Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
mich noch einige Jahre gedulden.“
„Und der Steinerne Engel, der sich in Montpellier befindet, bringt er uns wirklich weiter? Im anderen Fall reiten wir morgen sofort nach Servian zurück. Nach allem, was in Gellone vorgefallen ist, bin ich entschlossen, der Sache ein Ende zu bereiten. So oder so. Was also hat es mit diesem Engel auf sich?“
Wieder nickte der Knappe. „ Und die Stimme, die ich vom Himmel gehört hatte, redete abermals mit mir und sprach: Gehe hin, nimm das offene Büchlein von der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde steht. Und ich ging hin zu dem Engel und sprach zu ihm: Gib mir das Büchlein! Und er sprach zu mir: Nimm hin und verschling`s! Und es wird dich im Bauch grimmen; aber in deinem Munde wird`s süß sein wie Honig. “
„Süß wie Honig? Bei Gott, erhellend ist das nicht!“
"Vielleicht befindet sich in diesem Büchlein ein Hinweis auf den Ort des Schatzes, auf das gesuchte Tor. Das liegt doch nahe, oder?“
„Nun gut. Wir brauchen also das Steinerne Buch. Die nächste Frage: Hast du diese Zeichnung angefertigt, die der Bischof bei sich hatte?“
Damian zögerte. „Ja und nein.“ Er erklärte ihr, wie es dazu gekommen war, dass er als kleiner Junge - des Schreibens noch nicht mächtig - einen Balken bemalen musste, und dass er nicht damit gerechnet hätte, dass dieser noch existierte. „Das Haus des Abtes stand in Flammen. Der Balken muss verbrannt sein. Es ist mir rätselhaft, wie Bischof Fulco an die Zeichnung kam.“
"Gibt es sonst noch etwas zu beichten?“
Der Junge dachte an das Rad und schüttelte den Kopf.
„Ich warne dich ein weiteres Mal, Damian von Rocaberti, sag mir die Wahrheit! Es geht längst nicht nur um dich und den Schatz deines Großvaters. Es geht um uns alle, die wir mit dir unterwegs sind. Es geht auch um Toulouse, das dich und deinen Freund großherzig aufgenommen hat. Auch wirst du nicht wollen, dass Gala etwas geschieht. Du magst sie doch, oder?“
Damian zögerte nur kurz. Dann sagte er mit fester Stimme. „Ich habe Euch alles erzählt, was ich weiß, Herrin.“
Nach ihrer Ankunft in Montpellier suchte Sancha die Kathedrale auf, warf sich dort auf die Knie und betete lange zur „Heiligen Jungfrau von den Tischen“, der in Montpellier hochverehrten Madonna. Schwarz wie Ebenholz war das Gesicht der Vierge , schneeweiß hingegen ihre übergroßen Hände, mit denen sie das Mann-Kind auf ihrem Schoß schützte. Ihr reich mit Perlen und Juwelen geschmücktes, zeltartiges Gewand schimmerte und gleißte im Licht der unzähligen Talg-Kerzen, die gläubige Frauen rings um die Madonna aufgestellt hatten.
Sie sei als schlichte Pilgerin gekommen, um in der Stadt ihres geliebten Bruders Pedro für dessen Schutz vor den Almohaden und seine glückliche Heimkehr zu beten, hatte sie zuvor dem überraschten Hofmeister erklärt und ihr Siegel vorgelegt.
Pedros Verwalter war ganz aufgeregt. Er bestand darauf, ihr, als Schwester des Königs, ein Fest auszurichten. Sancha war dem Ansinnen zuerst ablehnend gegenübergestanden, zumal sich tatsächlich Bischof Fulco in der Stadt aufhielt, doch Falk von Hagelstein hatte gemeint, dass sich ein solcher Abend durchaus für ihr Vorhaben eignen könne.
Am Morgen des Festes arbeiteten sie gemeinsam einen Plan aus. Dann ließ Sancha eine der Kleidertruhen ihrer Schwägerin Marie öffnen und entschied sich für ein goldfarbenes Surcot mit passendem Unterkleid, denn sie hatte keine besonderen Festgewänder mit auf die Reise genommen. Auch für Petronilla und Gala waren Kleider in ausreichender Zahl vorhanden.
Bischof Fulco ließ sich entschuldigen. „Ein Fieber“, bedauerte Wilhelm von Antignac, der Bischof von Montpellier, in dessen Palast Fulco wohnte.
Sancha nahm die Nachricht mit gespieltem Bedauern entgegen und umging an diesem Abend vorsichtshalber Themen, die sich mit Toulouse, den Kreuzfahrern und der Ketzerei beschäftigten. Dafür erzählte sie harmlose, lustige Begebenheiten aus Zaragoza.
Als die Pause für die Bediensteten angekündigt wurde, gab sie den Knappen das Zeichen, sich zu entfernen und zog sich selbst mit Gala und Petronilla auf ihr Gemach zurück. Falk von Hagelstein blieb sitzen, um die Mission unauffällig zu überwachen. Die alte Kapelle hatten sie bereits am Nachmittag, bei einem Rundgang mit dem Hofmeister ausgekundschaftet. Zu ihrer Erleichterung war die Kapellentür von Brennnesseln, Knöterich und anderem Schlinggewächs halb zugewuchert gewesen.
Im Gefolge anderer
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