Scary City, Band 1: Das Buch der Schattenflüche, Scary City 1 (German Edition)
war Tic überhaupt tot.
Mats konnte sich denken, worüber Vlad mit ihnen reden wollte: das Buch der Schattenflüche. Vielleicht wollte er herausfinden, was sie darüber wussten oder wem sie alles davon erzählt hatten, sodass er diejenigen auch noch aus dem Weg räumen konnte. Mats zog die Nase hoch. Tatsächlich würde er Vlad alles sagen, was der wissen wollte, wenn das Tic nur wieder zurückbringen würde.
Vor seinem geistigen Auge stieg ein Bild des winzigen Feenmannes auf: Tic mit rotem Haar, zitronengelben Schmetterlingsflügeln und mit diesem grässlichen grünen Anzug, auf den er immer so furchtbar stolz gewesen war. Mats musste lächeln und erneut lief ihm eine Träne über die Wange. Er vermisste den kleinen Kerl schon jetzt ganz schrecklich. Plötzlich befiel ihn die Angst, auch noch Lucy zu verlieren. Er drehte sich nach ihr um. Sie stand am Fenster. Mit vor der Brust verschränkten Armen. Blassgesichtig. Unendlich verletzlich.
Als hätte sie seinen Blick gespürt, wandte sie ihm das Gesicht zu. An ihren geröteten Augen erkannte er, dass auch sie geweint hatte. Plötzlich lief sie zu ihm hin und schlang die Arme um ihn.
»Ich kann es immer noch nicht glauben.«
Er nickte.
»Was sollen wir jetzt nur machen?«
Mats zuckte hilflos die Schultern.
Nachdem sie in dieses Zimmer gesperrt worden waren, hatten sie als Erstes nach einem Fluchtweg gesucht. Doch die Gitter vor den Fenstern saßen bombenfest, hinter den Regalen versteckte sich kein Geheimgang und vor der Tür stand eine Wache. Sie saßen fest.
»Unsere Eltern machen sich bestimmt furchtbare Sorgen«, murmelte Lucy vor sich hin.
Mats blickte auf seine Uhr. Es war kurz nach elf. Lucy irrt sich, dachte er. Niemand würde sie vermissen oder nach ihnen suchen, nachdem sie ihren Eltern weisgemacht hatten, dass sie beim jeweils anderen übernachten würden. Nein, auf Rettung konnten sie nicht hoffen. Plötzlich warf Mats einen zweiten Blick auf die Uhr und runzelte die Stirn. Müsste es eigentlich nicht schon viel später sein? Immerhin waren sie eine ganze Weile im Schattenschlund unterwegs gewesen. Auch das Datum auf seiner Uhr stimmte nicht. Es zeigte das vom morgigen Tag an. Der Angriff des Dschinns kam ihm wieder in den Sinn. Ja, das musste es sein. Die Magie des Flaschengeists hatte seine Uhr beschädigt.
Just in diesem Moment klopfte es ans Fenster. Ein Geräusch, das kaum lauter war, als wäre eine dicke Hummel dagegengeflogen. Lucy fuhr erschrocken herum und auch Mats stand sofort auf den Beinen. Er träumte. Ganz klar. Nun rieb er sich die Augen. Es konnte gar nicht sein, was er dort sah. Wieder hämmerte Tic mit seiner winzigen Faust von draußen ans Glas. Das Gesicht, das er dabei zog, sagte so viel wie: »Worauf wartet ihr Dummbeutel noch? Lasst mich endlich rein!«
Es war Lucy, die zum Fenster eilte, um es zu öffnen. Tic schwirrte hinein und knuffte Mats als Erstes auf die Nase. »Überraschung!«
»Du ... du lebst?«, stammelte der und brach in Jubel aus.
Der Feary grinste. »Ich wusste doch, dass du mich vermissen würdest.«
»Aber ... ich meine ... wie?«
»Als der Blitz auf mich zukam, dachte ich schon: Das war’s! Die Welt verliert einen großartigen und verdammt gut aussehenden ...«
»Jetzt übertreib mal nicht und komm endlich zum Punkt«, unterbrach ihn Lucy. »Wie konntest du das überleben?«
»Na ja, es war bloß ein Trick: ein bisschen grelles Feuerwerk, nicht mehr. Nachdem ihr dann fort wart, verriet mir der Dschinn, dass er für Mr Myrddin arbeitet. Oder wer immer das auch sein mag, der sich im Hotel eingenistet hat.« Tic blickte sich um und landete auf einem Regal, wo er die Beine baumeln ließ. »Es war ein ziemlich anstrengender Flug«, fügte er hinzu.
Mats lachte. »Ach, Tic, ich bin so froh, dich wiederzusehen.«
»Das ist aber noch nicht alles. Der Dschinn sagte mir außerdem, dass ihr heute Nacht unbedingt in dieser Villa sein müsst, weil etwas Wichtiges geschehen wird. Was, wollte er mir nicht verraten oder er wusste es selbst nicht.«
»So, wie du grinst«, sagte Mats, »weißt du es trotzdem.«
»Wissen ist übertrieben«, entgegnete Tic. »Aber ich habe meine Vermutung.« Nun wurde er wieder ernst. »Es gibt etwas, das ihr erfahren müsst. Es geht um unsere Begegnung mit Morrigan, der Göttin des Krieges.«
»Was ist mit ihr?«, fragte Lucy.
»Nun ja, wir sind ihr zwar entkommen, trotzdem hatte unser kleiner Zusammenstoß mit ihr Folgen. Auf dem
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