Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
erreichte die Tür als Erster. Zum Glück war sie unverschlossen, sodass er sie aufstoßen und hindurchstürzen konnte. Sobald Lucy und Tic mit ihm im Raum waren, knallte er sie zu und drehte den Schlüssel zweimal rum. Es gab einen lauten Rums, gefolgt von wütendem Fluchen. Mats grinste. Offensichtlich hatte der Wachmann so viel Schwung draufgehabt, dass er nicht mehr rechtzeitig hatte abbremsen können.
Mats wandte sich zu seinen Freunden um. Lucy lehnte mit hochrotem Kopf an einem Bücherregal aus glänzendem Chrom. Der Feary, der neben ihr schwebte, wischte sich erschöpft den Schweiß von der Stirn. »Sie werden die Tür aufbrechen. Es ist nur eine Frage der Zeit!« Kaum hatte Tic ausgesprochen, drangen Stimmen von draußen zu ihnen herein. Gleich darauf krachte etwas gegen die Tür und brachte sie zum Erbeben. Zum Glück wirkt sie massiv genug, dachte Mats, um wenigstens eine Zeitlang dem Ansturm der Wachmänner standzuhalten.
Er blickte sich um und stöhnte. Der Raum war eine einzige Enttäuschung. Es handelte sich um ein Arbeitszimmer mit einem gläsernen Schreibtisch, auf dem sich schwarze Aktenordner und loses Papier türmten – aber nirgends entdeckte Mats ein Buch, das irgendwie magisch aussah. Es gab auch kein Telefon oder einen Computer, über den er Hilfe hätte rufen können. Dafür hingen auch hier überall Bilder von Dämonen an den Wänden, abscheuliche Kreaturen mit dornenbesetzten Tentakeln, unzähligen Augen und Mäulern. Schaudernd wandte Mats sich ab.
Erneut krachten die Wachmänner gegen die Tür. Der Rahmen erbebte. Nicht mehr lange und sie würden durchbrechen.
»Die Regale stehen alle ein Stück von der Wand weg«, sagte Tic. »Also keine Geheimtür.«
»Der Garten liegt neun Meter unter uns«, meinte Lucy, die zum Fenster gelaufen war. »Bei einem Sprung würden wir uns alle Knochen brechen.«
»Shit!« Mats trat wütend gegen den Schreibtisch und wandte sich dann zu Tic um. »Du kannst immer noch abhauen.«
»Ja«, sagte Lucy. »Verschwinde von hier und warne die anderen Schattengänger vor Vlads Plänen.«
»Die würden mir doch eh nicht glauben«, entgegnete Tic. »Außerdem lasse euch hier nicht alleine zurück. Ihr seid meine Freunde.«
»Aber Lucy hat recht«, wandte Mats ein. »Du ...« Der Rest seines Satzes ging im Splittern des Türrahmens unter. Noch ein, zwei Anläufe und die Tür würde nachgeben.
»Ich bleibe«, sagte Tic entschieden. »Was ist übrigens mit dem Kamin dort drüben? Ihr könntet versuchen, durch den Abzugsschacht aufs Dach zu klettern.«
Lucy lief hin und beugte sich hinein. »Hier ist ein Gitter und ... Aaah .«
»Lucy? Lucy!« Mats rannte zum Kamin und traute seinen Augen nicht: Er war leer.
»Ein Blendzauber«, schlussfolgerte Tic, der ihm gefolgt war. »Allerdings ein ziemlich mächtiger, ich kann ihn nämlich nicht durchschauen.«
Rumms . Die Tür neigte sich bedrohlich in den Raum.
»Wir folgen Lucy«, entschied Mats und sprang in den Kamin, als die Tür des Arbeitszimmers endgültig nachgab. Im nächsten Moment stand er Lucy auf einer engen, von Feenlampen erhellten Wendeltreppe gegenüber.
»Kein Wort«, zischte Tic, der direkt neben Mats’ Ohr aufgetaucht war. »Sie sind jetzt im Arbeitszimmer.«
»Wo sind sie?«, rief einer der Wachmänner.
»Ich sehe sie nicht.«
»Sie müssen aber irgendwo hier sein.«
Mats lächelte. Vlads Männer schienen nichts von dem Blendzauber zu wissen. Stumm bedeutete er seinen Freunden, die Treppe hinaufzusteigen. Nach wenigen Stufen endete sie in einer fensterlosen Kammer, in der ein gut zwei Meter hoher Spiegel aufgestellt war.
»Seht ihr, er glimmt noch«, meinte Tic aufgeregt. »Vlad muss ihn für eine illegale Spiegelreise benutzt haben.«
Mats trat näher an den Spiegel heran und krauste die Stirn. »Warum kann ich uns nicht darin sehen?«
Tic rieb sich die winzigen Hände. »Weil das Portal immer noch offen ist.«
Die Macht des Dämons
Die Reise durch den Spiegel war ganz anders als die mit dem magischen Teleporter. Kaum war Mats durch die silbrige Oberfläche getreten, fand er sich in einer Welt aus Nebel wieder, durch die er wie mit einem Laufband befördert wurde. Aus dem Augenwinkel bemerkte er hier und dort das Aufblitzen weiterer Spiegel im Nebel, an denen er und seine Freunde vorübergetragen wurden. Es war weder kalt noch warm. Der Nebel selbst fühlte sich feucht auf seiner Haut an. Ein paarmal glaubte Mats, einen Schatten durch den Nebel
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