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Sandra und das Haus in den Hügeln

Sandra und das Haus in den Hügeln

Titel: Sandra und das Haus in den Hügeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kreuter
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ihrer Körperreinigung und Ernährung wenig Beachtung schenken.
    Jasmin die im Nebenschlafraum wohnte, reichte Sandra eine karierte Baumwollbluse mit langen Ärmeln.
    „Vielen Dank“, sagte Sandra. „Ich ziehe sie an, wenn ich mich gewaschen habe.“
    In ihrem eigenen Schlafsaal waren Mädchen mit Bettenmachen und Fußbodenaufwischen beschäftigt. Sie beobachteten Sandra verwundert, als diese ihren Schrank aufschloß. Anscheinend war es nicht üblich oder sogar verboten, außer den festgesetzten Zeiten die Schlafräume aufzusuchen.
    Gefion, die mit einem leeren Putzeimer aus dem Waschraum kam, fragte argwöhnisch: „Was machst du hier oben?“
    „Ich habe mir eine Bluse ausgeliehen. Muß mich später umziehen. Aber es lohnt jetzt noch nicht. Ich muß noch in den Jungenschlafräumen helfen“, erklärte Sandra. Sie schlug die Schranktür zu und verließ das Zimmer.
    Die Jungen waren in drei kleinen Mansardenräumen mit schrägen Wänden untergebracht. Die Einrichtung bestand aus je drei Eisenbetten und dazugehörigen Schränken. Die Dachfenster hatten weder Gardinen noch Vorhänge; nackte Glühbirnen an der Decke verbreiteten ein trübes Licht. Nur der Hausvater und Rocho bewohnten Einzelzimmer. Sandra hatte ihre Namensschildchen an zwei Türen im ersten Stock gesehen.
    Jutta-Judith schrubbte kniend mit einer Bürste den Fußboden im ersten Zimmer neben der Treppe.

    „Das ist aber eine Sklavenarbeit für Sonntag, den Tag des Herrn! Am siebten Tag sollst du ruhen, befiehlt der Herr“, sagte Sandra ironisch.
    „Halleluja!“ erwiderte Jutta-Judith. Sie richtete sich auf und schob mit dem Arm ihre Haare aus der Stirn. „Notwendige häusliche Verrichtungen sind auch am Sonntag gestattet“, sagte sie todernst.
    „Und das macht dir nichts aus? Zu Hause hattest du es besser.“
    „Es ist ein Teil unserer Übung in Demut und Gehorsam“, belehrte sie Jutta-Judith.
    „Ach, komm! Wir sind allein. Ruh dich ein bißchen aus. Ich muß mit dir reden“, sagte Sandra. Sie trat ins Zimmer und ließ sich auf das Bett neben der Tür fallen.
    Jutta-Judith warf einen besorgten Blick zur Tür. „Steh sofort auf! Es ist verboten, daß wir uns während der Arbeit miteinander unterhalten. Warum bist du überhaupt hier?“ fragte sie ängstlich.
    „In der Küche wurde auch geredet — und sogar gesungen!“ hielt ihr Sandra entgegen.
    „Singen ist erlaubt. Gesprochen darf nur werden, wenn es zur Arbeitsverständigung notwendig ist. Bitte, Sandra, geh!“
    „Warum? Es wurde mir befohlen, mich hier nützlich zu machen.“
    „Dann tu das!“
    „Schön! Und was, bitte, soll ich tun?“ fragte Sandra seufzend.
    „Hilf im Waschraum.“
    „Die angenehmste Arbeit, die ihr zu vergeben habt, wie?“ sagte Sandra aufsässig und ging hinaus.
    Kurz vor sechs Uhr riefen dumpf dröhnende Gongschläge die Sendboten zur Meditation in den Versammlungsraum.
    Das Haus roch inzwischen von den vielen verbrauchten Scheuermitteln wie eine Desinfektionsanstalt.
    Sandra war es beim Putzen warm geworden. Ihre Wangen glühten. Dennoch fröstelte sie. Seit der kargen Mahlzeit am vergangenen Abend hatte sie nichts mehr gegessen. Und nun war sie nach einem kurzen Schlaf seit vier Uhr auf den Beinen, hatte Feuer angemacht und Wandplatten und Fliesen gescheuert. Und das alles, ohne etwas zu essen oder etwas Warmes zu trinken.
    Ihr Kopf kam ihr wie mit Watte gefüllt vor. Und ihre Glieder waren schwer wie Blei.
    Jutta-Judith kam zu ihr in den Waschraum, um sie zur Meditationsstunde abzuholen.
    „Ich muß mir etwas anderes anziehen“, sagte Sandra müde zu ihr.
    „Tu das später. Wir müssen hinunter in den Gebetssaal“, mahnte Jutta-Judith.
    „Ich ziehe mich jetzt um! Ich sehe ja aus wie ein Schwein!“ fuhr Sandra sie an. „Habt ihr eigentlich kein Bad?“
    „Im Frühjahr sollen Bäder installiert werden. Die Familie hat das Haus erst vor kurzem gekauft. Wir müssen das Geld für die Renovierung erst zusammenbringen“, erzählte ihr Jutta-Judith, während sie Sandra die Treppe hinunterfolgte.
    Von überallher strömten die Sendboten Gottes zum Versammlungsraum. „Halleluja! — Halleluja!“ begrüßten sie einander.
    „Kannst schon vorgehen. Ich komme sofort nach. Jasmin hat mir eine Bluse ausgeliehen. Die ziehe ich rasch an“, sagte Sandra zu Jutta-Judith.
    Jutta-Judith zögerte.
    „Stell dich nicht so an, Jutta! Oder hast du Angst, ich würde euch beklauen? Was kann man hier schon stehlen?“ empörte sich Sandra.
    Ihr Vorwurf bewirkte,

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