Samtheiß
mit dummen Geschichten voll«, sagt Grandma. »Ich nenne lieber keine Namen. Komm näher, Schatz.«
Ich rutsche dicht neben Grandma, schmiege mich gegen ihre warmen Brüste, ihren weichen runden Bauch. Sie hält mich im Arm, küßt meinen Nacken, dann rückt sie etwas zur Seite und fängt an, mir mit ihren langen Fingernägeln den Rücken zu kraulen. Ich bekomme am ganzen Körper Gänsehaut. Ihre Brustwarzen berühren meinen Rücken. Ich möchte ihre Brüste anfassen, an den harten Brustwarzen nuckeln.
Sie malt mit ihren Fingern Kreise über Kreise, bis ich kaum noch die Augen offenhalten kann.
Als ich aufwache, ist Grandma fort. Ich muß mal pinkeln und gehe an Grandmas und Grandpas Schlafzimmer vorbei. Die Tür ist zu, und es klingt, als würden sie auf dem Bett herumhüpfen. Ich würde gern durch das Schlüsselloch gucken, traue mich aber nicht. Sie machen merkwürdige Geräusche, die ich noch nie vorher gehört habe.
Ich weiß, was sie da tun, hat was mit Grandmas Brüsten zu tun. Ich weiß es einfach!
Ich gehe zurück ins Bett und stelle mir vor, mit Grandma und Grandpa im Bett zu liegen. Meine Hände finden den sicheren, spannenden Platz zwischen meinen Beinen.
Als ich wieder aufwache, ist es fast dunkel. Der Duft von geschmortem Kaninchen bringt mich schnell aus dem Bett. Ich ziehe mich an und gehe in die Küche. Grandma und Grandpa sitzen da in ihren Bademänteln und lächeln sich an. Sie lächeln und schaukeln in ihren Schaukelstühlen und sehen aus, als hätten sie ein Geheimnis.
»Das Abendbrot ist fast fertig, Schatz. Ich habe dir dein Lieblingsessen gemacht: geschmortes Kaninchen mit Knödeln. Und Grandpa hat Obstsalat zum Nachtisch gemacht. Hast du Hunger?«
»Und wie, ich bin halb verhungert!«
»Nun, wir scheinen ja alle mächtigen Appetit zu haben«, sagt Grandma. Sie zwinkert Grandpa zu und dann mir.
»Mächtig, das stimmt«, sagt Grandpa.
JANET AALFS
Das Geheimnis
l.
I ch bin eine Boje, und du bist ein kleines, schlüpfriges Meereswesen, das mir noch etwas unsicher an Hals und Schultern klebt. Ich trage dich ein Stück, dann waten wir bis zu den Knöcheln im Wasser und suchen nach Krebsen. Ein kleiner blasser treibt tot mit dem Bauch nach oben in der Nähe eines Felsens, seine Scheren sind leblos. Du greifst danach und stolperst, und ich fange dich auf, als wärst du ein kleines Kind. Ich bin zehn Sommer alt und du acht. Niemand fragt sich, warum ich dich so halte. Sie alle, Mütter und Väter, Schwestern und Brüder, Freunde, glauben, daß ich später einmal eine gute Mutter werde. Und du, die Unschuldige, spielst und fällst hin, stehst wieder auf und weißt ganz genau, daß dich jemand auffängt. Und das tue ich.
2.
Deine Mutter flüstert mir zu, daß du noch an den Weihnachtsmann glaubst. Ich höre dir zu, wie du aufgeregt von all den Dingen erzählst, die er dir unter den Christbaum legen wird. Ich nicke und gratuliere dir zu deinem Glück. Auch mein Bruder, der so alt ist wie du, verdirbt dir deine Freude nicht. Er und ich, wir schauen uns an und glauben für einen Augenblick, daß du im Besitz der Wahrheit bist, deine Augen sind voller Hoffnung, dein dunkles Haar glänzt und du überspringst die Fugen auf dem Bürgersteig, als könntest du damit den großen Tag schneller herbeizaubern. Dieses Geheimnis verberge ich vor dir. Um dich zu beschützen, glaube ich.
3.
Wasser sprüht fächerförmig, Regenbogen entstehen und vergehen zwischen feinen Strahlen. Der Sprenger bildet ein rundes Dach aus Wasser, fällt erst, schwillt dann wieder, kräuselt sich auseinander wie ein Farn, bevor die Gischt bricht und den Rasen benetzt. Wir laufen unter diesen funkelnden Baldachin und spielen, wer zuerst vor dem herabrauschenden Wasser mit seinen kalten Fingern flüchtet.
Dein Haar, naß und glänzend; die Tropfen auf deiner gebräunten Haut, wie kleine Lupen, die die Sonne widerspiegeln. Du strahlst. Überall unsere Fußspuren, das Wasser. Pfützen auf dem Hofpflaster, Pfützen im schlammigen Rasen. Du stehst sicher auf deinen Beinen, und es ist dir egal, daß der Schlamm an deinen Beinen hochspritzt und deine Shorts Flecken bekommen. Lachend sehe ich dich rutschen, aber niemals fällst du hin. Ich jage hinter dir her, bin der Wind, der dich vorwärts treibt. Vorsicht, höre ich deine Mutter rufen. Ich höre es im Wind und im aufspritzenden Wasser. Ich höre es in meinem Kopf und in meinem Herzen. Vorsicht, der gurgelnde Schlamm. Vorsicht, das leichte Platschen unserer Füße. Vorsicht,
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