den Kämpfern praktisch hilflos ausgeliefert. Sie würden sich wie eine gierige Löwenmeute auf mich stürzen. Aber ich war kein rohes Stück Fleisch, sondern jemand, der sich wehren wollte.
Noch bevor die weiche Unterlage meinen Aufprall abdämpfte, fuhr ich herum und schaffte es auch, noch in der Bewegung meine Beretta zu ziehen.
Ich hatte es nicht unbedingt gewollt, doch nun war der Zeitpunkt gekommen, um mein Leben zu retten.
Die Beine, die Körper, die Gesichter!
Sie standen vor mir. Sie waren wild entschlossen, mich zu töten. Sie hielten Waffen in den Händen. Sogar der Verwundete hatte ein kurzes Schwert gezogen, das er in seiner gesunden Hand hielt. Er war voller Hass, aber nicht er durfte mich töten, zwei andere Männer wollten es tun. Einer von ihnen hatte sich sogar eine Lanze besorgt, die er mir in die Brust rammen wollte.
Es war nicht still im großen Zelt, aber das Echo des Schusses übertönte alle anderen Geräusche. Ich hatte abdrücken müssen. Es war auch nicht möglich gewesen, genau zu zielen, weil sich der Lanzenträger bewegt hatte, und so fuhr die Kugel in seine rechte Brustseite hinein.
Einen Moment später passierte etwas, was mir wie ein Wunder vorkam. Innerhalb kürzester Zeit vergaßen die Krieger ihren Vorsatz, mich zu töten. Es war verständlich, wenn man es mit ihren Augen betrachtete. Sie hatten noch nie in ihrem Leben eine Schusswaffe gesehen. Dass aus einem kleinen dunklen Ding in der Hand eines Menschen der Tod springen konnte, das war für sie neu, überraschend und vor allen Dingen Angst einflößend. Sie sahen den Einschlag des geweihten Silbergeschosses und wurden Zeuge, wie ihr Freund zusammenbrach und dabei Blut spuckte.
Genau das war zu viel für sie. Sie wichen plötzlich so heftig vor mir zurück, dass sie sich gegenseitig behinderten und dabei mehr zu Boden fielen, als dass sie sprangen.
Ich stand plötzlich allein auf diesem Thron, denn auch ich war nicht mehr liegen geblieben. Plötzlich hatte ich den Platz eingenommen, der eigentlich Amira zustand.
Von ihr war nichts mehr zu sehen, das stellte ich fest, als ich mich um die eigene Achse drehte, weil ich mir einen Überblick verschaffen wollte.
Es hatte sich in meiner Umgebung einiges verändert. Das Zelt war zwar nicht leer geworden, doch die Krieger, die noch geblieben waren, wichen allmählich zurück. Viele hatten gesehen, was durch meinen Schuss passiert war, und genau das konnten sie nicht fassen. Deshalb stieg die Angst in ihnen hoch. Sie mussten mich nicht für einen normalen Menschen halten, eher für einen Gott oder Götterboten, der auf die Erde gestiegen war.
Ihre Angst blieb. Sie wichen immer weiter zurück. Es war für sie jetzt wichtig, den Ausgang zu erreichen, aber sie schauten auch zu mir hin und sahen einen Mann, der den Platz ihrer Anführerin eingenommen hatte und dieses kleine schwarze und todspeiende Ding noch in der rechten Hand hielt.
Aus ihm drang kein zweiter Schuss. Ich dachte nicht daran, ich brauchte es nicht, denn keiner dachte daran, mich anzugreifen.
Ich hielt Ausschau nach den beiden Frauen!
Weder Amira noch Zippa waren zu sehen. Sie mussten zu den Ersten gehört haben, die die Gunst genutzt hatten und geflohen waren. So konnte ich mir schon verlassen Vorkommen und sah nur noch den Mann, dem ich eine Kugel verpasst hatte.
Er lebte noch und lag wie hingestreckt auf dem Teppich. Seine Augen standen weit offen. Als ich mich über ihn beugte, bekamen sie sogar einen ängstlichen Ausdruck. Er flüsterte mir unter Schmerzen etwas zu, was ich nicht verstand, aber er sah mein verzweifelt anmutendes Lächeln, mit dem ich zunächst versuchte, ihm meine Lage zu erklären, denn ich hob auch die Schultern.
»Tut mir Leid«, sagte ich leise. »Aber wenn ich nicht früher geschossen hätte, dann wäre ich getötet worden. Einer muss immer schneller sein.«
Er wollte etwas sagen, was er nicht schaffte. Zwar öffnete er seinen Mund, doch was über seine Lippen drang, war nur ein Röcheln, vermischt mit hellem Blut, und es war auch die letzte Reaktion in seinem Leben, denn sein Blick brach, und ich schaute in die Augen eines Toten, die ich ihm schloss, bevor ich mich wieder aufrichtete und mit langsamen Schritten
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