Sankya
er voller Angst seine Hand, ob sie bei dem Schuss nichts abbekommen hatte. Sascha packte ihn fest am Ärmel seiner Jacke und stieß ihn wild Richtung Fenster. Mit der anderen Hand fasste er Besletow dann an der Hose und warf ihn einfach raus.
»Böse ist der Böse … Jetzt werde ich euch …«, sagte Oleg, der sich am anderen geöffneten Fenster mit dem Granatwerfer auf der Schulter postierte … »Ich werde euch jetzt die Verteidigung der Festung von Brest bereiten«, sagte er heiser und wie besessen.
Wenja kaute an irgendetwas und schaute mit leeren Augen durchs Fenster. Auf seinem Gesicht war zum ersten Mal kein Lächeln zu sehen.
Sascha setzte sich auf das Fensterbrett und legte die MP auf seine Knie.
»Es hat gefroren«, dachte er müde. »Es wird tauen, und Dreck wird fließen …«
Er hielt die linke geöffnete Hand hinaus. Es war merkwürdig, dass die Schneeflocken um sie herumflogen und sich nicht auf die heiße Haut und die scharfen Linien, die die Handfläche durchzogen, setzten.
Er öffnete die Jacke, die Uniformjacke … Er zog seine Halskette heraus, legte das Kreuz in den Mund. Zuerst kühlte es die Zunge, dann wurde es warm. Und dann – schal.
Im Kopf bewegten sich, merkwürdig vermischt, zwei Empfindungen: Alles wird gleich, im nächsten Augenblick, zu Ende gehen, und – nichts wird zu Ende gehen, alles wird weiterhin so sein, nur so.
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Emmanuel Carrère
Limonow
Aus dem Französischen von Claudia Hamm
Eduard Limonow, spätestens seit der Gründung der Nationalbolschewistischen Partei eine der umstrittensten und widersprüchlichsten Figuren Russlands, lebt sein abenteuerliches Leben mit einer atemraubenden Intensität. Er hatte Sex mit Männern und Frauen, verführte Minderjährige, wurde Familienvater, lebte als hungerleidender und partyfeiernder Dandy in den USA und in Paris, gründete eine Partei, kämpfte als Freiwilliger in diversen Kriegen und saß im Gefängnis. Seine politische Wandlung vollzog sich von extrem links nach extrem rechts – immer in Opposition zum Establishment.
Carrère erzählt in dieser alle Genres sprengenden Romanbiografie, die den Leser von der ersten Seite an in gefesselte Aufmerksamkeit versetzt, die schillernde Geschichte Eduard Limonows, rekonstruiert ein Leben, das ihn fasziniert aber auch abstößt – und skizziert wie nebenbei seine eigene Annäherung an das heutige Russland.
Pressestimmen
»›Limonow‹ ist ein verblüffendes, schwer einzuordnendes Buch. Ein Buch, das einen umwirft.« Yasmina Reza
»Das Buch ›Limonow‹ ist ein scharfes Geschoss, ein Komet auf der Reise durchs 20. und 21. Jahrhundert.« Le Temps
»Nonfiction, die sich so elegant, schillernd und abenteuerlich liest wie ausgedacht. Und weil der Erzähler Carrère ein großer Dramaturg ist, gelingt es ihm wie nebenbei, auch noch die jüngere und jüngste Geschichte Russlands zu erklären.«
Johanna Adorján, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
»Carrère ist ein eleganter Erzähler. Doch die Faszination für seinen Protagonisten muss man wohl teilen, um ›Limonow‹ zu Ende lesen zu können. Das gelingt, wenn man sich die moralische Gelassenheit des Autors zu eigen macht. Vermischt mit dem dennoch unvermeidlichen Abscheu erreicht diese Faszination eine fast erhabene Qualität.«
Oskar Piegsa, Spiegel Online
»Carrère schildert dieses Leben, das der Geschilderte selbst für ›ein Scheißleben‹ hält, spannend wie einen Thriller. Indem er Limonows – auch an libidinösen Verwicklungen reiche – Lebensgeschichte mit seiner eigenen Biografie verschränkt, entstehen erhellende Kontraste, durch die weltanschauliche Fragen neu beleuchtet erscheinen: Vielleicht ist es gar nicht die Aufgabe und Pflicht des Menschen, unseren Vorstellungen von politischer Korrektheit zu entsprechen?«
Martin Brinkmann, ZEIT Online
Über den Autor
Zakhar Prilepin, geboren 1975 in Zentralrussland. Sohn eines Hochschulprofessors und einer Krankenschwester, studierte Linguistik in Nischni Nowgorod. Gleich sein erstes Buch war 2006 für viele Preise nominiert, seither erhielt Prilepin u.a. 2008 den Russian National Bestseller Award und 2009 den Bunin Literaturpreis. Seine Bücher sind in über 20 Sprachen übersetzt. Prilepin lebt mit seiner Familie in Nischni Nowgorod.
Impressum
Matthes & Seitz Berlin
Erste Auflage Berlin 2012
Copyright © 2012
MSB Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbH
Göhrener Str. 7, 10437 Berlin,
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