Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Schnittpunkt stellte sich als ein Quadrat von vier Platten heraus, die nach Damians Meinung für eine Grabung infrage kamen.
Während sich die Gräfin und Gala in der Burg aufwärmten, machte sich Olivier auf die Suche nach geeignetem Werkzeug und weiteren Fackeln. Mit zwei Hacken hoben sie die Platten an. Starke Balken kamen zum Vorschein, zwischen denen sich, als sie den Kies, den Sand und das Erdreich entfernt hatten, ein dunkles Loch auftat.
Neun steinerne Stufen führten in die Tiefe.
Bei ihrer Rückkehr gratulierten Sancha und Gala Damian für seinen Scharfsinn. Sie verriegelten von innen die Tür und kletterten nacheinander in die Gruft hinunter – wo sie jedoch ziemlich ratlos vor einer schweren eisernen Tür standen, die weder Schloss noch Riegel besaß. Auf Kopfhöhe befand sich stattdessen eine faustgroße runde Scheibe, die mit zwei Scharnieren befestigt war, durch die sich ein Splint zog. Als sie den Splint entfernten, ließ sich die Scheibe aufklappen.
„Leuchte mir!“, rief Damian.
Olivier hob die Fackel.
Als Damian entdeckte, was sich hinter der schützenden Scheibe befand, begann er schwer zu atmen. Nun war die gefürchtete Stunde der Wahrheit doch noch gekommen. Er hatte es ja immer gewusst!
„Was ist los? Hast du gerade einen der Apokalyptischen Reiter gesehen, Junge?“, spottete die Gräfin.
Entmutigt lehnte Damian seinen Kopf an die Tür. „Viel schlimmer. Es gibt drei Tore “, zitierte er beschämt. „ Wenn eines offen ist, sind zwei geschlossen. Wenn zwei offen sind, ist eines geschlossen ...“
Jeder kannte das Rätsel, doch in diesem Augenblick wusste keiner, was Damian meinte.
„Das Schicksalsrad“, gestand er endlich, „ein goldenes Schmuckstück, das meiner Mutter gehört. Erst mit ihm öffnet sich das Tor.“
„Und wo befindet sich dieses ominöse Rad?“, rief die Gräfin ungeduldig.
„In Carcassonne. In Montforts Schloss. In einem Versteck, an das derzeit niemand herankommt.“
„Bei Gott, ich fasse es nicht“, fuhr sie ihn streng an, „wieso erfahre ich erst jetzt von diesem Rad? Der Herr von Miraval hätte seinerzeit danach suchen können!“
Damian hob die Achseln. „Es tut mir leid.“
„Dein Verhalten ist unverzeihlich!“ Sie hob verzweifelt die Hände.
In Damian stieg die Wut hoch. Unverzeihlich? Das Recht war auf seiner Seite. Die Sache mit dem Rad war ein Familiengeheimnis, das er einzig mit Olivier, seinem Blutsbruder, geteilt hatte.
„Sprich endlich! Wie sieht das Rad aus?“, herrschte ihn die Gräfin an.
„Es besteht aus zwei gleichartigen Rädern, die sich, wenn man sie auf bestimmte Weise zusammensteckt, entweder zu einem Dreieck oder einem sechseckigen Stern verschieben lassen - einem Davidstern. Und wenn man dann ...“
„Halt! Herr von Hagelstein soll nachsehen, ob es noch eine andere Möglichkeit gibt.“
Der Narr klappte die eiserne Scheibe auf, kniff die Augen zusammen und tastete lange mit den Fingern in der Öffnung herum. „Damian hat recht“, meinte er. „Eine raffinierte Sicherung. Steckt man dieses Rad hinein und dreht es, bleiben entweder zwei Felder offen oder eines. In einer der Stellungen springt das Tor vermutlich auf. Ohne das Rad kommen wir tatsächlich nicht weiter, Doña Sancha. Es sei denn, wir ziehen zwei kräftige Schmiede hinzu, die uns das Tor mit Gewalt aufbrechen. Mitwisser!“, warnte er. Er trat auf Damian zu und packte ihn am Arm. „Jetzt verstehe ich endlich dein Verhalten in Toulouse, dein Zögern! Das 21. Kapitel! Du hast uns nicht nur das Kruzifix und die römischen Zahlen vorenthalten, auch den Messstab und das goldene Rohr, aus dem doch wohl das Schmuckstück deiner Mutter gefertigt ist, nicht wahr? Gestehe! Du hattest nie ernsthaft vor, Toulouse zu helfen! Oder warst du nur zu dumm, um die Zusammenhänge zu erkennen, die dein Großvater so raffiniert für seine Zwecke eingesetzt hat?“
Damian wütend wie nie, befreite sich vom harten Griff. „Was fällt Euch ein!“, zischte er, drauf und dran, sich auf Hagelstein zu stürzen. Doch als er sah, wie unverschämt Olivier hinter Sanchas Rücken feixte – offenbar wartete der Freund nur auf einen handfesten Streit -, riss er sich zusammen. „Wir könnten ein Ersatzrad anfertigen“, sagte er patzig – und platzte mit Oliviers völlig unausgegorenem Vorschlag heraus, den dieser auf der Burg der Kastellanin gemacht hatte. „Ein dünnes Eisenrohr müsste eigentlich denselben Zweck erfüllen.“
Da legte der Narr den Kopf in den Nacken und
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