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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Herren höherer Extraktion kürzen lassen dürfen.«
    Max lächelte.
    »So bin ich also nicht extrakt. Bitte, lesen Sie diesen Befehl, mein Herr!«
    Er zog einen zusammengefalteten Bogen aus der Tasche und reichte ihn dem Arzte hin. Dieser blickte überrascht und ein wenig verlegen auf. Das Papier enthielt einen sehr kurz gefaßten Befehl des Ministers des Innern, dem Vorzeiger desselben als königlichen Kommissär alle Zellen und Räume der Anstalt zu öffnen und ihm auf alle seine Fragen die ausführlichste Antwort zu ertheilen.
    »Das ist etwas Anderes, mein Herr,« meinte der Arzt beinahe stotternd.
    »Bitte, bemühen sich der Herr Doktor mit mir zum Herrn Direktor!«
    Er führte ihn ungesäumt in das Arbeitskabinet des Letzteren. Es war leer. Die Direktion hatte sich nach der Anstrengung des Rapportes einem stärkenden Morgenschläfchen in die Arme geworfen.
    »Darf ich ersuchen, Platz zu nehmen? Ich werde den Herrn Kommissär sofort melden.«
    »Wohl! Doch wünsche ich nicht, wieder eine halbe Stunde warten zu müssen. Meine Zeit ist mir noch kärger zugemessen als den Herren Aerzten!« klang die kurze Antwort.
    Sie war von Erfolg, denn schon nach kaum zwei Minuten trat der Direktor ein, den schriftlichen Befehl noch in der Hand. Es war ihm deutlich anzusehen, daß er im Schlafe gestört worden war.
    »Herr Kommissär, ich habe die Ehre – –«
    »Bitte, Herr Direktor, wo haben Sie den Herrn Oberarzt gelassen?«
    »Er mußte schleunigst zu einem Kranken, welcher – –«
    »Bitte, rufen Sie ihn ebenso schleunigst zurück! Sie könnten sonst in den Verdacht kommen, daß er beauftragt sei, die Anstalt auf meine Inspektion vorzubereiten.«
    Der Direktor sah sich gezwungen, zu klingeln, und der Oberarzt trat unmittelbar darauf ein.
    »Brechen wir auf, meine Herren!« gebot Max. »Ich wünsche zunächst die Kollektivräume, wie den Andachtssaal, die Küche, Spazierorte und so weiter zu sehen, und dann gehen wir die Einzelzellen durch.«
    Es war das erste Mal, daß ein königlicher Kommissär vollständig unangemeldet die Anstalt überraschte, und das scharfe Auge des Doktors erblickte Manches, über welches er zwar einen lauten Tadel zurückhielt, doch bemerkten seine Begleiter an den zahlreichen Notizen, welche er eintrug, daß sie es nichtsdestoweniger mit einem strengen Besuche zu thun hatten.
    Der Rundgang durch dieses Haus der Irren ließ Max einen tiefen Blick in die Leiden thun, denen der menschliche Geist ausgesetzt ist. Es gab da Gemüthskranke, welche irgend ein eingebildetes Ereigniß betrauerten, Idioten, die leise und unablässig vor sich hinwimmerten, Tiefgestörte, welche nie einen Laut von sich gaben, und Redselige, die keinen Augenblick zu schweigen vermochten. Es gab da Künstler und Dichter, die, berühmt durch ihre Werke, hier an kindischer Einbildung laborirten oder unter dem Eindrucke eines finstern Phantomes wie seelenlose Kreaturen dahinvegetirten. Einer hielt sich für einen Tiger. Man hatte seine Zelle in einen Menageriekäfig verwandeln müssen; er aß nur rohes, blutiges Fleisch, welches er mit den Zähnen und seinen langen Nägeln zerriß, und brüllte wie ein wildes Thier. Ein Anderer drehte sich unablässig um sich selbst; er bildete sich ein, die Erdachse zu sein. Ein Fernerer beobachtete den Himmel durch eine wie ein Fernrohr gebrauchte Papierrolle; er hielt sich für Galilei und entdeckte alle Tage neue Sterne. Ein Weiterer glaubte Bonaparte zu sein; er stand laut kommandirend in seiner Zelle und dirigirte die Schlacht bei Wagram.
    In der Zelle Nummer Elf saß ein junger Mensch, in der Weise in die Zwangsjacke eingepreßt, daß die furchtbare Kongestion nach dem Kopfe ihm den Verstand rauben mußte. Dicker Schaum triefte ihm aus dem Munde, und die blutunterlaufenen Augen quollen aus ihren Höhlen. Er vermochte nicht zu sprechen, sondern ließ bei dem Eintritte der drei Männer nur ein wildes, unartikulirtes Aechzen vernehmen, in welchem sich die entsetzlichste Todesangst ausdrückte.
    »Warum diese Strenge?« frug Max.
    »Er hat sich an seinem Wärter vergriffen und ihn beinahe getödtet. Er ist der Schlimmste der Tobsüchtigen und nur auf diese Weise zu zähmen.«
    Im Weiberhause wiederholten sich mit den durch das Geschlecht bedingten Abänderungen ganz dieselben Szenen und Verhältnisse. Aus einer der Zellen erscholl ein so entsetzliches Geschrei, daß Max es nicht anzuhören vermochte.
    »Um Gotteswillen, Herr Direktor, gibt es kein Mittel, diese Leute zum Schweigen zu

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