Samurai 3: Der Weg des Drachen
Kameyama Station machen. Während dieser Zwangspause hatten sie gehört, dass ein Krüppel namens Orochi sich brüstete, den berüchtigten Drachenauge zu kennen. Das Dorf Kabuto, in dem Orochi angeblich lebte, war nicht weit entfernt, und zu dritt waren sie aufgebrochen, um Orochi zu befragen. Jack wollte nicht nur den Portolan zurückholen, sondern auch Drachenauges Schlupfloch ausfindig machen und ihn Yamatos Vater Masamoto Takeshi ausliefern. Vielleicht, so hoffte er inständig, verzieh der legendäre Schwertkämpfer ihm und seinen Freunden dann und ließ sie die Samuraiausbildung an der Niten Ichi Ryu fortsetzen.
Kabuto bestand lediglich aus einer Straßenkreuzung mit einigen Bauernhäusern und einer baufälligen Herberge. Die wenigen Reisenden, die von der großen Tokaido-Straße zu dem Städtchen Ueno unterwegs waren, stiegen hier ab. Im Schankraum der Herberge fanden sie Orochi.
Als Jack und seine Freunde eintraten, verstummten die anderen Gäste. Jack fiel immer auf, besonders außerhalb von Kyoto, wo Ausländer ein seltener Anblick waren. Seine dicken, strohblonden Haare und himmelblauen Augen faszinierten die schwarzhaarigen, dunkeläugigen Japaner. Dazu kam, dass er mit erst vierzehn Jahren größer und stärker war als viele japanische Männer und entsprechend auf Misstrauen und Angst stie ß – vor allem seitdem er sich wie ein Samurai kleidete und benahm.
Jack sah sich rasch um. Die Schenke ähnelte mehr einer Spielhölle als einem Ort zum Ausruhen. An niedrigen Tischen, die von verschüttetem Sake klebrig waren, fanden verschiedene Würfel- und Kartenspiele statt. Händler, Samurai und Bauern musterten die Neuankömmlinge misstrauisch. Akiko begrüßten sie mit anerkennendem Gemurmel. Von der Bedienung abgesehen, die nervös in einer Ecke stand, waren keine Frauen anwesend.
Die drei Freunde traten zum Tresen. Die anderen Gäste folgten ihnen mit den Blicken.
»Entschuldigung«, sagte Yamato zum Wirt, einem stämmigen Mann mit Händen wie Schaufeln. »Können Sie uns sagen, wo wir Orochi-san finden?«
Der Mann brummte etwas und wies mit einem kurzen Nicken in den rückwärtigen Teil der Schenke. Dort saß in einer dunklen, von einer einzigen Kerze erleuchteten Nische vornübergebeugt ein Mann. An der Wand hinter ihm lehnte eine hölzerne Krücke.
Sie gingen zu ihm. »Dürfen wir uns kurz mit Ihnen unterhalten?«, fragte Yamato.
»Hängt davon ab, wer die Runde zahlt«, antwortete der Mann kurzatmig und musterte die drei. Er schien sich zu fragen, was ein junger Samurai mit stachelig vom Kopf abstehenden schwarzen Haaren, ein hübsches Mädchen und ein Ausländer in einer heruntergekommenen Schenke wie dieser zu suchen hatten.
»Das werden wohl wir sein«, sagte Yamato mit einer Verbeugung.
»Dann setzt euch zu mir. Der Gaijin kann auch kommen.«
Gaijin war ein Schimpfwort für Ausländer, aber Jack überhörte es. Der Mann war ihre einzige Spur und sie brauchten ihn auf ihrer Seite. Außerdem konnte es nur von Vorteil sein, wenn Orochi nicht wusste, dass Jack fließend Japanisch sprach.
Der Mann hob seine verkrüppelte linke Hand, deren Finger wie knorrige Wurzeln verdreht waren, und bestellte Sake. Er schien bereit, mit ihnen zu sprechen. Die anderen Gäste nahmen daraufhin ihre Gespräche und Spiele wieder auf.
Jack, Akiko und Yamato ließen sich mit gekreuzten Beinen dem Mann gegenüber an dem niedrigen Tisch nieder. Das Serviermädchen brachte eine große Flasche Sake und eine einzelne kleine Tasse. Yamato bezahlte und das Mädchen entfernte sich wieder.
»Bitte entschuldigt meine schrecklichen Tischmanieren«, sagte Orochi schnaufend und sah Akiko wohlwollend an. Er zeigte auf sein schmutziges rechtes Bein, das auf einem Kissen lag und dessen Fußsohle zu sehen war. »Ich will euch nicht kränken, aber ich bin von Geburt an gelähmt.«
»Keine Ursache«, erwiderte Akiko und schenkte ihm ein, wie es Brauch war, wenn eine Frau anwesend war.
Orochi nahm die Tasse mit seiner gesunden Hand und stürzte den Reiswein in einem Zug hinunter. Akiko schenkte ihm nach.
»Wir hätten gerne etwas gewusst«, begann sie leise. »Und zwar, wo Dokugan Ryu sich aufhält.«
Orochi hielt inne, als er den Namen hörte. Dann setzte er die Tasse an die Lippen und leerte sie.
»Dieser Sake schmeckt scheußlich!«, schimpfte er. Er hustete laut und schlug sich an die Brust. »Aber was ihr wollt, kostet noch viel mehr als Sake.«
Er sah Yamato vielsagend an, während Akiko ihm erneut nachschenkte. Yamato
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