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Sankya

Sankya

Titel: Sankya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zakhar Prilepin
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einer wärmte sie Kartoffeln und Fleisch auf, in der zweiten zischten und zerbarsten Saschas geliebte Karawajtschiki , dünne, fast durchsichtige Pfannkuchen mit einem süßen, knusprigen, dunklen Muster am Rand. Die Großmutter kochte ohne Hast, geschickt und behände, dachte nicht daran, dass sie kochte, und hätte wahrscheinlich die Augen dabei schließen können, sich im Geiste von dem, was sie tat, ganz und gar entfernen: »Heuer im Winter haben wir die letzten Enten geschlachtet«, erzählte die Großmutter, während sie Kartoffeln und Fleisch in der Pfanne umdrehte, »ich hab keine Kraft mehr, zum Bach zu gehen. Runter geht’s, aber zurück nur mühsam, die Enten warten auf mich und rufen mich.«
    Die Großmutter wechselte übergangslos von einem zum anderen, es ging aber immer um eines: Alle sind gestorben und es gibt nichts mehr.
    »Opa ist völlig taub, er hört nichts mehr … Das letzte Mal ist er im Juni aufgestanden. Er ging aufs Klo und fiel im Hof nieder. ›Warum bist du aufgestanden?‹ fragte ich ihn. ›Ich hab dir doch einen Kübel hingestellt!‹« Er war mit letzter Kraft aufgestanden.
    Die Großmutter drehte das Feuer unter der Pfanne mit den Kartoffeln und dem Fleisch zurück, nahm den letzten Karawajtschik aus der anderen Pfanne und ging in die Hütte.
    Sascha stand auf, torkelte durch die Küche und ging auf die Straße, um zu rauchen. Beim Hinausgehen hörte er, wie die Großmutter laut zu Opa sagte: »Sankya ist gekommen! Sankya!«
    »Sankya? Was kommt er denn nicht herein? Ich höre, dass du dort mit jemandem schwätzt.«
    Es war völlig dunkel. Das Dorf war lautlos.
    Das Kind war weggegangen. Neben der Pfütze lag seine Gerte.
    Die Zigarette brannte. Die Asche fiel nicht hinunter.
    Ein Betrunkener stapfte vorbei, ein verkümmertes Männlein, das Sascha nicht beachtete.
    »Was kommst du denn nicht zu mir, Sankya?«, fragte der Opa, als Sascha die Hütte betrat und sich an Opas Bett setzte.
    In seiner Stimme schwang kaum hörbar die Ironie des Alten mit – fürchtest dich wohl vor mir, deinem sterbenden Opa. Und in der Ironie war zugleich Mitleid zu hören – na ja macht nichts, Jungchen, ich halte dich nicht lange auf.
    Opa war dünn geworden, die spitzen Schultern, die schwachen Augen klebten zusammen. Der Großvater bereitete sich aufs Sterben vor. Wenn er sprach, knackste es kaum hörbar im Hals und die Wörter kamen praktisch unverständlich heraus.
    »Sterben ist nicht schrecklich, Sankya … Das Leben ist sehr lang. Es reicht schon. Da liege ich jetzt und kann nicht sterben. Ach Sankya, Sankya …«
    Sascha blickte den Opa schweigend an.
    »Lass ihn doch erst mal essen nach der Reise!«, sagte die Großmutter, die hereingekommen war. »Du wirst noch genug reden können! Du stirbst schon nicht, während er isst!«
    »Lass ich ihn etwa nicht essen?«, antwortete der Opa. »Geh essen, Sankya …«
    Sascha ging folgsam in die Küche. Der Opa murmelte etwas, sprach mit geschlossenen Augen mit jemandem.
    Die Großmutter fragte Sascha nach der Mutter, ob die Mutter nicht wieder heiraten werde, ob er selbst nicht trinke und wo er jetzt arbeite. Die Mutter wird nicht heiraten, Sascha trinkt nicht, zumindest nicht so, wie die Großmutter meinte, über die Arbeit erzählte er Lügen. Er arbeitete, war aber zu faul zu erklären, was er tat. Für die Alten ist Arbeit die Erde pflügen oder Fabrik, oder das Krankenhaus, oder die Schule … Sie haben recht. Aber heute ist diese Arbeit in den meisten Fällen zum Schicksal von nicht sehr erfolgreichen, vom Leben benachteiligten Menschen geworden.
    Die Großmutter trug auf – wie man das im Dorf so nannte – und Sanja trank den Selbstgebrannten gerne zu Fleisch und Kartoffeln, um sich ein bisschen zu erleichtern.
    Er trank einmal, zweimal, dreimal.
    Im Nebenzimmer lag der Großvater im Sterben. Sascha aß mit großem Appetit. Er war hungrig. Die Karawajtschiki schmeckten so gut wie in der Kindheit. Die Großmutter erzählte davon, was im Dorf passierte.
    Im letzten Haus in der Straße lebte ein Mann mit Spitznamen Chomut. Sascha kannte ihn gut. Chomut hatte ihn, Sascha, gerettet. Und der Vater hatte Chomut auch gekannt, sie waren befreundet; ihre Freundschaft war unspektakulär und still gewesen.
    Chomut war gesund, helläugig, stark wie ein Pferd. Letzten Sommer hatte er sich erhängt. Die Söhne waren aus der Stadt zu ihm gekommen, um im Gemüsegarten zu helfen. Bei der Arbeit im Gemüsegarten zerstritt sich Chomut mit den Söhnen. Er

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