Satt Sauber Sicher
geht einige rettende Schritte. Unbewusst, aber ihn entfernend aus der öligen Brutzelpfanne Satans. Der aber macht sich nichts draus, denn diese Seele hat er eh schon doppelt. Sammler sind schon verrückte Leute.
Der Moment hat Roland verändert, aber er ist sich noch nicht des Ausmaßes der Veränderung bewusst. Er geht erst mal weg. Weiter weg. Ein weiter Weg. Von sich weg. Nach Frankfurt rein. S-Bahn zum Bahnhof. It's a kind of strange walking. Füße tragen nur den Körper, nicht das Schädelportal. Der Kopf steuert nichts. Unterbewusst kommt Unbewusstes. Rolltreppe runter. Das Gefühl im Gewühl macht kein Gefühl. Anzug tragende Systemkonformisten.
Reden Mist und riechen nicht nach Mensch. Die Frauen schon gar nicht. Nachgezeichnete Augenbrauen für den Höhepunkt der künstlichen Optik.
Dem Roland fällt eine H&M-Werbung auf, die ein Model im Bikini zeigt. Die Brüste des Models wirken eingeklemmt und scheinen um Hilfe zu schreien. Freiheit, verdammte Freiheit. Daneben geht es um Schokolade und daneben um Fleisch und daneben um Medizin. Roland sieht sich im Geist mit einem Maschinengewehr den Bahnsteig blutig spülen. Zerfetzt Körper und spaltet Schädel. Arme fallen ab. Knietief in Menschenblut watet der Roland und erwartet nichts mehr außer noch mehr Blut. Das Gewehr rattert und spült die Gedankenfetzen der Gleichgültigkeit auf die Schienen. Die Struktur der Gleichgültigkeit ist wie rosa-gelbes Gehirnblut. Das kommt aus den Leuten raus, wenn Roland in sie Munition schießt, und ergießt sich fröhlich färbend in die Welt. Das selbstgerechte Pack verreckt an Ort und Stelle und blutet aus. Roland lächelt. Kurz und schmerzverzerrt.
Inside S-Bahn. Dort etwas mehr zu sich kommen. Das ist gefährlich. Aber es geht und Roland tut das. Kommt zu sich und kann ein wenig unferngesteuert und unbescheuert denken.
Okay, das monotone Surren der Bahn macht ein wenig Ruhe im Kopf. Es flackert rhythmisch. Roland braucht Hilfe. Das weiß er. Medizinische Hilfe. Fachkompetenz in Sachen Heilkunde. Retten würde ihn auch Liebe, weiß er, aber die ist weiter weg als der Planet Pluto. Die Liebe. Wo die wohnt, ist kein Mensch. Kein Mensch, den Roland näher kennt, strahlt so etwas wie Liebe aus. Tief geht er in sich. Wieder so was wie Autismus, nicht ganz so krass wie der Moment. Er schaltet ab. Sich ab. Als sei er ein heiß gelaufener Kernreaktor, der grad noch mal so die Kurve vor dem Super-GAU geschafft hat. Die Betonwände Rolands haben erhebliche Risse.
Es ist zu spät für einen Arzt heute. Vielleicht sogar überhaupt zu spät? Der Arzt muss warten, Roland muss warten, denn der Arzt ist schon auf dem Golfplatz oder auf der Swingerparty mit den Kollegen. Den Arztbesuch, das will der Roland morgen in Ruhe tun. Also fährt er relativ zielgerichtet heim. Noch zwei Stationen, dann ist Wohnen, denkt der Roland und entscheidet sich sehr bewusst für ein anderes Leben, weiß nur noch nicht welches.
Roland kommt zu Hause rein, es riecht noch wie am Morgen. Der Duft von Sorgen und Kummerdreck liegt in der Luft, der Gestank eines ungesunden Lebensstils, notdürftig mit Parfüm und Deodorant verdeckt, aber wehe man sprüht nix drüber, dann erkennt man sofort den Loser darunter. Roland holt sich ein Glas Wasser, trinkt das auf und geht ins Schlafzimmer. Dort ist Angst über dem Bett. Unsichtbare Angst schwebt übrigens in allen Räumen. Roland überlegt, was ihm wohl ein Arzt raten würde. Bestimmt Urlaub oder Psychotherapie. Gesprächstherapie. Mit bebrillten Seelenerkennerinnen um die vierzig auf Edeldesignersofas rumhängen und Alltag und Kindheit reflektieren. Dann 'ne Dose Pillen und 'ne Handvoll Hoffnung und weiter geht's Richtung Ende gut. Fragt sich, ob er so was kann, der Roland. Über seine Kindheit sprechen. Überlegt, was für ein Kind er war. Ziemlich unauffällig eigentlich. Bisschen dünn vielleicht und ein bisschen zu klein. Aber wenn man Anzug trägt, vergisst man die kleine Dünnheit von einst schnell. So geschehen auch bei Roland. Er überlegt, ob irgendetwas außergewöhnlich an seiner Kindheit war. Ja, das war sie. Außergewöhnlich normal für da, wo er aufwuchs.
Er erinnert sich an Sommertage und ein Dreirad. Seine Familie gehört der typischen Arbeiterklasse an. Kein Intellekt. Drei Fernsehprogramme. Das Erziehen erst noch lernen, und bis man da was drüber weiß, kann man ja erst mal draufhauen, wenn die Brut nervt. Roland erinnert sich an Küchengeräte, die seinem nackten Arsch rot
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