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Schach von Wuthenow

Schach von Wuthenow

Titel: Schach von Wuthenow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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antworten, aber es blieb ein äußerliches Gespräch, bis er ging.
    Den Tag nach diesem Besuche kam Tante Marguerite. Sie hatte bei Hofe von dem schönen Stücke gehört, »das so schön sei wie noch gar keins«, und so wollte sie's gerne sehn. Frau von Carayon war ihr zu Willen, nahm sie mit in die zweite Vorstellung, und da wirklich sehr gekürzt worden war, blieb auch noch Zeit, daheim eine halbe Stunde zu plaudern.
    »Nun, Tante Marguerite«, fragte Victoire, »wie hat es dir gefallen?«
    »Gut, liebe Victoire. Denn es berührt doch den Hauptpunkt in unsrer gereinigten Kürche.«
    »Welchen meinst du, liebe Tante?«
    »Nun,
den
von der chrüstlichen Ehe.«
    Victoire zwang sich, ernsthaft zu bleiben, und sagte dann: »Ich dachte, dieser Hauptpunkt in unsrer Kirche läge doch noch in etwas andrem, also zum Beispiel in der Lehre vom Abendmahl.«
    »O nein, meine liebe Victoire,
das
weiß ich ganz genau. Mit oder ohne Wein, das macht keinen so großen Unterschied; aber ob unsre Predicateurs in einer sittlich getrauten Ehe leben oder nicht,
das
, mein Engelchen, ist von einer würklichen Importance.«
    »Und ich finde, Tante Marguerite hat ganz recht«, sagte Frau von Carayon.
    »Und das ist es auch«, fuhr die gegen alles Erwarten Belobigte fort, »was das Stück
will
und was man um so deutlicher sieht, als die Bethmann würklich eine sehr hübsche Frau ist. Oder doch zum wenigstens viel hübscher, als sie würklich war. Ich meine die Nonne. Was aber nichts schadet, denn er war auch kein hübscher Mann und lange nicht so hübsch als
er
. Ja, werde nur rot, meine liebe Victoire, soviel weiß ich auch.«
    Frau von Carayon lachte herzlich.
    »Und das muß wahr sein, unser Herr Rittmeister von Schach ist würklich ein
sehr
angenehmer Mann, und ich denke noch ümmer an Tempelhof und den aufrechtstehenden Ritter... Und wißt ihr denn, in Wülmersdorf soll auch einer sein, und auch ebenso weggeschubbert. Und von wem ich es habe? Nun? Von la petite princesse Charlotte.«
     
Zehntes Kapitel
     
»Es muß etwas geschehn«
    Die »Weihe der Kraft« wurde nach wie vor gegeben, und Berlin hörte nicht auf, in zwei Lager geteilt zu sein. Alles, was mystisch-romantisch war, war
für
, alles, was freisinnig war,
gegen
das Stück. Selbst im Hause Carayon setzte sich diese Fehde fort, und während die Mama teils um des Hofes, teils um ihrer eignen »Gefühle« willen überschwenglich mitschwärmte, fühlte sich Victoire von diesen Sentimentalitäten abgestoßen. Sie fand alles unwahr und unecht und versicherte, daß Schach in jedem seiner Worte recht gehabt habe.
    Dieser kam jetzt von Zeit zu Zeit, aber doch immer nur, wenn er sicher sein durfte, Victoiren in Gesellschaft der Mutter zu treffen. Er bewegte sich wieder viel in den »großen Häusern« und legte, wie Nostitz spottete, den Radziwills und Carolaths zu, was er den Carayons entzog. Auch Alvensleben scherzte darüber, und selbst Victoire versuchte, den gleichen Ton zu treffen. Aber ohne daß es ihr glücken wollte. Sie träumte so hin, und nur eigentlich traurig war sie nicht. Noch weniger unglücklich.
    Unter denen, die sich mit dem Stück, also mit der Tagesfrage beschäftigten, waren auch die Offiziere vom Regiment Gensdarmes, obschon ihnen nicht einfiel, sich ernsthaft auf ein
Für
oder
Wider
einzulassen. Sie sahen alles ausschließlich auf seine komische Seite hin an und fanden in der Auflösung eines Nonnenklosters, in Katharina von Boras »neunjähriger Pflegetochter« und endlich in dem beständig Flöte spielenden Luther einen unerschöpflichen Stoff für ihren Spott und Übermut.
    Ihr Lieblingsversammlungsort in jenen Tagen war die Wachtstube des Regiments, wo die jüngeren Kameraden den diensttuenden Offizier zu besuchen und sich bis in die Nacht hinein zu divertieren pflegten. Unter den Gesprächen, die man in Veranlassung der neuen Komödie hier führte, kamen Spöttereien wie die vorgenannten kaum noch von der Tagesordnung, und als einer der Kameraden daran erinnerte, daß das neuerdings von seiner früheren Höhe herabgestiegene Regiment eine Art patriotische Pflicht habe, sich mal wieder »als es selbst« zu zeigen, brach ein ungeheurer Jubel aus, an dessen Schluß alle einig waren, »daß etwas geschehen müsse«. Daß es sich dabei lediglich um eine Travestie der »Weihe der Kraft«, etwa durch eine Maskerade, handeln könne, stand von vornherein fest, und nur über das »Wie« gingen die Meinungen noch auseinander. In Folge davon beschloß man, ein paar

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