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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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vermittelt, als lebte ich in einem Traum, aber das drang durch.
    »Wieso vorsichtig?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich weiß nicht, Mikey.« Dann stieg er in sein Auto ein - er war so groß und das Auto so
klein, daß es wie ein Kleidungsstück an ihm wirkte - und fuhr weg. Mittlerweile ging die Sonne unter. Wissen Sie, wie die Sonne am Ende eines heißen Tages im August aussieht? Rötlich gelb und irgendwie gequetscht , als würde sie von einer unsichtbaren Hand niedergedrückt und könnte jeden Moment platzen wie ein übersatter Moskito und den gesamten Horizont vollspritzen. Genauso war es. Im Osten, wo es bereits dunkel war, grollte Donner. Aber es gab keinen Regen in dieser Nacht, nur eine Dunkelheit, die sich dicht und erstickend wie eine Decke herabsenkte. Trotzdem setzte ich mich vor den Computer und schrieb etwa eine Stunde lang. Soweit ich mich erinnern kann, lief es ziemlich gut. Und wissen Sie, selbst wenn es nicht gut läuft, vertreibt es einem die Zeit.
     
    Den zweiten Weinkrampf hatte ich vier Tage nach der Beerdigung. Das Gefühl, in einem Traum zu leben, blieb bestehen - ich lief, redete, ging ans Telefon, arbeitete an meinem Buch, das zu achtzig Prozent fertig gewesen war, als Jo starb -, aber die ganze Zeit hatte ich dieses eindeutige Gefühl von Distanz, ein Gefühl, als würde alles in einer gewissen Entfernung von meinem wahren Ich stattfinden, als würde ich alles mehr oder weniger fernmündlich in Erfahrung bringen.
    Denise Breedlove, Petes Mutter, rief an und fragte, ob sie nicht an einem Tag in der kommenden Woche mit zwei Freundinnen vorbeikommen und in dem riesigen alten Edwardianischen Kasten, in dem ich jetzt allein wohnte - in dem ich herumrollte wie die letzte Erbse in einer Dose von der Größe eines Restaurants -, vom Bug bis zum Heck eine gründliche Reinigung veranstalten sollte. Sie würden es, sagte sie, für hundert Dollar tun, die sie unter sich aufteilen würden, und vor allem, weil es nicht gut für mich wäre, ohne Hausputz weiterzumachen. Nach einem Todesfall müßte alles gründlich abgeschrubbt werden, sagte sie, auch wenn der Tod nicht im Haus selbst stattgefunden hatte.
    Ich sagte ihr, das wäre eine prima Idee, aber ich würde ihr und den Frauen, die sie mitbrachte, jeweils einhundert Dollar für sechs Stunden Arbeit bezahlen. Nach sechs Stunden
mußte der Job erledigt sein. Und wenn nicht, sagte ich, wäre er trotzdem erledigt.
    »Mr. Noonan, das ist viel zuviel«, sagte sie.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht, aber das bezahle ich«, sagte ich. »Machen Sie es?«
    Sie sagte, sie würde es machen, natürlich würde sie es machen.
    Es ist vielleicht nicht überraschend, daß ich mich am Abend, bevor sie kamen, dabei ertappte, wie ich durch das Haus ging und eine Inspektion durchführte. Ich glaube, ich wollte nicht, daß die Frauen (von denen mir zwei vollkommen fremd wären) etwas fanden, das sie oder mich in Verlegenheit brachte: vielleicht ein Paar von Johannas Seidenschlüpfern hinter einem Sofakissen (»Es überkommt uns oft auf dem Sofa, Michael«, hatte sie einmal zu mir gesagt, »ist dir das auch aufgefallen?«) oder Bierdosen unter der Zweiercouch auf der Sonnenveranda, womöglich sogar eine nicht gespülte Toilette. In Wahrheit kann ich Ihnen überhaupt nicht sagen, wonach ich suchte; dieses Gefühl, in einem Traum zu agieren, beherrschte meinen Verstand nach wie vor. In jenen Tagen dachte ich am klarsten an das Ende des Romans, den ich schrieb (der psychopathische Killer hatte meine Heldin in ein Hochhaus gelockt und wollte sie vom Dach stoßen), oder an den Schwangerschaftstest Marke Norco, den Jo am Tag, als sie starb, gekauft hatte, Nebenhöhlenmedizin, hatte sie gesagt. Fisch zum Abendessen, hatte sie gesagt. Und ihre Augen hatten mir nichts gezeigt, das eines zweiten Blicks bedurft hätte.
    Gegen Ende meiner ›Vor-Hausputz‹-Inspektion sah ich unter das Bett und fand ein aufgeschlagenes Taschenbuch auf Jos Seite. Sie war noch nicht lange tot, aber wenige Länder eines Haushalts sind so staubig wie das Königreich unter dem Bett, und der hellgraue Überzug, den ich auf dem Buch sah, als ich es hervorzog, ließ mich an Johannas Gesicht und Hände in ihrem Sarg denken - Jo im Königreich unter der Erde. Wurde es in einem Sarg staubig? Sicher nicht, aber -
    Ich verdrängte den Gedanken. Der Gedanke tat so, als ginge er, kam aber den ganzen Tag über zurückgekrochen wie Tolstois weißer Bär.

    Johanna und ich hatten beide Englisch als Hauptfach

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