Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
Aber glaubst du ernsthaft, ich würde davor zurückschrecken, den Menschenkindern etwas anzutun, nur weil die Bruderschaft oder andere Menschen wissen, dass sie Vlad hinterherschnüffeln?« Ihre Miene wurde hart. »Niemand kann unseren Meister dafür verantwortlich machen, wenn diese Kinder versehentlich vor ein Auto laufen. Unfälle passieren nun mal, Tic MacFly.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem dünnen Lächeln. »Überrascht, dass ich deinen Namen kenne, kleiner Feenmann? Hast du tatsächlich geglaubt, ich wüsste nicht, dass du der Feary bist, der den Tod des alten Konrad beobachtet hat?«
Oh, verdammt, dachte Mats. Das ging gerade gewaltig nach hinten los!
»Mylady, ich kann Euch das erklären!«, quietschte Tic mit schriller Stimme.
Die Vampirin hörte ihm längst nicht mehr zu. Sie gab dem schwarzen Dschinn einen Wink. »Erledige dieses Problem für mich.«
»Nein!« Mats streckte die Hand nach dem Feary aus, in dessen winzigem Gesicht die nackte Angst geschrieben stand. Doch schon in der nächsten Sekunde wurde Tic von einem Blitz des Dschinn getroffen, der so grell war, dass Mats geblendet die Augen schloss. Als er sie wieder aufriss, war der Feary fort. Nicht einmal ein Häufchen Asche war von ihm übrig geblieben. Mats schnürte sich die Kehle zu. Tränen schossen ihm in die Augen. Verzweifelt schüttelte er den Kopf. Nein, nein, das durfte nicht sein.
»Musstest du so übertreiben?«, fauchte die Vampirin den Flaschengeist an.
»Verzeiht, Mylady, ich war wohl etwas übereifrig!«
Mats’ Kopf fuhr zu ihr herum. »Sie haben ihn umgebracht, Sie Monster!« Er wollte bereits auf Lady Violetta losgehen, als Lucy seine Hand packte.
»Nicht, Mats! Das bringt ihn auch nicht wieder zurück.«
Er wollte sich schon von ihr losreißen, als er sah, dass in ihren Augen der gleiche Schmerz stand, den auch er fühlte. Beide hatten sie gerade einen guten Freund verloren.
»Hör lieber auf deine kleine Freundin«, sagte Lady Violetta mit honigsüßer Stimme. »Du würdest es nur bereuen.«
Mats starrte sie an, vor Wut am ganzen Körper zitternd. »Widerliches Scheusal!«
Die Ohrfeige kam so überraschend, dass Mats keine Gelegenheit hatte, ihr auszuweichen. Die Wucht ließ ihn zurücktaumeln, während seine Wange brannte, als hätte sie ihm ein glühendes Bügeleisen draufgedrückt.
»Niemand nennt mich ungestraft ein Scheusal!« Lady Violetta funkelte ihn an.
Mats starrte hasserfüllt zurück. Die Hände zu Fäusten geballt.
»Übrigens war das nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was dich erwartet, wenn es Richie wieder besser geht«, fügte die Vampirin hinzu. »Glaube mir, Menschenjunge, du wirst noch bitter bereuen, dass du ihm den Kiefer gebrochen hast.«
Für einen kurzen Moment war Mats verwirrt, dann ging ihm auf, dass sie den Dhampir vor Konrads Buchladen meinen musste. »Er hatte es nicht anders verdient«, fauchte er.
»Er ist mein Sohn.« Lady Violettas Finger schlossen sich um Mats linken Oberarm und schleuderten ihn gegen die Limousine. Mats stöhnte bei dem Aufprall und zwinkerte die Tränen fort, die sich erneut in seinen Augen sammelten. »Einsteigen, Menschenjunge.« Nun wandte Lady Violetta sich Lucy zu. »Du auch.«
»Was ... was haben Sie mit uns vor?«
»Wenn es nach mir ginge, wärt ihr längst tot, aber Vlad will euch noch verhören.« Sie bedachte Lucy mit einem erschreckend fröhlichen Lächeln. »Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.«
Die verlorene Zeit
Mats hockte in einem Sessel. Das Gesicht in den Händen vergraben. Tic war tot. Er konnte es immer noch nicht glauben. Allein bei dem Gedanken daran, fingen seine Augen an zu brennen, während sich in seiner Brust eine Taubheit eingenistet hatte, die ihm das Gefühl gab, nie wieder lachen zu können. Er schüttelte den Kopf. Wieder und wieder. Seit zwanzig oder dreißig Minuten saßen sie jetzt schon in diesem Zimmer fest, das sich in Vlads Villa mitten in Berlin befand. Für Mats war das einfach ungeheuerlich. Der Anführer der Nightscreamer lebte zwischen den Menschen, die er so sehr hasste. In einem modernen Luxusbetonklotz, der die Behaglichkeit eines Eisblocks ausstrahlte. Alles in diesem Raum war aus Glas, Metall oder Leder, und dazu noch perfekt arrangiert, als wäre es eine Kulisse für einen Werbekatalog. Wie kann man nur an so einem sterilen Ort leben?, fragte sich Mats. Und überhaupt: Warum hatte Vlad sich nicht längst blicken lassen? Dieser verdammte Mistkerl. Nur wegen ihm
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