Saphirblau
auch die Namen der weiblichen Linie. Wenn es nach ihm geht, werden wir niemals geboren werden.«
»Du hättest ihn töten sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest«, sagte Paul bitter. »Er hat uns reingelegt. Hör zu, ich habe nicht mehr viel Zeit, ich springe jeden Augenblick zurück. Aber es ist wichtig, dass du mir zuhörst.«
»Das werde ich nicht tun!« Die grünen Augen funkelten ihn zornig an. »Wenn ich gewusst hätte, dass ich dich heute hier treffe, hätte ich ein Reagenzglas mitgenommen . . .«
»Es war ein Fehler, uns mit der Allianz zu verbünden«, sagte Paul hastig. »Lucy war von Anfang an dagegen. Aber ich dachte, wenn wir ihnen helfen, den Grafen unschädlich zu machen . . .« Er griff sich an den Magen. Dabei stießen seine Finger an das Päckchen mit den zusammengeschnürten Briefen, das er in die Jacke gesteckt hatte. »Verdammt! Hier! Nimm das, Kleiner.«
Zögernd nahm Gideon das Päckchen entgegen. »Hör auf, mich Kleiner zu nennen. Ich bin einen halben Kopf größer als du.«
»Es handelt sich um den Teil der Prophezeiungen, den der Graf den Wächtern bisher vorenthalten hat. Es ist wichtig, dass du sie liest, bevor du auf die Idee kommst, gleich wieder zu deinem geliebten Grafen zu laufen und uns zu verpetzen. Scheiße, Lucy wird mich umbringen, wenn sie das hört.«
»Wer garantiert mir, dass das keine Fälschungen sind?«
»Lies sie einfach! Dann weißt du, warum wir den Chronografen gestohlen haben. Und warum wir den Grafen daran hindern wollen, den Blutkreis zu schließen.« Er schnappte nach Luft. »Gideon, du musst auf Gwendolyn aufpassen«, sagte er hastig. »Und du musst sie vor dem Grafen beschützen!«
»Ich würde Gwendolyn vor jedem beschützen!« In Gideons Augen blitzte es hochmütig auf. »Aber ich wüsste nicht, was dich das angeht.«
»Das geht mich sehr wohl etwas an, Junge!« Paul musste sich zusammenreißen, um nicht handgreiflich zu werden. Gott, wenn der Kleine nur einen blassen Schimmer hätte!
Gideon verschränkte die Arme. »Wegen eures Verrates hätten uns Alastairs Männer im Hyde Park neulich beinahe getötet, Gwendolyn und mich! Du wirst mir also kaum weismachen können, dass dir etwas an ihrem Wohlergehen liegt.«
»Du hast ja keine Ahnung...« Paul unterbrach sich. Er hatte einfach keine Zeit mehr. »Egal. Hör zu.« Er dachte daran, was Lucy gesagt hatte, und versuchte, alle Eindringlichkeit in seine Stimme zu legen. »Einfache Frage - einfache Antwort: Liebst du Gwendolyn?«
Gideon ließ ihn keinen Moment aus den Augen. Doch etwas flackerte in seinem Blick, das sah Paul genau. War das etwa Unsicherheit? Na toll, mit dem Degen konnte der Junge ja umgehen. Aber in Sachen Gefühlsdingen schien er ein ziemlicher Anfänger zu sein.
»Gideon! Ich muss die Antwort wissen!« Seine Stimme klang scharf.
Das Gesicht des Jungen verlor etwas von seiner Härte. »Ja«, sagte er schlicht.
Paul spürte, wie all seine Wut verflog. Lucy hatte es ja gewusst. Wie hatte er je an ihr zweifeln können! »Dann lies die Papiere«, sagte er schnell. »Nur so kannst du begreifen, welche Rolle Gwendolyn wirklich spielt und wie viel für sie auf dem Spiel steht.«
Gideon starrte ihn an. »Was meinst du damit?«
Paul beugte sich vor. »Gwendolyn wird sterben, wenn du es nicht verhinderst. Du bist der Einzige, der das kann. Und dem sie vertraut, so wie es aussieht.«
Er verstärkte seinen Griff um Gideons Arm, als er spürte, wie das Schwindelgefühl ihn zu überwältigen drohte. Wie viel hätte er um ein, zwei Minuten Aufschub gegeben!
»Versprich es mir, Gideon!«, sagte er verzweifelt.
Doch Gideons Antwort konnte er nicht mehr hören. Alles um ihn herum verschwamm, es riss ihn von seinen Füßen und schleuderte ihn durch Zeit und Raum.
Saphirblau ist der zweite Teil einer Trilogie.
Der dritte Band
Smaragdgrün
erscheint im Sommer 2010.
Impressum
Saphirblau - Liebe geht durch alle Zeiten
von Kerstin Gier (Autor)
Preis: EUR 15,95
Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
Verlag: Arena Verlag; Auflage: 1. Aufl. (5. Januar 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3401063472
ISBN-13: 978-3401063478
ebook Erstellung - April 2010 - TUX
Ende
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