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Schach von Wuthenow

Schach von Wuthenow

Titel: Schach von Wuthenow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Tage später eine
neue
Zusammenkunft abzuhalten, in der, nach Anhörung einiger Vorschläge, der eigentliche Plan fixiert werden sollte.
    Rasch hatte sich's herumgesprochen, und als Tag und Stunde da waren, waren einige zwanzig Kameraden in dem vorerwähnten Lokal erschienen: Itzenplitz, Jürgaß und Britzke, Billerbeck und Diricke, Graf Haeseler, Graf Herzberg, von Rochow, von Putlitz, ein Kracht, ein Klitzing und nicht zum letzten ein schon älterer Lieutenant von Zieten, ein kleines, häßliches und säbelbeiniges Kerlchen, das durch entfernte Vetterschaft mit dem berühmten General und beinahe mehr noch durch eine keck in die Welt hineinkrähende Stimme zu balancieren wußte, was ihm an sonstigen Tugenden abging. Auch Nostitz und Alvensleben waren erschienen. Schach fehlte.
    »Wer präsidiert?« fragte Klitzing.
    »Nur zwei Möglichkeiten«, antwortete Diricke. »Der längste oder der kürzeste. Will also sagen, Nostitz oder Zieten.«
    »Nostitz, Nostitz«, riefen alle durcheinander, und der so durch Akklamation Gewählte nahm auf einem ausgebuchteten Gartenstuhle Platz. Flaschen und Gläser standen die lange Tafel entlang.
    »Rede halten! Assemblée nationale...«
    Nostitz ließ den Lärm eine Weile dauern und klopfte dann erst mit dem ihm als Zeichen seiner Würde zur Seite liegenden Pallasch auf den Tisch.
    »Silentium, Silentium.«
    »Kameraden vom Regiment Gensdarmes, Erben eines alten Ruhmes auf dem Felde militärischer und gesellschaftlicher Ehre (denn wir haben nicht nur der Schlacht die Richtung, wir haben auch der Gesellschaft den
Ton
gegeben), Kameraden, sag ich, wir sind schlüssig geworden:
es muß etwas geschehn

    »Ja, ja. Es muß etwas geschehn.«
    »Und neu geweiht durch die ›Weihe der Kraft‹, haben wir, dem alten Luther und uns selber zuliebe, beschlossen, einen Aufzug zu bewerkstelligen, von dem die spätesten Geschlechter noch melden sollen. Es muß etwas Großes werden! Erinnern wir uns, wer nicht vorschreitet, der schreitet zurück. Ein Aufzug also. Soviel steht fest. Aber Wesen und Charakter dieses Aufzuges bleibt noch zu fixieren, und zu diesem Behufe haben wir uns hier versammelt. Ich bin bereit, Ihre Vorschläge der Reihe nach entgegenzunehmen. Wer Vorschläge zu machen hat, melde sich.«
    Unter denen, die sich meldeten, war auch Lieutenant von Zieten.
    »Ich gebe dem Lieutenant von Zieten das Wort.«
    Dieser erhob sich und sagte, während er sich leicht auf der Stuhllehne wiegte: »Was ich vorzuschlagen habe, heißt
Schlittenfahrt

    Alle sahen einander an. Einige lachten.
    »Im Juli?«
    »Im Juli«, wiederholte Zieten. »Unter den Linden wird Salz gestreut, und über diesen Schnee hin geht unsre Fahrt. Erst ein paar aufgelöste Nonnen; in dem großen Hauptschlitten aber, der die Mitte des Zuges bildet, paradieren Luther und sein Famulus, jeder mit einer Flöte, während Katharinchen auf einer Pritsche reitet. Ad libitum mit Fackel oder Schlittenpeitsche. Vorreiter eröffnen den Zug. Kostüme werden dem Theater entnommen oder angefertigt. Ich habe gesprochen.«
    Ein ungeheurer Lärm antwortete, bis der Ruhe gebietende Nostitz endlich durchdrang. »Ich nehme diesen Lärm einfach als Zustimmung und beglückwünsche Kamerad Zieten, mit einem einzigen und ersten Meisterschuß gleich ins Schwarze getroffen zu haben. Also Schlittenfahrt. Angenommen?«
    »Ja, ja.«
    »So bleibt nur noch Rollenverteilung. Wer gibt den Luther?«
    »Schach.«
    »Er wird ablehnen.«
    »Nicht doch«, krähte Zieten, der gegen den schönen, ihm bei mehr als einer Gelegenheit vorgezogenen Schach eine Spezialmalice hegte; »wie kann man Schach so verkennen! Ich kenn ihn besser. Er wird es freilich eine halbe Stunde lang beklagen, sich hohe Backenknochen auflegen und sein Normaloval in eine bäurische tête carrée verwandeln zu müssen. Aber schließlich wird er Eitelkeit gegen Eitelkeit setzen und seinen Lohn darin finden, auf vierundzwanzig Stunden der Held des Tages zu sein.«
    Ehe Zieten noch ausgesprochen hatte, war von der Wache her ein Gefreiter eingetreten, um ein an Nostitz adressiertes Schreiben abzugeben.
    »Ah, lupus in fabula.«
    »Von Schach?«
    »Ja!«
    »Lesen, lesen!«
    Und Nostitz erbrach den Brief und las. »Ich bitte Sie, lieber Nostitz, bei der mutmaßlich in eben diesem Augenblicke stattfindenden Versammlung unsrer jungen Offiziere meinen Vermittler und, wenn nötig, auch meinen Anwalt machen zu wollen. Ich habe das Zirkular erhalten und war anfänglich gewillt zu kommen. Inzwischen aber

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