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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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zufrieden. Die Arbeit am Henge ging zügig voran, und Katesh erwies sich als gute Mutter und Ehefrau: Sie verstand zu kochen, und seine Lederwämser waren jetzt ordentlich mit Pelz eingefaßt. Sie hätte nicht besser für ihn sorgen können, und wenn auch ihre Antwort auf seine stürmischen Annäherungen manchmal eher lau war, konnte der kleine Mann sich immer noch so an ihrem wunderbar jungen Körper erregen, daß er sich kaum etwas daraus machte.
    Nooma war oft unterwegs; manchmal mußte er einen Monat lang am Sarsen-Steinbruch kampieren. Während dieser Zeit blieb Katesh allein und kümmerte sich um ihren kleinen Grundbesitz auf dem Hügel und kam mit den anderen Frauen aus der Gegend zusammen. Viele Männer waren lange Zeit weg, während das große Werk am Henge voranschritt, und Katesh beklagte sich nie.
    Wenn er lange weg gewesen war, fragte Nooma seinen Freund Tark manchmal: »Was kann ich Katesh mitbringen, wenn ich nach Hause komme, worüber sie sich freut?«
    Tark riet ihm zu warten und brachte dann von einem Hafenbesuch ein hübsches Schmuckstück oder eine Schnur aus glänzenden Glasperlen mit, die er bei den Händlern von jenseits des Meeres eingetauscht hatte. »Frauen haben solche Dinge gern«, erklärte er. Als Nooma Katesh die Geschenke gab, glühte ihr Gesicht vor Freude, und er freute sich, daß seine Frau glücklich war. Eines Abends, es war gegen Ende des Frühjahrs, machte Nooma auf seinem Heimweg eine ganz besondere Entdeckung. Neben dem Weg talabwärts stand ein kleiner Dornbusch, dessen Wurzeln aus dem Boden herausragten, so daß man achtsam darübersteigen mußte. An diesem Abend verfing sich sein Fuß jedoch in einer Wurzel, und er stolperte. Als er sich umsah, bemerkte er einen kleinen Stein, der vorher unter der Erde gelegen haben mußte. Zu seiner Überraschung sah er, daß der kaum faustgroße graue Stein bereits bearbeitet worden war, wenn auch primitiv, doch eindeutig, und zwar in Form einer kauernden Frau mit üppigem Körper. Irgendwie gefiel ihm dieses seltsame Figürchen.
    Nooma empfand, wie dem Schöpfer des Figürchens die Wiedergabe der weiblichen Kurven und des Wesens der Fruchtbarkeit wohl gelungen war. »Der Mann, der das geschaffen hat, liebte seine Frau«, murmelte er und schob den Stein in die Ledertasche an seinem Gürtel. In einer Ecke seiner Hütte hatte er eine kleine Sammlung solcher Gegenstände – Pfeilspitzen aus Feuerstein, Speerspitzen und eigenartig geformte Steine, die er gefunden hatte. Dazu legte er nun die kleine Figur, die Hwll, der Jäger, Jahrtausende vorher von seiner Frau Akun gemacht hatte, und dort sollte sie viele Jahre bleiben.
    Während der langen warmen Sommertage wurden die ersten Steine mit gebogenem Sturz im neuen Stonehenge aufgerichtet. Das war äußerst schwierig. Die gewaltigen Steine wurden an den Rand des dafür ausgehobenen Loches gebracht, so daß sie ein Stück über die Kante hineinragten. Nun wurden sie von zweihundert Männern mit Seilen zentimeterweise hochgezogen. Ein Teil der Männer zog die Seile über einen hohen Holzrahmen, während der andere Teil hinter dem sich langsam hebenden Stein Stützpfähle einrammte. Dann rutschte er allmählich in das Loch – der größte Trilithon wurde fast zwei Meter tief eingesenkt –, und der Zwischenraum wurde mit Kalkerde aufgefüllt.
    Was das Hinaufhieven der Quersteine betraf – von denen jeder mehrere Tonnen wog, die man sechs Meter heben mußte –, so wußten die Arbeiter zunächst nicht, wie sie das zuwege bringen sollten. Nooma hatte sogleich eine Lösung. »Es ist ganz einfach«, erklärte er. »Baut ein Holzgerüst unter den Querstein und richtet es auf.« Er führte ihnen seine Idee mit einem Kiesel und ein paar Zweigen vor. »Wir heben den Stein an einem Ende mit Hebeln und schieben einen Holzbalken darunter. Genauso am anderen Ende. Dann legt ihr zwei Balken quer darüber, so daß ein Viereck entsteht. Jetzt hebt ihr den Stein weiter mit Hilfe der Querbalken. Das wiederholt ihr immer wieder und sichert dabei das Gerüst darunter mit Seilen.« Seine geschickten Finger demonstrierten das Prinzip mit dem Kiesel und den Zweigen so, daß die Arbeiter es verstanden. »Wenn das Gerüst ebenso senkrecht steht wie die aufrechten Blöcke, legen wir den Querstein darüber.« Unter Noomas Aufsicht nahm die Arbeit ihren Fortgang. Zur Sonnwendfeier standen bereits zwei der größten Trilithen in der Mitte des Henge.
    Niemand konnte sich erinnern, je eine so gute Ernte wie in diesem Jahr

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