SB 122 – Gefangene der SOL
diese Haut, die diesen Menschen das Leben im All ermöglichte. Sie half ihnen, die Kälte und die Luftleere des freien Raumes zu ertragen. Sie sorgte aber auch dafür, dass die Buhrlos in regelmäßigen Abständen den Weltraum aufsuchen mussten.
Es gab immer wieder Lebewesen, die für extreme ökologische Nischen hoch spezialisierte Werkzeuge mitbrachten – die sich verhängnisvoll für das betreffende Individuum auswirkten, wenn sie nicht regelmäßig benutzt wurden. Bei den Buhrlos, die sich eine der engsten und unbequemsten ökologischen Nischen ausgesucht hatten, war dieses Spezialwerkzeug ihre gläserne Haut. Wurde sie nicht gebührend belastet, verfiel sie gleichsam zur Panzerung und ermordete ihren Träger durch Stoffwechselvergiftung. Die Hautatmung, die bei Buhrlos in der Atmosphäre ebenso anzutreffen war wie bei vielen anderen Lebewesen, brach zusammen, wenn die Buhrlohaut zum undurchdringlichen Panzer wurde. Der Tod, der diesem Verhängnis folgte, war langsam und qualvoll.
Mit dieser Tatsache spekulierte Surfo Mallagan offenkundig.
»Jeder Widerstand ist zwecklos geworden«, sagte Hyhldon. »Gegen diese Erpressung weiß ich keinen Rat.«
Tomason machte eine abwehrende Geste. »Mallagans Frontwechsel gibt uns Zeit. Nicht viel, das weiß ich, aber wenigstens Zeit.«
»Ein paar Stunden, nicht mehr«, stieß Tanwalzen hervor. »Das zählt nicht angesichts der Bedrohung. Muss ich dich ...?«
Tomason winkte ab. Der High Sideryt brauchte ihn nicht an die besonderen Umstände zu erinnern. Sie waren in gewissen Kreisen schon Gegenstand ernster Sorge. Es gab nur noch nur dreihundertzwanzig Buhrlos, und sie waren überwiegend alt, dazu gezeichnet von Niedergeschlagenheit, Resignation, Verzweiflung. Mit den Buhrlos aber stand und fiel die Spoodie-Versorgung des Herzogtums. Der ganze Machtapparat des Herzogtums stützte sich auf die Symbionten. Die wiederum konnten nur von diesem einen Schiff und mit dieser Erntemannschaft besorgt werden.
Der Kommandant sah, wie Zia Brandström die Hände bewegte. Sie deutete eine Explosion an. Er machte eine Gebärde des Unwillens. »Keine weiteren ...«
»Warum nicht?«, fragte Tanwalzen verhalten. »Wir müssen ihn beschäftigen – allein schon, um die Gläsernen in Sicherheit bringen zu können.«
»Ausgeschlossen«, wehrte Tomason ab. »Mit den Buhrlos wird nicht experimentiert.«
»Haben wir andere Möglichkeiten?«, fragte der High Sideryt. »Entweder kapitulieren wir, oder wir leisten Widerstand. Sollte Mallagan seinen aberwitzigen Plan durchführen können und das Orakel angreifen, dann ist das Leben der Buhrlos ohnehin nicht mehr viel wert. Ohne die Hilfe des Orakels ...«
»Das sagt natürlich ein Orakeldiener«, bemerkte Tomason spitz. »Einer von denen, die Zutritt haben zum Orakel – wir dürfen bekanntlich nicht zu ihm.«
»Für diese Tatsache gibt es gute Gründe. Ich wiederhole: Ohne die Hilfe des Orakels, ohne die Spoodies ist das Herzogtum in seiner Ausdehnung nicht erweiterbar, vielleicht nicht einmal konsolidierbar. Wenn Mallagan sich an den Buhrlos vergreift oder wenn er sich am Orakel vergeht, trifft er den Lebensnerv des Herzogtums.«
»Das musst du mir nicht sagen«, knurrte Tomason. »Keiner weiß das besser als ich.«
Ein Offizier kam mit einer Botschaft. »Wir haben versucht, eine der kleineren Schleusen für Reparaturtrupps zu öffnen. Sie sind verriegelt und von Hand nicht aufzubekommen.«
Tomason stieß ein gereiztes Knurren aus. Die Lage hatte sich völlig umgedreht, aber sie war um keinen Deut besser geworden.
»Wo stecken die beiden Betschiden?«
»Sind auf dem Weg zu uns«, sagte Hyhldon. »Sie hatten sich bereits bis zum Zylinderteil durchgeschlagen.«
Tomason sah Tanwalzen herausfordernd an. »Keine Schnüffler, keine Saboteure, nur ganz normale Solanernachkommen«, sagte er hart. »Diese beiden schnüffeln dort herum, wo sie nichts zu suchen haben, und der Dritte überwältigt SENECA.«
»Damit haben wir nichts zu tun«, wehrte Tanwalzen ab. »Oder willst du die Loyalität der Techniker und Orakeldiener in Zweifel ziehen?«
»Selbstverständlich nicht«, steckte Tomason zurück. »So habe ich es nicht gemeint.«
»Ich hab's schon vergessen«, sagte Tanwalzen. »Was wir in dieser Situation brauchen, ist Zusammenarbeit.«
»Das hört sich gut an«, warf Hyhldon ein. »Leider fragt sich, was wir überhaupt tun können.«
»Wir müssten kämpfen, ob wir wollen oder nicht«, sagte Tanwalzen. »Wenn wir den Buhrlos einen
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