Schadensersatz
holen und Jill nach Hause fahren. Ich komme morgen Abend noch einmal her, um mich zu verabschieden und dir anschließend ein bisschen Privatleben zu gönnen.«
»Möchtest du nicht mein Auto nehmen?«, fragte Lotty.
Ich überlegte. »Wo hast du geparkt?«
»Vor der Haustür, auf der anderen Straßenseite.«
»Danke, aber ich muss hier wegkommen, ohne gesehen zu werden. Ich weiß nicht, ob sie auch dein Haus überwachen. Diese Kerle wollen Anita um jeden Preis, sie haben ja schon durch ihren Anruf festgestellt, dass ich mich hier aufhalte.«
Lotty erhob sich und schaltete die Küchenbeleuchtung aus. Hinter den dünnen Mullgardinen und einer Hängegeranie verborgen, warf sie einen Blick aus dem Fenster. »Ich sehe niemanden ... Wir könnten doch Paul wecken. Er nimmt meinen Wagen, fährt mit ihm einige Male um den Block, und wenn ihm keiner folgt, lässt er dich hinten in der Gasse zusteigen. Am Ende der Straße setzt du ihn wieder ab.«
»Das gefällt mir nicht. Ihr seid dann ohne Fahrzeug, und wenn jemand merkt, dass er zu Fuß zurückkehrt, werden sie Verdacht schöpfen.«
»Meine liebe Vic, so viele Wenn und Aber sehen dir gar nicht ähnlich. Wir sind auch nicht ohne Fahrzeug - wir haben ja deins! Was deinen zweiten Einwand betrifft ...« Sie dachte ein Weilchen nach. »Ah!
Ich hab's! Setz Paul an der Klinik ab. Er kann dort weiterschlafen. Wir haben ein Bett drüben, für den Fall, dass Carol oder ich mal dort übernachten müssen.«
Ich lachte. »Mehr Wenn und Aber fallen mir jetzt wirklich nicht ein, Lotty! Also wecken wir Paul und probieren wir's.«
Paul war sofort wach und guter Stimmung. Als er unseren Plan vernommen hatte, war er voll Begeisterung bei der Sache. »Falls sich einer von diesen Typen da draußen herumtreibt, soll ich ihm dann einen Denkzettel verpassen?«
»Nicht nötig, mein Lieber«, meinte Lotty amüsiert. »Wir wollen doch versuchen, nicht allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen. An der Ecke Addison Street/Sheffield Avenue gibt es ein Restaurant, das die ganze Nacht geöffnet ist - von dort aus kannst du uns anrufen.«
Wir verließen das Zimmer, damit Paul sich anziehen konnte. Nach wenigen Minuten kam er in die Küche. Mit der linken Hand strich er sich das schwarze Haar aus dem kantigen Gesicht, während die rechte das blaue Arbeitshemd zuknöpfte. Lotty gab ihm ihre Autoschlüssel. Von Lottys unbeleuchtetem Schlafzimmer aus beobachteten wir die Straße. Paul wurde von niemandem angegriffen, als er in den Wagen stieg und losfuhr; es folgte ihm auch keiner.
Ich begab mich ins Wohnzimmer, um mir etwas Ordentliches anzuziehen. Lotty sah mir schweigend zu, als ich die Smith & Wesson durchlud und im Schulterhalfter verstaute. Ich trug gut geschnittene Jeans und eine Blousonjacke über einem Strickhemd mit Rippenmuster.
Nach ungefähr zehn Minuten klingelte Lottys Telefon. »Alles in Ordnung«, meldete Paul. »Allerdings ist jemand vor dem Haus. Ich glaube, ich fahre besser nicht durch die Gasse, sonst wird er vielleicht nach hinten gelockt. Ich warte am nördlichen Ende.«
Ich setzte Lotty ins Bild. Sie nickte. »Warum gehst du nicht durchs Untergeschoss? Du hast vom Treppenhaus aus Zutritt, und die Außentür ist durch die Treppe und die Mülltonnen versteckt.« Sie führte mich nach unten. Ich fühlte mich hellwach und sehr aufgekratzt. Von einem Treppenfenster aus konnten wir sehen, wie die Nacht langsam wich und frühes Dämmerlicht den Himmel färbte. Es war 4 Uhr 40, und im Hause herrschte tiefe Stille. In der Ferne hörte man eine Sirene, doch Lottys Straße lag wie ausgestorben.
Lotty hatte eine Taschenlampe bei sich, um kein Licht einschalten zu müssen. Sie beleuchtete kurz die Treppenstufen, damit ich mir meinen Weg einprägen konnte, und schaltete die Lampe dann wieder aus. Ich tappte hinter ihr her. Am Fuß der Treppe packte sie mich am Handgelenk, lotste mich um Fahrräder und eine Waschmaschine herum und zog ganz sacht und leise die Sicherheitsriegel der Außentür zurück. Als sie anschlugen, gab es ein kleines »Klick«. Sie wartete mehrere Minuten, bevor sie die Tür öffnete. Auf gut geölten Angeln schwang sie lautlos nach innen. Ich schlüpfte hinaus und stieg auf meinen Kreppsohlen die Treppe hoch.
Im Schutz der Mülltonnen spähte ich die Gasse hinunter. Freddie saß gegen die Wand des übernächsten Hauses am südlichen Gassenende gelehnt. Soweit ich das beurteilen konnte, schlief er.
Geräuschlos bewegte ich mich wieder die Treppe hinunter.
Warte bitte
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