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Sankya

Sankya

Titel: Sankya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zakhar Prilepin
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bekommst.«
    Jetzt grinste Rogow.
    »Dawaj, Landsmann!« Ljoschka klopfte dem Afghanistanveteranen auf die Schulter. »Alles Gute. Bis bald. Bis bald, bis bald. Na, dann.«
    Alle drehten sich von dem Afghanzen weg, obwohl er noch da stand, nur einen Schritt vom Tisch entfernt.
    »Gehen wir mal rauchen?«, fragte Wenja.
    Sie gingen auf die Straße hinaus, vorbei an dem Afghanzen, der zu Boden blickte und den Kopf schüttelte.
    Sascha zog die letzte Zigarette heraus und warf die leere Packung weg. Er zündete sie an und spürte sofort, dass er sehr betrunken war.
    »Ist da noch was übrig geblieben?«, fragte Sascha, hauptsächlich, um seine eigene Stimme zu hören und einzuschätzen, wie klar sie noch war.
    »Das Bier hab ich mitgenommen.« Wenja hob zwei angefangene Flaschen Bier in die Höhe: »Den Rest haben wir ausgetrunken.«
    Sascha freute sich, dass die Frage verstanden worden war.
    Er bewegte die Lippen und kommandierte grinsend: »Kehrt um, Marsch!«
    Sie nahmen noch Bier mit und dazu irgendwelches Zeug. Sascha hatte schon das Stadium erreicht, in dem man nicht mehr trinkt, sondern nachfüllt. Man füllt seine Existenz mit geschmackloser Flüssigkeit an.
    Irgendwo fand sich noch Wodka – und dazu mussten sie getrockneten Tintenfisch essen, ein getrocknetes Schwänzchen zu dritt. Die Jungs verzehrten das Stück fein säuberlich, mit sehr ernstem, wenn auch ein wenig dämlichem Gesichtsausdruck.
    Sie betraten den Bahnsteig, lauschten, wie die Frachtzüge vorbeiratterten, und von diesem Gepolter wurde Sascha endgültig blöde im Kopf.
    Der Bahnhof verschwamm, und nur für Momente tauchte vor den Augen überraschend klar eine helle Tafel auf, irgendjemandes Gesicht, eine nervige Absperrung, die überwunden werden musste, was den Gleichgewichtssinn überforderte.
    Das Gespräch fortzusetzen war nicht möglich, aber es machte Spaß, von Zeit zu Zeit irgendetwas herauszuschreien.
    Als sie eine Milizpatrouille entdeckten, rannten die Jungs lachend und Unverständliches schreiend in die Richtung der leeren Marktstände, an denen tagsüber mit allem Möglichen gehandelt wurde.
    Sascha fiel auf alle viere und trank sogar ein bisschen aus einer Pfütze, in der sich sein Gesicht im Licht der Straßenlampe trübe und verzerrt spiegelte. Die vornweg stürmenden Jungs hatten Saschas Ausrutscher nicht einmal bemerkt.
    Die Marktstände bestanden aus eisernen, teilweise verbeulten Ladentischen. An jedem Ladentisch waren zwei Träger samt Dach aus verrostetem Blech angeschweißt.
    Während die Jungs die Markstände entlanggingen, schepperte es immer wieder, und die Ladentische wackelten, einige schwankten sogar heftig und drohten umzufallen. Sie rempelten wohl die Ladentische an, vielleicht traten sie auch dagegen.
    Die Jungs trafen auf einen Mann kaukasischer Nationalität, der ihnen mit eingezogenen Schultern und gekrümmtem Rücken entgegenkam. Sie begrüßten ihn mit aufrichtiger Freude mit den Worten »Salam Aleikum« und »Allah Akbar«.
    Kaukasier kontrollierten diesen Markt, das wusste Sascha. Aber jetzt, kurz vor Mitternacht, hatten sich alle offenbar mit ihren Einnahmen schon verlaufen. Hier in der Nähe befanden sich übrigens zwei oder drei Bars und außerdem ein Kasino, in dem sich junge Menschen vergnügten, die guttural und laut sprachen, kleingewachsen waren, Lederjacken und schwarze spitze Stiefeletten trugen.
    Hinter einem der Ladentische spielten die Jungs die Szene »Ein Sohn des Kaukasus verkauft eine nicht ganz ausgetrunkene Flasche Bier an russische Alkoholiker«.
    Rogow, überdreht und mit rotem Kopf, stellte possierlich einen kaukasischen Händler dar, der die Vorzüge des Biers und die seltene Form der Flasche anpries. Wenja feilschte, tölpelte herum und feixte. Sascha, der trotz seines betrunkenen Zustandes an Rogow, der normalerweise nicht zu Scherzen neigte, dessen Sinn für Humor bemerkte, half Wenja beim Feilschen; er fuchtelte mit den Armen, schrie herum und ließ in Sekundenschnelle die Zigarette aus dem Mund fallen, die er bei jemanden, bei wem, konnte er sich nicht mehr erinnern, geschnorrt hatte. Und selbst Negativ, der sich eine halbe Flasche Bier genehmigt hatte, verzog die Lippen und zwang sich zu lächeln. Im Widerschein des blinkenden Schilds der nicht weit entfernten Bar war zu erkennen, dass Negativs Augen weicher geworden waren.
    »Sie ist doch … halbleer«, sagte Wenja und schnippte mit seinem gebogenen Finger gegen die Flasche.
    »He-e, was bist du für einer? He-e …«,

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