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Salzige Küsse

Salzige Küsse

Titel: Salzige Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tine Bergen
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stand Mama in der Küche.
    »Du bist schon da?«
    »Das könnte ich dich auch fragen«, sagte Mama lächelnd. »Das Wetter ist so schön, ich dachte, wir könnten heute Mittag mal grillen. Jetzt haben wir endlich einen Garten, in dem das geht.«
    »Oh.« Eve kramte im Kühlschrank herum, bis sie einen Apfel fand.
    »Wie lief das Gespräch mit Belle?«
    Eve biss in den Apfel, um Zeit zu gewinnen. »Sie wurde wütend. Eigentlich hat sie uns einfach weggeschickt.«
    Mama hackte mit energischen Bewegungen eine Zwiebel. Eve schaute zu und wusste nichts mit sich anzufangen.
    »Könntest du die Paprika klein schneiden?«
    Eve ging zur Anrichte und fing an zu schnippeln.
    »Papa hat nie gern in der Stadt gewohnt.«
    Eve hielt inne.
    »Aber als wir heirateten, haben wir vereinbart, es trotzdem zu versuchen, weil es leichter schien. In der Stadt ist alles gut erreichbar, wir waren näher bei Oma und Opa …«
    Eve pulte mit der Messerspitze in der grünen Paprika herum.
    »Ich wusste, dass es dir nicht gefallen würde. Aber manchmal muss man sich entscheiden.«
    »Ich bin verliebt.« Eve hatte es gar nicht erzählen wollen und nun tat sie es doch.
    »Wie heißt er?«
    »Jacob.«
    »Ich sage jetzt nicht, dass du ihn doch mal mitbringen sollst. Aber du weißt, dass das kein Problem ist.«
    Eve nickte. Sie schaute zur Schaukel, die durch eine leichte Brise einladend hin und her schwang. »Ich geh mal kurz raus.«
    Sie stieg auf die Schaukel und stieß einen lauten Jauchzer aus, während sie durch die Luft sauste. Atemlos schwang sie die Beine immer schneller auf und ab. Sie flog, beinahe.
    »Eve!«
    Wie lange stand Mama schon dort und rief? Eve versuchte anzuhalten, aber das war gar nicht so leicht.
    »Was ist los?«
    »Telefon.«
    »Eve?« Eine unbekannte, krächzende Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Ja?«
    »Wollt ihr immer noch vorbeikommen?«

Es folgten noch viele Briefe. Bald kamen sie nicht mehr einmal pro Monat, sondern einmal pro Woche. Ich fragte mich, woher Lu kas die Zeit nahm, so viel zu schreiben. Behutsam streichelte ich jeden Brief, glättete den Umschlag, strich über die Ecken
.
    Aber ich öffnete keinen einzigen. Las kein einziges Wort. Ich hatte eine schöne Kiste genommen, die mir mal eine Tante geschenkt hatte. Sie war mit rotem Samt ausgeschlagen und mit Perlmuttmotiven dekoriert. Für meinen Schmuck, hatte meine Tante damals gesagt
.
    Schmuck hatte ich nie darin aufgehoben, wohl aber meine gesamten »Schätze«, als ich klein war. Und nun verwahrte ich die Briefe darin. Jede Woche wurde die Kiste voller, wurden die Buchstaben, mit denen die Adresse geschrieben war, spitzer. Sie schrien mich an. Auf einigen Umschlägen stand sogar: Belle, bitte
.
    Mein Herz wehrte sich, so langsam es nun auch klopfte. Es protestierte. Aber ich konnte es nicht, durfte es nicht, verdiente es nicht. Also klappte ich den Deckel der Kiste jedes Mal unerbittlich wieder zu
.
    Als ich eines Morgens aufwachte, merkte ich, dass ich meinen Ring verloren hatte. Ich durchsuchte mein Bett von oben bis unten und fand ihn schließlich in meinem Kissenbezug. Der Ring war mir einfach vomFinger gerutscht und wollte nicht mehr halten, so sehr ich es auch versuchte. Als würde er meine Entscheidung bekräftigen. Also legte ich ihn zu den Briefen
.
    Ich erzählte meinen Eltern nicht, was ich tat, aber aus irgendeinem Grund bemerkten sie es dennoch. Bei jedem neuen Brief musterten sie mich länger. Einmal fuhr Papa sich sogar mit der Zunge über die Lippen, als wollte er etwas sagen
.
    Die Einzigen, mit denen ich in diesen Tagen noch sprach, waren Mie, die Wolken, die Hühner und der Nussbaum. Manchmal hatte ich das Gefühl, der Baum antwortete noch am meisten. Die Wolken rasten vorbei, sie hatten keine Zeit zum Zuhören. Die Hühner gackerten so laut, dass sie meist nicht mal bemerkten, dass ich etwas sagte
.
    Und Mie. Mie hatte keine Ahnung, wie sie damit umgehen sollte, mit der zerbrochenen Familie, in der sie Dienstmädchen war. Ich wusste, dass sie verrückt nach Juul gewesen war, wie alle. Juul mit seinen blonden Haaren, seinen Engelsaugen und seinem schelmischen Lachen. Sie antwortete, wenn ich sie etwas fragte, hob mein Essen auf, wenn ich am Tisch gar nichts hinunterbekam. Aber wirklich reden?
    Im Laufe der Monate vermisste ich es immer weniger. Die Stille brachte Geborgenheit, Sicherheit. Es gab nichts anderes als das und es war gut so. Was mit Juul geschehen war, konnte man nicht erklären. Sonst hätte Gott es inzwischen schon

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