Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
gleiten zu sehen – wie einen großen Fisch –, der jedoch sofort verschwand, sobald er genauer hinsah. Der Gedanke, dass sie nicht alleine an diesem Ort waren, machte ihn nervös, umso froher war er, als vor ihm der Zielspiegel aus dem Nebel auftauchte. Dieser spuckte sie in einen düsteren, von einer einzigen Feenlampe erhellten Tunnel aus.
»Wo sind wir hier?«, flüsterte Lucy.
Mats berührte die Wände des Tunnels. Sie waren aus feuchter Erde, durchzogen von rauen Gesteinsbrocken. Ein seltsamer Ort. Nun warf er einen Blick über die Schulter und sah einen Zwilling des Spiegels aus Vlads Villa.
Tic war ein Stück vorausgeflogen. »Was haben wir denn hier?« Sein Glühen fiel auf eine Bodenplatte.
Neugierig kamen Mats und Lucy näher. Symbole waren in die Oberfläche des Steins eingearbeitet. Sie sahen alt und auch ein bisschen magisch aus.
»Das sind druidische Schriftzeichen«, erklärte Tic auf Mats fragenden Blick hin. »Demnach befinden wir uns in einem alten Hügelgrab in Caledonien.«
»Wo?«, fragte er.
»Ihr nennt es heute Schottland.«
»Ach so, aber was will Vlad hier?«
»Ich kann Rückstände aus den Tagen der alten Magie spüren, als wir Schattengänger noch mächtiger waren.« Tic schüttelte sich. »Offensichtlich war es Vlad nicht genug, dass heute Mittsommernacht ist, und er wollte auf Nummer sicher gehen, indem er zusätzlich die Kräfte dieses Ortes anzapft.« Seine Miene verfinsterte sich. »Beeilen wir uns lieber!«
Er schoss davon. Mats und Lucy liefen ihm hinterher. Nach wenigen Metern kamen sie zu einer Biegung. Dahinter befanden sich Stufen, die in den zuckenden Schein eines Feuers getaucht waren. Mit einem Zeichen gab Mats seinen Freunden zu verstehen, dass er ab jetzt vorausgehen würde.
Die Stufen waren aus dunklem Stein. Vielleicht Granit. Ein paar von ihnen waren gesprungen. Baumwurzeln, knorrig und fast schwarz vom Alter, wuchsen aus den Rissen, sodass die drei achtgeben mussten, wohin sie traten. Mats’ Herz schlug jetzt schneller. Würde Vlad sie am Ende der Treppe erwarten? Hatte er Helfer bei sich? Und dann war da noch die geheimnisvollste Frage von allen: Zu welcher Sorte Schattengänger gehörte wohl der Anführer der Nightscreamer?
Plötzlich berührte Lucy Mats an der Schulter. »Hörst du das auch?«
Mats lauschte. Nun vernahm auch er einen eigentümlichen Singsang, von dem etwas Düsteres, ja, Bedrohliches ausging.
»Das klingt nach einem Zauber«, raunte Tic, der auf Mats’ linker Schulter gelandet war. »Aber ich weiß nicht, was das für einer ist. Die Sprache ist mir nicht bekannt.«
»Gehen wir weiter und finden heraus, was es ist«, sagte Mats.
Ein paar Stufen tiefer standen sie vor einem schmalen, spaltähnlichen Durchlass, der in das Innere eines ausgehöhlten Hügels führte: die Grabkammer. Mats linste hindurch und sah fünf grob gehauene Steinpfeiler, die eine gewölbte, von Wurzelwerk durchzogene Decke stützten. Als er sich ein Stück zur Seite beugte, erhaschte er einen Blick auf den Anführer der Nightscreamer, der sich im inneren Kreis der Säulen befand.
Vlads hochgewachsene Gestalt ragte vor einem Feuer auf, dessen Flammen die Umgebung in ein schauriges Spiel aus Licht und Schatten tauchten. Aber wenigstens steht er mit dem Rücken zu uns, sodass er uns nicht sehen kann, dachte Mats. Zudem schien er alleine hier zu sein. Mats musterte ihn neugierig. Vlad war groß, fast ein Riese. Pechschwarzes Haar fiel ihm über die Schultern, die ein dunkler Umhang umwehte, obwohl im Hügelgrab kein bisschen Wind ging. Die Hände hatte er wie zum Gebet erhoben, während er seinen unheimlichen Singsang ausstieß.
»Das Buch«, piepste Tic aufgeregt in Mats’ Ohr.
Er nickte, er hatte es ebenfalls entdeckt und nun juckte es ihn in den Fingern, sich das Buch zu holen. Es lag keine drei Schritte hinter Vlad auf dem Boden, halb verdeckt von seinem mächtigen Schatten. Der Geist des alten Konrads hatte recht, als er sagte, Mats würde es auf den ersten Blick erkennen. Das Buch der Schattenflüche war uralt und in dunkles Leder gebunden. Das alleine machte es jedoch noch nicht zu etwas Besonderem. Es war diese Aura von Macht, die es umgab und die Mats von Tod und Verderben zuflüsterte, die ihn rief und lockte und ihn aufforderte, die grausamen Zauber auf den Seiten des Buches auszuprobieren.
»Was hast du?«, flüsterte Lucy.
Mats sah sie verwirrt an. Konnte sie die Stimme des Buches etwa nicht hören? Er zeigte auf einen
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