Saubere Verhältnisse
Brick, meine Haushaltshilfe, ich habe dir von ihr erzählt.«
»Ah, ja.«
Helena lächelte wie eine herzliche Gastgeberin.
»Bernhard hat gesagt, Sie seien so tüchtig. Eine richtige Perle, nicht wahr, Bernhard?«
»Nora kümmert sich perfekt um das Haus. Du siehst selbst, wie sauber es ist.«
»Ich bin froh, daß Sie sich um Bernhard kümmern«, sagte Helena und legte ihre Hand auf Yvonnes Arm.
Yvonne schluckte und nickte. Die Kleider klebten an ihrem verschwitzten Körper. Sie nahm den Geruch wahr, der von ihrem Unterleib aufstieg, und sie war sicher, daß auch Helena, die jetzt ganz nah bei ihr stand, ihn roch.
»Aber einen Kaffe können wir doch trinken?« rief Bernhard. »Nora, könntest du …?«
Yvonne stürzte geradezu in die Küche, dankbar, verschwinden zu können.
Aber Helena ließ sie nicht so leicht gehen. Als sie die Kaffeelöffel für den Filter der Kaffeemaschine abzählte, hatte sie ein unangenehmes Gefühl, und als sie sich umdrehte, merkte sie, daß die blauen Augen sie beobachteten.
»Ich habe bemerkt, daß Sie zwischen den Lamellen der Jalousie abgestaubt haben«, sagte Helena leise, als ob es ein Geheimnis zwischen ihnen wäre. »Das gefällt mir. Das machen heute nicht mehr viele. Sie sollten mal sehen, wie sie im Gefängnis putzen. Da wird einem übel. Aber Sie sind ein Profi, Nora.«
»Ich mache es so gut ich kann«, murmelte Nora und wußte plötzlich nicht mehr, wie viele Maß Kaffee im Filter waren.
»Sehr gut. Bernhard ist sehr zufrieden mit Ihnen, das weiß ich.«
Yvonne drückte auf den Knopf der Kaffeemaschine, holte ein paar Kekse hervor, die sie vor Weihnachten gebacken und eingefroren hatte und legte sie in die Mikrowelle. Dann deckte sie im Wohnzimmer für drei Personen und sagte:
»Ich muß jetzt gehen. Der Kaffee ist gleich fertig. Wiedersehen.«
Und ohne sich um Bernhards Proteste zu kümmern, lief sie in den Flur, nahm ihren Mantel und ging. Sie hörte gerade noch Bernhards Stimme, als er ihr hinterherrief:
»Du kommst doch am Donnerstag wie immer, Nora? Du kommst doch?«
21
Yvonne drehte den Wasserhahn bis zum Anschlag auf und hob das Gesicht mit geschlossenen Augen in Richtung Duschkopf. Es war wunderbar, alles wegspülen zu können. Die klebrige, zähe Begierde, den Blick der blauen Augen, die elende Scham.
Was für ein Wahnsinn! Helena Ekberg hatte schon einmal ihren Mann im Bett mit einer anderen Frau gefunden, was sie zu der Handlung veranlaßt hatte, für die sie eine langjährige Gefängnisstrafe absaß. Und als sie nun, nach zwei Jahren wieder ihr Haus betritt – was ist das erste, das sie sieht? Ihr Mann wälzt sich mit einer anderen Frau im ehelichen Bett!
Was sie da wohl dachte, die Frau mit den blauen Augen? Yvonne erinnerte sich an das, was Bernhard gesagt hatte: »Es dauert sehr lange bei ihr, bis sie explodiert, aber dann um so heftiger.«
Na, Yvonne würde sich fernhalten. Sie hatte sich vorgenommen, bei ihren Studien im Orchideenweg 9 eine Pause einzulegen. Gab es eigentlich noch mehr zu entdecken? Sie war so weit in den Vorort eingedrungen, wie es nur möglich war. (Genau genommen, dachte Yvonne, war der Vorort sogar in sie eingedrungen.)
Die Liebe zu Bernhard war noch da, unbeschadet und unverdorben, konstatierte sie beinahe erstaunt. Aber sie wußte jetzt, was für eine Art Liebe es war, und worin sie ihren Ursprung hatte. Unmöglich, destruktiv. Liebe, die aus einer muffigen Quelle sickerte. Das ungesunde Bedürfnis nach Bestätigung und Aufmerksamkeit, verwandelt und verschönert zu Verliebtheit.
O Gott, warum hört das nie auf, dachte Yvonne und ließ das Wasser die Tränen aus dem Gesicht spülen.
Immer wieder mache ich Dinge, die nicht gut für mich sind.
Es war, als hätte jemand einen Computer-Virus in ihr Gehirn programmiert, unsichtbar, unerreichbar, und hin und wieder tauchte er auf, aber nach einem Muster, das sie nicht entschlüsseln konnte. Wer? Wer wollte ihr übel mitspielen?
Ich bin krank, dachte sie.
Und da merkte sie, daß sie es wirklich war. Physisch krank. Sie war so unglaublich müde. Die Beine trugen sie fast nicht mehr den kurzen Weg vom Badezimmer ins Bett. Der Hals war trocken und brannte, es stach in der Brust, wenn sie atmete. Und diese unendliche Müdigkeit!
Sie schlief im Bademantel ein und wachte nach ein paar Stunden fieberheiß wieder auf.
»Grippe«, sagte Jörgen, als er nach Hause kam. »Diese asiatische Grippe. Die macht jetzt die Runde.«
Am Mittwoch hatte sie vierzig Grad Fieber. Sie rief
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