Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
dass sie seine Pagen hereinrief, kniete sich Elize nieder und half ihm aus den Stiefeln.
Dankbar nickte er ihr zu, als sie die Decke über ihn breitete.
Sie blieb noch eine Weile bei ihm sitzen, streichelte ihn, bis er nach etlichem Zappeln und Zucken eingeschlafen war. Dann öffnete sie leise ihre Truhen, legte noch dies und das zurecht, damit es eingepackt werden konnte. Es wurde bereits Nacht, als sie ans Fenster trat. Wie ein schwarzes Trauerband zog sich die Garonne in die Ferne. Elize war keine ängstliche Frau, doch der Gedanke, mitten in der Nacht in ein schwankendes Ruderboot steigen zu müssen, missfiel ihr. Nun, das Leben war nicht gerade leicht an Simons Seite. Aber hatte nicht auch ihre stolze Mutter Florence viele Opfer in ihrer Ehe bringen müssen?
„Du seufzt so schwer, Liebste“, fragte Simon plötzlich hinter ihrem Rücken. „Komm, leg dich wieder zu mir. Was bedrückt dich denn so?“
„Ach, mein Herz ist betrübt, weil unser Ältester beschlossen hat, fortan an deiner Seite zu kämpfen. Dabei ist er erst zweiundzwanzig Jahre alt! Rede du doch mit ihm, Simon, ich bitte dich! Er soll mit uns nach Muret fahren.“
„Was willst du, Elize!", antwortete ihr Montfort mit träger Stimme. "Jede Mutter findet ihren Sohn zu jung zum Kämpfen. Denk` an den Sohn unseres Feindes. Ein wilder Kerl. Ein Draufgänger. Befehligt bereits ein eigenes Heer, dabei ist er zwei Jahre jünger als Amalrich.“
Stöhnend setzte sich Montfort auf, entledigte sich seines Hemdes und der Beinkleider. Dann umarmte er seine Frau und zog sie eng an sich, so dass sie sein Geschlecht fühlte. Ungeduldig zerrte er an den Schleifen ihres Gewandes.
Elize wunderte sich zwar, dass er sich heute nicht endlos lange mit dem Küssen ihrer vollen Brüste aufhielt, wie er es sonst gerne tat, sondern mit seiner Hand sofort suchend zwischen ihre Beine fuhr - aber sie war geduldig wie immer und verlor kein Wort darüber. Kein Wort.
Später, als es vorüber war, meinte er wie beiläufig - wobei sich Elize fragte, wieso Simon gerade nach einer leidenschaftlichen Begattung an den Tod dachte: „Hast du gehört, was mit dem Leichnam des Heiligen Vaters geschehen ist?“
„Mit Innozenz?“ Sie schüttelte den Kopf.
Montfort begann sich anzukleiden. „Als Jakob, der Bischof von Vitry, am Tag nach Innozenz` Tod in Perugia eintraf“, erzählte er ihr leise, „führte ihn sein erster Weg in die Kathedrale. Er wollte sich von dem Verblichenen verabschieden. Doch wie fand er den Leichnam vor, den sie dort in aller Würde und Pracht aufgebahrt hatten? Nackt. Völlig ausgeraubt.“
Elize stieß einen leisen Schrei aus. Sie bekreuzigte sich. „Heilige Mutter Gottes, welcher Teufel hat das getan und warum?“
Montfort zuckte die Achseln und zog sich weiter an.
Während auch sie sich reisefertig machte, betrachtete ihn Elize von der Seite. „Warum hast du mir keine Antwort gegeben in der Sache um Innozenz? Vertraust du mir nicht länger, Liebster?“
„Dass du daran zweifelst! Ich habe seitdem ständig ein bestimmtes Bild im Kopf, werde es nicht mehr los. Der König von Aragón ... nun, Pedro war ebenfalls völlig nackt, als ich ihm meine Ehre erweisen wollte.“
Elize hielt entsetzt inne. „Und nun vermutest du einen Zusammenhang? Einen Racheakt der Katharer?“
„Die Ketzer sitzen in vielen Ländern, Elize. Andererseits gibt es immer auch undankbare Diener. Und zum dritten war der Heilige Vater nicht unumstritten. Herr über beide Schwerter hat er sein wollen, das geistliche und das weltliche.“
Während sie noch gemeinsam beteten, schlug der Türring an. Montfort öffnete.
Elizes Damen und sein Leutnant Peter von Voisins standen draußen. „Es ist bald soweit, Sire“, sagte Voisins leise. „Das Boot wartet.“
„Gleich." Montfort schloss die Tür wieder. Er trat auf Elize zu, nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah ihr lange in die Augen. Dann küsste er sie innig. „Und nun geh, mit Gottes Segen! Auch ich bin in Eile, ich muss mich noch heute Nacht mit meinen Rittern besprechen.“
„Ich folge deinem Willen, Simon“, schluchzte sie auf, „aber nicht nach meinem Herzen!“
Montfort legte ihr mit eigener Hand den Umhang über die Schultern und schob sie zur Tür hinaus. „Gott befohlen, Frau!“
„Pass auf dich auf, Simon, und auf unseren Sohn“, flehte Elize.
Am Ende des Flures, wo Hélo ï se auf sie wartete, hielt sie noch einmal inne. „Einen Augenblick, Leutnant!“ Sie eilte zurück, riss die Tür auf,
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