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Sandkönige - Geschichten

Sandkönige - Geschichten

Titel: Sandkönige - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Gesteinsmaterial voneinander unterschieden. Im Nordwesten ragte ein dichter Wald von Türmen aus glasigem Gestein auf, zwischen denen trockene Kanäle verliefen. Weiter südlich lag ein Bezirk mit blutroten Steinpyramiden. Im Osten standen pilzförmige Türme in der Mitte eines sonst leeren, weiten Platzes aus Granitplatten. Es gab noch andere Bezirke, alle von eigentümlicher Architektur und unbewohnt. Jeden Tag hatte Sunderland einen neuen Abschnitt kartographiert. Aber er hatte lediglich an der Spitze eines Eisberges gekratzt. Zahllose Ebenen lagen unter der Oberfläche, und weder Holt noch Sunderland oder die anderen hatten in diese schwarzen, luftleeren Labyrinthe eindringen können.
    Es war schon dunkel geworden, als Holt wieder eine größere Kreuzung erreichte. Er stand auf einem achteckigen Platz mit einem kleineren achteckigen Brunnen in der Mitte. Nicht ein Lufthauch kräuselte das grüne Wasser. Dann beugte sich Holt über den Rand und wusch sein Gesicht. In seiner Wohnung, wie auch in der näheren Umgebung, fand er sonst keine Gelegenheit dazu. Sunderland vermutete in den Pyramiden größere Wasservorräte, doch in der Nähe des Westtors gab es nur diesen einen Brunnen.
    Nachdem Holt sich den Staub des Tages von Händen und Gesicht gespült hatte, setzte er seinen Weg fort. Der Lebensmittelsack pendelte auf seinem Rücken hin und her, und seine Schritte hallten durch die Gassen. Sonst blieb es still. Die Nacht brach schnell herein. Bald würde es stockfinster sein, so schwarz und mondlos wie in jeder Nacht auf der Durchgangswelt. Ständig lag eine dichte Wolkendecke über dem Planeten, und nur selten waren mehr als ein halbes Dutzend Sterne zu sehen.
    Hinter dem Platz mit dem Brunnen lag ein weiteres Trümmerfeld aus Felsen und Sand. Hier hatte einst ein riesiges Gebäude gestanden. Holt stieg vorsichtig über das Geröll und steuerte auf ein einzelnes Bauwerk zu, das sich kraß von anderen umliegenden Gebäuden unterschied. Es sah aus wie eine aufgeblähte cedranische Kugelhütte aus goldenem Stein. Mehrere Löcher führten ins Innere der Kuppel, wo Dutzende schmaler Treppen und Gänge wabenförmige Kammern miteinander verbanden.
    Seit fast zehn Standardmonaten war dies Holts Zuhause.
    Sunderland hockte auf dem Boden, als Holt das gemeinsam bewohnte Zimmer betrat. Um ihn herum lag ein Wust von Karten. Jede einzelne war ein Flickwerk aus vergilbten Fetzen, die er von den Dan'lai erstanden hatte, versteift mit feinem, ullischem Silberblech und überzogen mit einer Rasterfilmschicht von Bord der Pegasus. Auf die so präparierten Blätter waren Linien und Bezeichnungen säuberlich eingetragen. Sunderland saß mitten in seiner Arbeit, eine Karte auf dem Schoß, den Schreibstift in der Hand. Er sah feist und vernachlässigt aus und blickte irritiert zu Holt empor.
    »Ich hab was zu essen«, sagte Holt und warf den Sack quer durch den Raum. Er landete auf den Karten und brachte mehrere lose Abschnitte durcheinander.
    »Paß doch auf!« kreischte Sunderland. »Die Karten!« Wütend schob er den Sack beiseite und fing an, die Blätter neu zu ordnen.
    Holt ging auf sein Schlafnetz zu, das zwischen zwei festverankerten Kaltfackelsäulen gespannt war. Auf dem Weg dorthin trampelte er über die Karten. Sunderland kreischte erneut auf, aber Holt achtete nicht auf ihn und stieg in das Netz.
    »Verdammter Kerl«, sagte Sunderland und rückte die verschobenen Teile zurecht. »Kannst du nicht etwas vorsichtiger sein?« Er blickte auf und sah, daß Holt ihn mit gerunzelter Stirn musterte. »Ist was?«
»Tut mir leid«, sagte Holt. »Bist du heute einen Schritt weitergekommen?« Dem Ton nach zu urteilen, war die Frage nichts als eine leere Formalität.
    Aber das fiel Sunderland nicht auf. »Ich habe einen ganz neuen Abschnitt erkundet, südlich von hier«, sagte er aufgeregt. »Sehr interessant. Offensichtlich als Einheit entworfen. Dort steht eine zentrale Säule, verstehst du, aus irgendeinem weichen, grünen Stein, umgeben von zehn etwas kleineren Säulen. Zwischen dem Kapitell der größeren und jeder kleineren Säule spannt sich eine Brücke, oder besser gesagt, ein geschwungenes Steinband. Ähnliche Bauwerke findest du in der ganzen Gegend. Zu Füßen der Säulen ist ein Labyrinth aus hüfthohen Steinwällen. Ich brauche Wochen, um alles genau zu kartographieren.«
    Holt starrte auf die Wand neben seinem Kopf, wo er die Tage als Striche in das goldene Gestein eingeritzt hatte. »Ein Jahr«, sagte er. »Ein volles

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