Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk
verheerendes Feuer vorübergehend außer Betrieb gesetzt worden wäre. Und so kam es, daß Mr. Egg nach einem schlechtgekochten und unverdaulichen Abendessen in diesem muffigen, staubigen Hotelzimmer lag, das weder elektrische Beleuchtung noch eine Kerze auf dem Nachttisch aufzuweisen hatte – so erbärmlich war die Bedienung.
Während Mr. Egg allmählich zum vollen Bewußtsein zurückkehrte, versuchte er sich die Situation zu vergegenwärtigen. Wie er wußte, lagen an diesem isolierten Korridor nur drei Zimmer; sein eigenes in der Mitte; Nr. 8 zu seiner Linken beherbergte den alten Waters von der Limonaden- und Zuckerwarenfabrik Brotherhood Ltd.; Nr. 10 zur Rechten bewohnte ein untersetzter Mann namens Pringle, der in Schmucksachen reiste und sich am Abend zur Bewunderung aller Zuschauer mit einer zweifelhaften Makrele und mit halbgarem Schweinefleisch vollgestopft hatte. Dicht hinter dem Kopfende von Montys Bett ließ das volltönende, rhythmische Schnarchen des alten Waters die dünne Zwischenwand vibrieren, als führe ein Lastauto am Haus vorbei. Also mußte es Pringle sein, der diese Geräusche produzierte, und Makrelen und Schweinefleisch waren höchstwahrscheinlich die Ursache.
Das Gebrüll hatte aufgehört; jetzt waren nur noch ein paar schwache Grunzer vernehmbar. Er kannte Pringle nicht, und der Mann war ihm nicht sonderlich sympathisch. Aber vielleicht war er wirklich krank. Da mußte man schon anstandshalber einmal nachsehen.
Widerstrebend schwang Monty seine Beine über den Bettrand und schob seine Füße in die Pantoffeln. Ohne erst lange nach Streichhölzern zu suchen und die Gaslampe mit dem zerbrochenen Glühstrumpf am anderen Ende des Zimmers anzustecken, tastete er sich im Dunkeln zur Tür und trat in den Korridor. Dort brannte eine trübe Gaslampe, die ein irreführendes Gemisch von Licht und Schatten auf die beiden knarrenden Stufen warf, die zum Hauptkorridor führten.
In Nr. 8 schnarchte der alte Waters ungestört weiter. Monty wandte sich nach rechts und klopfte an die Tür von Nr. 10.
»Wer ist da?« fragte eine erstickte Stimme.
»Ich – Egg«, erwiderte Monty und drehte den Türknopf, aber die Tür war verschlossen. »Geht es Ihnen nicht gut? Ich hörte Sie stöhnen.«
»Tut mir leid«. Das Bett knarrte, als ob sich der Sprecher aufrichtete. »Habe schlecht geträumt. Verzeihung, daß ich Sie gestört habe.«
»Macht nichts«, sagte Mr. Egg, erfreut, seine Diagnose bestätigt zu finden. »Kann ich wirklich nichts für Sie tun?«
»Nein, danke, alles in Ordnung.« Mr. Pringle schien den Kopf wieder in den Decken vergraben zu haben.
»Dann gute Nacht.«
Mr. Egg schlüpfte zu seinem Zimmer zurück. Das Schnarchen in Nr. 8 nahm an Heftigkeit zu und endete plötzlich, als er seine Tür wieder abschloß, mit einem wilden Laut. Dann herrschte Ruhe. Monty hätte gern gewußt, wie spät es war. Während er in seinen Manteltaschen nach Streichhölzern suchte, schlug eine Uhr mit einem wohlklingenden, vibrierenden, milden Ton, der aus einer ziemlichen Entfernung zu kommen schien. Er zählte zwölf Schläge. Im Hotel rührte sich nichts. Unten auf der Straße fuhr ein Auto vorbei. Das Schnarchen in Nr. 8 begann von neuem.
Mr. Egg legte sich auf seine unbequeme Matratze und versuchte wieder einzuschlafen. Er verabscheute es, aus seinem ersten, tiefen, köstlichen Schlaf gerissen zu werden. Dieser vermaledeite Waters! Während er schlaftrunken auf das Schnarchen lauschte, begann er allmählich einzuschlummern.
Klick! Eine Tür im Korridor hatte sich geöffnet. Dann kamen schleichende Schritte, unterbrochen von einem Knarren und einem Stolpern. Jemand war auf den beiden schlechtbeleuchteten Stufen gestrauchelt. Mit einer gewissen grimmigen Befriedigung kam Monty zu dem Schluß, daß die Makrelen und das Schweinefleisch Mr. Pringle letzten Endes doch von seiner Lagerstätte getrieben hätten.
Und dann versank Monty ganz plötzlich in tiefen Schlaf.
Um sechs Uhr erwachte er von einem Klappern im Korridor und einem Hämmern an der Tür von Nr. 8. Zum Teufel mit Waters, der mal wieder einen frühen Zug erreichen mußte. Er hörte das Zimmermädchen nebenan kichern. Der alte Waters hatte es faustdick hinter den Ohren, aber Mr. Egg wünschte, er würde seine Galanterien für eine passendere Zeit aufsparen. Tapp, tapp, an der Tür vorbei; Knarren, Stolpern, Fluchen – Waters auf dem Weg zum Badezimmer. Himmlische Ruhepause! Stolpern, Knarren, Fluchen, tapp, tapp, bums – Waters kehrt aus dem
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