SB 119 – Der Terraner
den Tischen auf der anderen Seite des Balkens. Rhodan stellte sein Glas auf eine automatische Quelle, arretierte es und gab seine Bestellung auf. Das Glas wurde gespült, sterilisiert und erneut gefüllt.
Rhodan beobachtete den jungen Arkoniden und dachte an Atlan. War sein alter Freund und Kampfgefährte überhaupt noch am Leben?
Der jüngere Mann schien die Blicke zu spüren, denn er wandte sich um. Nach einem Augenblick des Zögerns kam er auf Rhodan zu. Zweifellos hatte er eine Pigmentmanipulation durchführen lassen, denn seine Haut schimmerte in sattem Gelb. Auch die Muskelpakete, die sich unter seinem Hemd spannten, erschienen Rhodan an diesem hageren Körper unpassend und übertrieben, vermutlich waren es implantierte Zellkulturen.
»Gefalle ich dir?«, fragte der junge Arkonide.
»Schwer zu sagen«, antwortete Rhodan. »Ich kenne dich nicht, und ich mache mir keine Gedanken über dich.«
»Ich bin Miron.« Er sprach akzentfreies Interkosmo, sodass jeder ihn für einen Terraner halten konnte. Vielleicht lag ihm sogar genau daran.
»Ich bin Perry Rhodan«, sagte Rhodan spontan.
Miron verzog das Gesicht. »Was für ein blöder Witz. Bestellst du mir ein Glas? Ich habe kein Konto in der hiesigen Zentrale.«
Eine der beiden Frauen kam den Kontaktbalken entlang. Ihrem Gesichtsausdruck war deutlich zu entnehmen, dass sie sich mindestens für einen halben Realitätsentzug entschieden hatte. Obwohl Rhodan wusste, dass so etwas in den Treffpunkten dieses Stadtteils keine Seltenheit war, fühlte er sich merkwürdig berührt, fast schockiert. Von den Tischen klang Gelächter herüber; ein Robotunterhalter brachte eine Gruppe von Touristen, die alle das Mars-Emblem an ihren Hemden trugen, allmählich in Hochstimmung.
Alle in diesem Treffpunkt scheinen auf etwas Bestimmtes zu warten, dachte Rhodan verschwommen, sich durchaus bewusst, dass er seine eigene Haltung auf andere übertrug. Er nippte an seinem frisch gefüllten Glas und stellte fest, dass der Wein ein anderes Aroma hatte; die aufmerksame Quelle hatte ihm den Alkoholgehalt entzogen, um dem Kunden nicht zu schaden.
Die Frau streckte einen Arm aus und stieß Rhodan mit dem Finger gegen die Brust. »Ich beobachte dich schon einige Zeit«, gestand sie. »Wartest du auf jemanden?«
»Nein«, erwiderte Rhodan wahrheitsgemäß. In Gedanken fügte er hinzu: Jedenfalls nicht hier!
Warum haben die Dinge aufgehört, sich zu bewegen?, fragte er sich. Seit seiner Rückkehr mit der BASIS hatte sich nichts ereignet, was bedeutsam erschien. Die Orbiter waren zu Verbündeten der Menschen geworden. Sie alterten und würden eines Tages tot sein. Dann stand der Menschheit die große Flotte der Keilschiffe zur Verfügung.
Warum meldete ES sich nicht?
Warum schwiegen die Kosmokraten?
Was war mit der Prophezeiung von ES, dass er, Perry Rhodan, bald überall sein könne?
Vor wenigen Tagen hatte Rhodan mit Jen Salik über diese Fragen gesprochen, die ihn immer stärker beschäftigten. Dabei hatte er Salik allerdings verschwiegen, dass eine bestimmte Furcht in ihm wuchs – die Furcht, von der Weiterentwicklung ausgeschlossen worden zu sein.
Salik hatte ihn zwar zur Geduld gemahnt, dabei aber ratlos gewirkt.
Was will ich eigentlich hier?, fragte sich Rhodan. Vergessen oder Antworten finden?
»Du irritierst mich«, hörte er die Stimme der Frau. »Du bist weder ein Tourist noch ein Bürger dieser Stadt. Ich vermute, dass du ein Raumfahrer bist.«
Miron kicherte. »Er denkt, dass er Perry Rhodan sei.«
Die Augen der Frau weiteten sich. »Hast du heimlich dein Persönlichkeitsmuster ändern lassen?«
Rhodan schluckte. »Ist das möglich?«
»Wenn du genügend Geld hast, ist alles möglich.«
Rhodan ging nicht weiter darauf ein. Unter der Oberfläche jeder Gesellschaft, die einen mehr oder weniger intakten Eindruck machte, gab es offenbar Dinge, die nicht in das offizielle Bild passten.
Am Eingang des Treffpunkts entstand ein Geräusch. Zwei Männer kamen herein, und obwohl sie sich wie Menschen bewegten, die nichts anderes als ihr Vergnügen im Sinn hatten, erkannte Rhodan, dass es sich um Roboter handelte. Vermutlich war er der Einzige, der die Ankömmlinge auf Anhieb identifizieren konnte. Er seufzte.
»Es hat den Anschein, dass ich nun gehen muss«, sagte er zu Miron und der Frau.
Sie hielt ihn am Arm zurück und drängte sich an ihn. »Warum?«, protestierte sie. »Ich würde dich gern kennenlernen, denn ich mag melancholische Männer. Sagst du mir, wie alt du
Weitere Kostenlose Bücher