saved by an Angel
waren nun auf der Lichtung und er erkannte hinter der feuchten Wand von Bäumen die Gleise. Als sie auf die Brücken zurannten, wurden die hohen Stimmen immer schriller und lauter, die leisen tief und erbost.
»Dämonen«, sagte Will zitternd, als sie die Brücke erreichten. »Wir hören Dämonen.«
Als sich Gregory auf sie stürzte, machte Ivy kehrt und rannte los. Auf der schmalen Brücke kam sie nicht an ihm vorbei. Sie sah die Scheinwerfer des Zugs auf sich zukommen, wie kleine Sonnen, die den Nebel aufhellten, raste er zwischen den Bäumen nahe der Brücke hindurch. Sie schaffte es nicht rechtzeitig auf die andere Seite - sie war nicht schneller als der Zug. Doch sie konnte nicht umdrehen. Sie hatte Philips rote Jacke. Wenn sie sie schwenkte, sah der Lokführer sie vielleicht.
Gregory kam näher. Wieder ertönte das Pfeifen und Gregory lachte. Er war nur knapp hinter ihr, lachte und lachte, als würden sie im Park Fangen spielen. Er war wahnsinnig! Ihm war alles egal; er würde mit ihr sterben, Hauptsache, es gelang ihm, sie umzubringen. Er kam mit jedem Schritt näher - sie konnte ihn aus dem Augenwinkel sehen. In ihrer Verzweiflung warf Ivy Philips Jacke hinter sich auf die Gleise. Sie flatterte durch die Luft und wickelte sich um Gregorys Beine. Gregory stolperte. Sie drehte sich um und sah ihn fallen.
Ivy rannte weiter. Sie hörte das lange Rattern des Zuges und rannte so schnell sie konnte darauf zu. Wenn sie genug Abstand zu Gregory gewann, könnte sie sich irgendwo festklammern und von der Brücke herunterbaumeln lassen.
»Engel, helft mir!«, betete sie. »Ach, Engel, helft ihr mir? Tristan? Wo bist du?«
»Hier, Ivy! Ivy, hier!«
Stimmen umkreisten sie und riefen nach ihr. Sie lief langsamer. Hörte sie bloß Echos in ihrem Kopf, hielt ihr verschreckter Geist das Geräusch des Windes für Stimmen? Mit einem schnellen Blick stellte sie fest, dass auch Gregory, der sich aufgerappelt hatte, stehen geblieben war und einen Moment lauschte, sein Gesicht glänzte vor Schweiß, seine Augen waren weit aufgerissen, man sah das Weiße um die grauen Pupillen.
Plötzlich hörte Ivy deutlich eine Stimme. »Ivy.«
Sie erkannte sie. »Will!«, rief sie.
Er rannte auf dem Gleis der alten Brücke parallel zu ihr und rief nach ihr. Die anderen Stimmen wurden lauter und eine dunkle Angst überkam sie. Es ist dein Trick, dachte Ivy. Es gehört alles zu Gregorys Plan.
Inzwischen rannte Gregory wieder hinter ihr her und Ivy hetzte weiter.
Will raste mit unglaublicher Geschwindigkeit über die zweite Brücke. Er hatte sie eingeholt und war ihr drei Schritte voraus, als er das Ende der alten Brücke erreichte.
»Ivy!«, schrie er. »Ivy, hierher! Spring!«
Sie starrte über den zweieinhalb Meter breiten Spalt zu ihm hinüber. Um sie herum riefen und plauderten Stimmen, die hohen hallten in ihrem Kopf wider und machten sie froh, die tiefen stürzten sie in Verzweiflung.
»Spring!«, brüllte er und streckte ihr beide Hände entgegen.
Selbst wenn er sie auffing, könnte er immer noch über den Rand stürzen. Sie würde sie beide umbringen.
»Ivy, spring!« Es klang wie Tristans Stimme.
»Ivy, spring. Ivy, spring«, höhnte Gregory. Er war stehen geblieben. Er lief nun auf den Gleisen rückwärts, taxierte sie, drehte sich zu der Lichtung, wo der Zug jede Sekunde auftauchen würde, sein Gesicht war gerötet und aus seiner Nase rann Blut.
Seine Augen leuchteten - strahlend, triumphierend, wahnsinnig.
»Tristan!«, rief Ivy.
»Er ist hier«, erwiderte Will. »Er wird uns helfen.«
Doch sie fühlte ihn nicht in ihren Gedanken und sie sah ihn nicht in Will leuchten. »Wo?«, schrie sie. »Wo?«
»Wo, wo?«, höhnten die tiefen Stimmen. Der Zug donnerte auf die Brücke.
»Tristan, wo bist du?«, schrie Ivy.
»Reich ihr die Hand, Will. Reich ihr die Hand!«
Will streckte ihr die Hand entgegen und Ivy sprang.
Für einen Moment schimmerte ein goldener Bogen zwischen den beiden Brücken und stützte Ivy und Will. Dann fielen sie auf die alten Gleise und klammerten sich verzweifelt fest, um nicht herunterzufallen.
Der Zug raste auf die neue Brücke und Gregory rannte auf das Ufer zu. Ivy und Will richteten sich auf und brüllten sich die Seele aus dem Leib, um den Zug zum Halten zu bringen. Ihre Stimmen wurden jedoch von einer immer größer werdenden Welle dunklen Geplappers ertränktes war ein geheimnisvolles Grollen von Stimmen, die so tief waren, dass sie von einem Ort zu kommen schienen, an dem nichts
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