SB 122 – Gefangene der SOL
Kommandant Maso hatte ihm das Kommando über die HIAKLA übertragen, aber noch befand sich das kleine Beiboot im Hangar des Flaggschiffs.
Plaquet gab sich allerlei Hoffnungen hin. Der Abwehrschlag der Festung konnte erfolgen, bevor sich das Flaggschiff bis auf günstigste Distanz genähert hatte. Oder die JÄQUOTE bekam Schwierigkeiten mit dem Triebwerk. Vielleicht öffnete sich das Weltall und riss alle miteinander in ein fremdes Universum. Irgendetwas jedenfalls. Plaquet war gewillt, selbst den nichtigsten Anlass als Entschuldigung dafür zu nehmen, warum er diesen selbstmörderischen Auftrag nicht ausführen konnte.
Voller Unglauben blickte er auf das groteske fremde Gebilde, eine riesige Plattform, auf der sich mächtige Türme erhoben. Die Anlage war ohne Symmetrie; die Türme wirkten, als wären sie nach der Laune eines Betrunkenen errichtet worden. Plaquet hatte nur eine ungefähre Vorstellung von den Ausmaßen des fremden Fahrzeugs – denn ein Fahrzeug war es zweifellos, zumal Kommandant Maso das gesamte Gebilde als Schwarm bezeichnete.
Plaquets Blick traf Vjuga, den Ai. Der Raumanzug bedeckte seine gläserne Haut, durch die der Techniker sonst in sein Körperinneres hätte sehen können. Vjugas Miene war unbeweglich. Der Teufel mochte es fertigbringen, einem Ai anzusehen, ob er begeistert oder ängstlich, zornig oder guten Mutes war. Und da war Preleddi, der blaupelzige Prodheimer-Fenke. Er zitterte am ganzen Leib, das war ihm trotz der schweren Montur anzusehen. Preleddi hatte Angst, und allein die Erkenntnis, dass sich noch jemand vor dem Einsatz fürchtete, gab Plaquet einen Teil seiner Selbstsicherheit zurück.
Ein fahler Blitz huschte über die Bildfläche. Sofort drang Masos knarrende Stimme aus dem Empfänger. »Das war der erste Schlag, Plaquet«, sagte er. »Wir wurden mehrere Hundert Kilometer weit zurückgeschleudert. Ich stoße ein zweites Mal vor. Bevor wir gegen die Barriere auflaufen, machst du dich am besten auf den Weg.«
Merkwürdig: Im Augenblick der Entscheidung verlor die Angst ihre Macht über Plaquet. Seine Schaltungen erfolgten mit der Präzision einer Maschine. Das Hangarschott öffnete sich, die HIAKLA setzte sich in Bewegung.
Plaquet musterte die Instrumente. Das Beiboot fiel mit kaum messbarer Geschwindigkeit auf die große Raumfestung zu, angezogen von der natürlichen Gravitation der riesigen Masse. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn er das Triebwerk hätte einsetzen können, aber das hätte bedeutet, sich den unnahbaren Fremden wie auf einem Tablett zu servieren. Den Ortungen an Bord der Festung wäre die Streustrahlung der Antriebsaggregate keine zehn Sekunden lang entgangen.
Der Hyperfunkempfang sprach an. »Das Orakel hat recht«, sagte eine vertraute Stimme.
Plaquet neigte den Kopf leicht zur Seite und lächelte. Das war das vereinbarte Signal, dass vorerst alles nach Plan verlief.
Fasziniert verfolgte Valvul das ungewöhnliche Schauspiel, das die Maschine für ihn projizierte. Zwei fremde Raumschiffe hatten sich aus dem Verband gelöst. Eines hielt geradlinig auf die Stadt Tarath zu, das andere schien in einer Distanz von etlichen Lichtminuten an ihr vorbeigleiten zu wollen.
Früher stürzten sie sich mit einer ganzen Flotte auf eine unserer Städte, und wir wiesen sie mühelos zurück, dachte Valvul. Warum meinen sie, sie hätten mit einem einzelnen Fahrzeug mehr Erfolg?
Valvul sah, dass greller Lichtschein über die weiße Hülle des Raumschiffs huschte. Es war gegen das Barrierefeld geprallt und wurde zurückgeschleudert. Er hatte keine Ahnung, wie die Fremden aussahen, aber es schien unmöglich, dass sie die schwere Erschütterung ohne Schaden überstanden hatten. Umso überraschter war er, dass das Schiff unverzüglich wieder Fahrt aufnahm und erneut gegen die Barriere vorstieß.
Der zweite erfolglose Versuch überzeugte den Fremden offenbar, dass er sich keine Hoffnung auf Erfolg zu machen brauchte. Er wendete und beschleunigte, eindeutig in der Absicht, sich dem Verband wieder anzuschließen.
Valvul wandte seine Aufmerksamkeit dem zweiten Raumschiff zu. Es näherte sich dem Kastenschiff, das von Tarath zur Nachbarstadt Loghar unterwegs war, bis auf wenige Lichtsekunden. Valvuls Spannung wuchs. Eine solche Konfrontation hatte er noch nie erlebt.
Ein Blitz zuckte auf, kurz nur und dennoch unglaublich grell. Die Geschwindigkeit des fremden Raumschiffs hatte sich ruckartig verlangsamt. Es drehte sich um die vertikale Achse, als wäre es in Schwung
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