Satt Sauber Sicher
Vor der Vorstellung der Realität. Zu schwach für die reale Präsentation von Echtheit. Zu schwach auch die Einzelperson, die dies alles ertragen muss.
Aber auch er muss in sein Handy schreien. Schreit wen auch immer an. Einer ist ja immer dran. Meist fette Typen, die aussehen wie aufgeplatzte Bratwürste. Der Roland muss den Bratwürsten erzählen, was hier an der Finanzbasis so geht. Die Bratwürste, die meistens Frauen mit dünnen Pommesfingern und surrealistischen Melonentitten haben, antworten stumpf kauend oder Zigarre rauchend die Handlungsstrategien für Roland ins Telefon. Der Roland muss dann danach arbeiten. Muss die Notierungen angucken. Dann kurz zum Klo und Speed durchs Gesicht wegen Nächten ohne Schlaf, weil der Job Menschen frisst. Und ausspuckt. Das sieht dann aus wie Roland. Jobkotze. Die Verdauung des Kapitalismus sind missbrauchte Menschen. Ansterbend durch das, was sie täglich tun müssen. Roland weint, aber nur innen. Versklavt ist er. Deswegen weint er. Schlimm auch, dass er mit dem Wissen lebt, versklavt zu sein und keinen direkten Ausweg parat hat. Wohin auch? Was kann der Roland denn noch? Den Müll runter bringen? Ein Fahrrad reparieren? Einen Garten bauen? Nichts davon ist hier relevant.
Ständig vibrieren Rechenexempel vor seinem geistigen und vor seinem realen Auge. Weil sein geistiges Auge irgendwann von dieser Scheiße zertrümmert worden ist und dadurch kaputtgeblindet wurde, übernimmt seine Realsehschärfe nunmehr alle Guckjobs, also auch die, die beantworten sollen: Wie geht's mir eigentlich noch außer schlecht? Also von innen sich angucken, geht gar nicht mehr außer aus massiver Distanz provoziert durch Drogen. Innehalten, Maschine stoppen wäre mal wichtig, um nicht emotional ausgelutscht zu werden. Ausgelutscht von der dicken Zunge des Kapitalmarktes. Die wühlt sich durch die Seelen, rotiert wild durch Innereien und wird zur emotionalen Kettensäge. Zu stoppen ist das nicht. Keine Zeit zum Innehalten. Roland benötigt seine ganze Kraft, um den Bratwurstinfos zu folgen und um einfach nur weiterzuleben im Sinne von Atmen und Rumstehen.
Geld flattert, das Börsenparkett erzittert, in der Dritten Welt brechen Wirtschaften zusammen. Ökologie, da scheiß ich einen dicken Haufen drauf. Das System rechtfertigt sich selbst. So geht's hier ab. Tränen bedeuten hier nichts, Menschen schon mal gar nicht, alles in dieser Welt ist austauschbar. Und hier gibt es keine Müdigkeit. ... und ab und zu zwinkert die Hölle durch die Fugen des Parketts. Die ist direkt unter dem Börsenboden. Milliarden Grad heißes Feuer, das vernichten will, alle haben will, nichts zurücklassen will außer grauer, muffiger Asche. Roland denkt sich die Hölle als einen Ort der Revolte. Wenn irgendwas kommt zum Kaputtmachen, dann kommt es von unten.
Im Inneren Rolands: In direkter Nachbarschaft zu einem Magengeschwür in Mäusekopfgröße hat sich unbemerkt vom Inhaber dieses Gesamtkörpers ein Krebsgeschwür am Darm verankert. Es wuchert. Jede Scheiße, die in Roland vorgeht, ist Nahrung für die Krankheit. Krankheit fressen Körper auf. Langsam und mit Genuss wird Roland von innen ausgesaugt. Krebsdinner Mensch.
Lecker Leber, lecker Lunge, nicht so lecker das Gehirn, das immer so kaputte Gedanken hat. Wird aber auch dran gefressen. Roland merkt das nicht, dass sich sein Körper von sich selbst ernährt, während er sich nur von Kaffee, Zigaretten und minderwertiger, vitaminloser Kotze ernährt. Diese isst er meistens stehend und schnell und aggressiv schluckend. Rauchen macht manchmal die Unsicherheit weg. Also hat der Roland ab und zu Zigaretten im Gesicht, die ihm aber eigentlich ziemlich stinken. Sein dünner Körper kann mit diesem ganzen Scheiß nicht umgehen.
Irgendwann ist eine kurze Pause für den Roland und er sitzt mit vier Kollegen am Tisch und es wird laut geredet. Tolle Pause. Der belanglose Gedankenaustausch nervt im Angesicht der Bitterkeit der Realität. Realität tötet, weiß Roland. Aber dem Tod in die Augen zu sehen, war schon als Kind ein Abenteuer.
Sabine, Lars, Hendrik und Jörg vergnügen sich in schändlichster Weise mit ihren Verbalismen. Aus den Mündern kommen nur ungesunde Worte. Roland lauscht, während Sabine ihre sexuelle Not kundtut und sich über ihr Ungeficktsein aufregt: "Also, ich brauch mal wieder 'nen richtigen Mann für zwischendurch zwischen die Beine, so einer, der in drei Minuten alles gibt und sich dann in seine Bestandteile Penis und Knackarsch auflöst.
Weitere Kostenlose Bücher