Schadensersatz
geglaubt, sie habe Peter umgebracht, nicht?« sagte ich so unbefangen wie möglich. »Und als sie dich ins Vertrauen zog, fühltest du dich in einer Zwickmühle. Du wolltest sie nicht verraten, aber du wolltest auch in keinen Mordfall verwickelt werden. Du warst also erleichtert, dass du dich auf dein Versprechen berufen konntest.«
Ruth gab einen Laut von sich - halb Seufzen, halb Lachen. »Ja, genauso ist es gewesen. Du bist gewiefter, als ich dachte. Mir war gar nicht klar, dass Anita selbst in Gefahr sein könnte - deshalb also hörte sie sich so verängstigt an. Jedenfalls, ich habe sie angerufen, und wir haben uns stundenlang unterhalten.
Sie hat noch nie etwas von dir gehört, und wir haben hin und her überlegt, ob wir dir trauen können.« Sie machte eine Pause; ich schwieg. »Ich glaube, wir haben keine Wahl. Anders geht's wohl nicht. Wenn es zutrifft, dass irgendwelche Gangster hinter ihr her sind - es klingt alles so aberwitzig, doch sie meint, du hast Recht.«
»Wo ist sie?«, fragte ich leise.
»Oben in Wisconsin. Ich bringe dich hin.«
»Nein. Sag mir, wo sie ist; ich werde sie schon finden. Ich habe Verfolger auf dem Hals, und wenn ich mich mit dir treffe, wird das Risiko doppelt so groß.«
»Dann erfährst du nicht, wo sie ist«, erklärte Ruth. »Ich habe mit ihr ausgemacht, dass ich dich hinbringe.«
»Du warst eine echte Freundin, Ruth, und du hattest eine schwere Last auf den Schultern. Wenn jetzt aber die Typen, die hinter Anita her sind, erfahren, dass du ihren Aufenthaltsort kennst, und vielleicht vermuten, dass sie dich ins Vertrauen gezogen hat, dann ist dein Leben auch in Gefahr. Lass das Risiko mich übernehmen - das gehört schließlich zu meinem Beruf.«
Wir stritten uns ein paar Minuten, dann ließ sich Ruth überzeugen. In den fünf Tagen seit Anitas erstem Anruf war sie einer unglaublichen Belastung ausgesetzt gewesen, und sie war heilfroh, die Verantwortung abgeben zu können. Anita war in Hartford, einer Kleinstadt nordwestlich von Milwaukee. Sie arbeitete in einem Cafe als Bedienung. Ihr rotes Haar hatte sie abgeschnitten und schwarz gefärbt, und sie nannte sich Jody Hill. Wenn ich mich sofort auf den Weg machte, erwischte ich sie gerade, wenn das Cafe für den Frühstücksbetrieb geöffnet würde.
Als ich auflegte, war es nach vier. Ich fühlte mich erfrischt und hellwach, so als hätte ich acht Stunden tief und fest geschlafen und mich nicht drei Stunden lang schlecht gelaunt auf dem Bett gewälzt.
Lotty saß mit einer Tasse Kaffee in der Küche und las. »Lotty, es tut mir wirklich leid. Du kriegst ohnedies nie ausreichend Schlaf. Aber ich glaube, das war jetzt der Anfang vom letzten Akt.«
»Oh, fein.« Sie legte ein Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte ihr Buch zu. »Geht's um das verschwundene Mädchen?«
»Ja. Das war eine Freundin, die mir die Adresse verriet. Ich brauche nun bloß noch von hier wegzukommen, ohne gesehen zu werden.«
»Wo ist sie?« Ich zögerte. »Meine Liebe, mich haben schon weit hartnäckigere Typen als Smeissens Rowdys in der Mangel gehabt. Und es sollte doch vielleicht noch jemand informiert sein.«
Ich grinste. »Du hast Recht.« Ich sagte es ihr. Dann fügte ich noch hinzu: »Die Frage ist nur, was wir mit Jill machen. Wir wollten doch morgen nach Winnetka - heute, meine ich -, um zu sehen, ob ihr Vater im Besitz irgendwelcher Unterlagen war, aus denen seine Beziehung zu Masters und McGraw hervorgeht.
Eventuell ist Anita in der Lage, diese Frage zu klären. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn wir Jill wieder nach Hause bringen könnten. Die ganzen Umstände - Paul unter dem Esstisch, Jill bei den Kindern - das alles macht mich nervös. Falls sie für den Rest der Sommerferien wieder herkommen möchte, gut; sobald der Zirkus vorbei ist, kann sie bei mir wohnen. Aber in der jetzigen Situation wäre sie zu Hause besser aufgehoben.«
Lotty schürzte die Lippen und starrte minutenlang in ihre Kaffeetasse. Schließlich sagte sie: »Ja. Ich glaube, du hast Recht. Es geht ihr schon viel besser - zwei Nächte durchgeschlafen, die Gesellschaft ausgeglichener Menschen, die sie mögen; vermutlich kann sie wieder zu ihrer Familie zurück; da stimme ich dir zu. Die Sache mit Paul ist auch keine Dauerlösung. Ganz reizend zwar, aber eben nur ein Provisorium in einer so voll gestopften Wohnung.«
»Mein Wagen steht in der Stadt, gegenüber vom Hilton. Ich kann ihn nicht nehmen - er wird beobachtet.
Vielleicht könnte ihn Paul morgen Früh
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