Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
lachte schallend. „Schlau wie Esaus Bruder Jakob! Ich ziehe den Hut! Und zum Ausmessen nimmst du das Zwölf-Knoten-Seil, das drüben im Brunnenhaus hängt? Ich lache mich krumm.“
„Aber Herr von Hagelstein“, höhnte nun Olivier. „Ihr, als Mann des Rußes - Ihr enttäuscht mich! In Montpellier, in jener Nacht, bevor ich den Mord beging – erinnert Ihr Euch noch? - da war Euer Geist viel reger. Was ist denn los mit Euch? Macht Euch bereits das Alter zu schaffen?“
„Schluss jetzt. Streitet nicht", schalt die Gräfin. "Der Vorschlag ist es wert, ihm nachzugehen. Es gibt eine Schmiede im Ort. Man hört sie vom Turm aus. Holt also Ruß und Pergament für ein ordentliches Gepräge. Wie seinerzeit. “
Zwei Tage später war es soweit. Der Schmied, ein junger Mann mit gutmütigem Gesicht, überreichte ihnen sein Kunstwerk. „Mein Vater hat mir dabei geholfen“, gestand er, „er hat sich sofort erinnert, ein solches Rad schon einmal angefertigt zu haben.“
Damian und Olivier hatten größte Mühe, sich ihr Entsetzen nicht anmerken zu lassen.
„Und wer war damals der Auftraggeber?“, fragte Olivier wie beiläufig.
„Der Herr von Pecaire und ein fremder Benediktiner“, antwortete der Schmied achselzuckend. „Es ist Jahre her ...“
Sie hatten sofort Kobold-Pons in Verdacht, der sich in Gellone als Benediktiner ausgegeben hatte, beschlossen aber nach kurzer Überlegung, die beunruhigende Nachricht einstweilen für sich zu behalten. Olivier legte den Arm um den Freund. „Je nun“, sagte er, „dass er das Rad besitzt, bedeutet noch lange nicht, dass er den Ort kennt. Doch stell dich schon einmal darauf ein, die Gruft leer vorzufinden.“
Zurück in der Gruft nahm Damian wie unter Zwang das Rad mehrmals auseinander, fügte es wieder zusammen und drehte es. Er war fünf Jahre alt gewesen, als er das ursprüngliche Rad zum letzten Mal gesehen hatte, und damals war es ihm größer vorgekommen. Aber die Maße stimmten. Sie hatten es gewissenhaft überprüft.
Endlich fasste er sich ein Herz und setzte es in die Öffnung ein - doch das Eisen griff nicht. Er wendete es um, versuchte es erneut. Nichts. Auch ein Verschieben nach rechts oder links zeigte keine Reaktion. Damian begann zu schwitzen. „Hol mir einen Krug mit Öl“, rief er Olivier zu.
Sorgfältig fetteten sie das Rad ein, bis es glänzte. Und beim nächsten Versuch klappte es. Das eiserne Rad rastete hörbar ein.
Alle atmeten erleichtert auf.
„Still!“ Vorsichtig drehte er jetzt mit dem Zeigefinger das Rad, bis ein Segment offenstand. Wieder klickte etwas. „ Wenn eines offen ist, sind zwei geschlossen “, sagte er zufrieden. „Stimmt.“
„Voran!“, drängte die Gräfin hinter ihm. „Die nächste Einstellung: ' Wenn zwei offen sind ... “
Damian schöpfte tief Luft. „ Wer überwindet, der wird es alles ererben “, murmelte er, gleich einem Gebet. Dann drehte er weiter, bis das Rad erneut einrastete. Zwei Segmente standen offen. Aber es tat sich nichts ...
Sie warteten, lauschten.
„Je nun, vielleicht ist die Tür längst offen?“, sagte Olivier nach einer Weile gereizt.
Zu dritt warfen sie sich dagegen. Ein „Ho! Hisse!“ - und die Tür gab nach.
Ein strenger Balsamduft stieg in ihre Nasen.
Olivier schnappte sich eine Fackel und leuchtete hinein.
„Bei allen Heiligen!" - schrie er auf.
10.
War es richtig, was sie vorhatte? Und wenn ja, wie konnte sie Damian dazu bringen, dass er ihrem Plan ohne wenn und aber zustimmte? Gewiss, sie konnte es ihm befehlen, aber war dies ratsam?
Sancha wälzte sich in ihrem Bett hin und her.
Bereits gestern Abend und ohne, dass sie ihr Vorhaben auch nur mit einer Silbe erwähnt hätte, war es erneut zu Streitereien zwischen Falk und den Jungen gekommen. Dabei waren sie für kurze Zeit ein Herz und eine Seele gewesen, hatten in ihrer Begeisterung wirr durcheinander geredet, gelacht, sich umarmt, wieder und wieder erzählt, wie sich Olivier beim Anblick der vergoldeten Büste mit den starren Lapislazuli-Augen fast zu Tode erschrocken hatte, und wie Damian in einer dunklen Nische um ein Haar über die Truhe seines Großvaters gefallen war - bis zum Rand mit Edelsteinen, Perlen und Gold gefüllt. Auch die Kälte war vergessen gewesen.
In der Truhe hatten sie einen in Ziegenhaut eingeschlagenen Brief entdeckt, datiert aus dem Jahr 1202. Das Testament Wilhelms von Montpellier, in dem er seiner Tochter Alix offenbarte, der Hüter eines Heiligen Schatzes zu sein, den sein Vater vor
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