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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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gesehen, und zum erstenmal seit Monaten lächelten sie wieder. In dieser Nacht jedoch hörten sie einen neuen Laut: das unheimlich durchdringende Heulen der Wölfe im Wald. Und sie drängten sich furchtsam aneinander.
    Am nächsten Tag, nachdem sie den ganzen Morgen gewandert waren, sah Hwll ihren Weg nach Süden durch einen breiten Wasserstreifen blockiert, und auf der anderen Seite sah er Land. Besessen von der Idee südlicher Länder sagte er: »Das ist das Südmeer.« Doch Akun schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es ist ein Fluß«, entgegnete sie. Und so war es auch. Sie hatten die Themse-Mündung erreicht. Zwei Tage lang folgten sie dem Flußlauf landeinwärts; mit dem selbstgebauten Floß konnten sie übersetzen. Dann führte Hwll seine kleine Schar wiederum nach Südosten.
    »Falls es überhaupt einen Weg hinüber gibt«, sagte er, »ist er sicher hier.«
    Wenn das Land, das Dover mit Frankreich verbunden hatte, nicht schon weggeschwemmt gewesen wäre, hätte er recht gehabt. Sechs Tage danach erreichten sie die hohen Kreideklippen der Südostspitze der Insel. Diesmal sahen sie, wonach sie Ausschau gehalten hatten: Am Horizont ragte die klare Kontur des breiten grauen Küstenstreifens des europäischen Festlandes auf. Da war es – jedoch unerreichbar. Hwll und Akun blickten wie gebannt über den Englischen Kanal und sprachen kein Wort. Zu ihren Füßen fielen die Kreideklippen senkrecht etwa sechzig Meter ab, und in der Tiefe prallten die stürmischen Wasser des Kanals gegen die Küste.
    »Jetzt bin ich ganz sicher…«, begann er.
    Akun nickte. Die fernen Ufer führten zu den warmen südlichen Ländern, und die heimtückisch aufgewühlten Wasser da unten waren der Grund dafür, daß sie sie nicht erreichen konnten. »Wir können nicht weiter nach Süden gehen«, sagte sie leise, »und wir können nicht allein jagen. Wir müssen andere Jäger suchen.«
    So war es. Und doch… Hwll spitzte die Lippen. Selbst im Augenblick der Niederlage arbeitete sein waches Gehirn an neuen Plänen. Sie waren der Ostküste südwärts gefolgt, und er wußte mit Sicherheit, daß diese Richtung vom Wasser blockiert war. Gab es vielleicht doch noch eine Landbrücke weiter westlich? Er wollte diese Hoffnung nicht aufgeben. Und wenn sie auch keine Landbrücke im Westen fanden, würden sie vielleicht wenigstens auf Jäger stoßen. Auf jeden Fall wollte er Hochland erreichen. Wenn wieder eine Flut kam – wer weiß, wieviel Land sie noch verschlingen würde? Er wollte nicht in den Niederungen davon überrascht werden, sondern sich auf die sicheren Berge zurückziehen. Nach Hwlls Entscheidung wanderten sie weitere zwanzig Tage ständig nach Westen, an den Klippen aus Kreide und Schotter entlang, immer das Tosen der See zur Linken. Am zweiten Tag tauchte die ferne Küstenlinie auf der gegenüberliegenden Seite in den Horizont ein und verschwand bei Einbruch der Nacht völlig. Sie sahen sie nie wieder. Südbritannien, wohin Hwll nun wanderte, bestand aus drei Hauptformationen: Wasser, Schwemmland und sanften Kreidehügeln, teilweise mit Baumbestand. Im Schwemmland unten dehnten sich riesige warme Wälder und Marschen.
    Endlich gab es ermutigende Anzeichen dafür, daß andere Jäger denselben Weg vor nicht allzu langer Zeit gegangen waren. Zweimal stießen sie auf gerodete Plätze zwischen den Bäumen und auf Reste von Feuerstellen. Einmal entdeckten sie einen zerbrochenen Bogen. »Bald finden wir sie«, versprach Hwll.
    Nach drei Wochen kam etwas in Sicht, das den Kurs des letzten Wanderabschnitts festlegte. Es war die Mündung eines breiten Flusses, der sich majestätisch von Westen her auf sie zuwälzte, so breit und tief, daß sie Ufer landeinwärts folgen mußten. An dieser Stelle lief er fast parallel zur Küste, und als sie an ihm entlanggingen, konnten sie immer noch die Klippenlinie ein paar Meilen weiter südlich sehen. Später an diesem Tag entdeckte Hwll, was er befürchtet hatte: Fünf oder sechs Meilen nach Süden war die Linie der Klippen unterbrochen. Das Meer hatte eine Bresche hineingeschlagen, eine Vertiefung gebildet und einen großen Teil der Niederung zwischen der Küstenlinie und dem Fluß überflutet. Er erschrak.
    »Siehst du«, erklärte er Akun, »das Meer ist durch die Klippen gekommen. Es bricht überall ein. Das Meer hat nicht nur uns abgeschnitten, ich glaube, daß es vielleicht alle Klippen niederreißt und das ganze Land verschluckt. Deshalb müssen wir Hochland finden.« Er hatte recht. In den folgenden

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