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Schach von Wuthenow

Schach von Wuthenow

Titel: Schach von Wuthenow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Türkischen Zelt, das sonst wohl sein Ziel zu sein pflegte, wollte sein Pferd einbiegen; er zwang es aber weiter und hielt erst bei dem Morellischen Kaffeehause, das ihm heute für den Gang, den er vorhatte, bequemer gelegen war. Er schwang sich aus dem Sattel, gab der Ordonnanz den Zügel und ging ohne Versäumnis auf das Schloß zu. Hier trat er nach Passierung eines öden und von der Julisonne längst verbrannten Grasvierecks erst in ein geräumiges Treppenhaus und bald danach in einen schmalen Korridor ein, an dessen Wänden in anscheinend überlebensgroßen Porträts die glotzäugigen blauen Riesen König Friedrich Wilhelms I. paradierten. Am Ende dieses Ganges aber traf er einen Kammerdiener, der ihn, nach vorgängiger Meldung, in das Arbeitscabinet des Königs führte.
    Dieser stand an einem Pult, auf dem Karten ausgebreitet lagen, ein paar Pläne der Austerlitzer Schlacht. Er wandte sich sofort, trat auf Schach zu und sagte: »Habe Sie rufen lassen, lieber Schach... Die Carayon; fatale Sache. Spiele nicht gern den Moralisten und Splitterrichter; mir verhaßt; auch meine Verirrungen. Aber in Verirrungen nicht steckenbleiben; wiedergutmachen. Übrigens nicht recht begreife. Schöne Frau, die Mutter; mir
sehr
gefallen; kluge Frau.«
    Schach verneigte sich.
    »Und die Tochter! Weiß wohl, weiß; armes Kind... Aber enfin, müssen sie doch charmant gefunden haben. Und was man einmal charmant gefunden, findet man, wenn man nur will, auch wieder. Aber das ist
Ihre
Sache, geht mich nichts an. Was mich angeht, das ist die Honnêteté.
Die
verlang ich, und um dieser Honnêteté willen verlang ich Ihre Heirat mit dem Fräulein von Carayon. Oder Sie müßten denn Ihren Abschied nehmen und den Dienst quittieren wollen.«
    Schach schwieg, verriet aber durch Haltung und Miene, daß ihm dies das schmerzlichste sein würde.
    »Nun denn bleiben also; schöner Mann; liebe das. Aber Remedur muß geschafft werden, und bald, und gleich. Übrigens alte Familie, die Carayons, und wird Ihren Fräulein Töchtern (Pardon, lieber Schach) die Stiftsanwartschaft auf Marienfließ oder Heiligengrabe nicht verderben. Abgemacht also.
    Rechne darauf, dringe darauf. Und werden mir Meldung machen.«
    »Zu Befehl, Euer Majestät.«
    »Und noch eines; habe mit der Königin darüber gesprochen; will Sie sehn; Frauenlaune. Werden sie drüben in der Orangerie treffen... Dank Ihnen.«
    Schach war gnädig entlassen, verbeugte sich und ging den Korridor hinunter auf das am entgegengesetzten Flügel des Schlosses gelegene große Glas-und Gewächshaus zu, von dem der König gesprochen hatte.
    Die Königin aber war noch nicht da, vielleicht noch im Park. So trat er denn in diesen hinaus und schritt auf einem Fliesengange zwischen einer Menge hier aufgestellter römischer Kaiser auf und ab, von denen ihn einige faunartig anzulächeln schienen. Endlich sah er die Königin von der Fährbrücke her auf sich zukommen, eine Hofdame mit ihr, allem Anscheine nach das jüngere Fräulein von Viereck. Er ging beiden Damen entgegen und trat in gemessener Entfernung beiseit, um die militärischen Honneurs zu machen. Das Hoffräulein aber blieb um einige Schritte zurück.
    »Ich freue mich, Sie zu sehen, Herr von Schach. Sie kommen vom Könige.«
    »Zu Befehl, Euer Majestät.«
    »Es ist etwas gewagt«, fuhr die Königin fort, »daß ich Sie habe bitten lassen. Aber der König, der anfänglich dagegen war und mich darüber verspottete, hat es schließlich gestattet. Ich bin eben eine Frau, und es wäre hart, wenn ich mich meiner Frauenart entschlagen müßte, nur weil ich eine
Königin
bin. Als Frau aber interessiert mich alles, was unser Geschlecht angeht, und was ging' uns näher an als eine solche question d'amour.«
    »Majestät sind so gnädig.«
    »Nicht gegen Sie, lieber Schach. Es ist um des Fräuleins willen... Der König hat mir alles erzählt, und Köckritz hat von dem Seinen hinzugetan. Es war denselben Tag, als ich von Pyrmont wieder in Paretz eintraf, und ich kann Ihnen kaum aussprechen, wie groß meine Teilnahme mit dem Fräulein war.
    Und nun wollen Sie, gerade
Sie
, dem lieben Kinde diese Teilnahme versagen und mit dieser Teilnahme zugleich sein Recht. Das ist unmöglich. Ich kenne Sie so lange Zeit und habe Sie jederzeit als einen Kavalier und Mann von Ehre befunden. Und dabei, denk ich, belassen wir's. Ich habe von den Spottbildern gehört, die publiziert worden sind, und diese Bilder, so nehm ich an, haben Sie verwirrt und Ihnen Ihr ruhiges Urteil

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