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Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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gesetzt und trommelte geistesabwesend mit den Fingern auf meine Reisetasche. Lotty bemerkte: »Wenn ich Bildhauerin wäre, würde ich dich modellieren - als leibhaftige Nemesis. Dir wird bestimmt etwas einfallen - ich sehe es deinem Gesicht an.« Sie hob sich auf die Zehenspitzen und gab mir einen Kuss. »Ich bringe dich noch runter. Falls jemand auf dich schießt, kann ich dich schnell zusammenflicken, bevor der Blutverlust zu groß ist.«
    Lachend sagte ich: »Lotty, du bist einmalig! Also gut, dann gib mir Geleitschutz.«
    Sie begleitete mich bis zur Ecke Seminary Avenue, aber die Luft war rein. »Das ist das Verdienst deines Sergeant McSowieso. Ich glaube, er fährt immer wieder hier vorbei. Trotz allem, Vic: Pass auf dich auf, du mutterloses Geschöpf und Tochter meiner Seele. Ich wäre untröstlich, wenn dir etwas passierte.«
    »Lotty, werde nicht melodramatisch!«, protestierte ich.
    »Du wirst doch nicht alt werden, um Himmels willen!« Sie zuckte die mageren Schultern, wie das nur Europäer können, und lächelte. Doch ihre Augen blickten ernst hinter mir her, als ich mich in Richtung meines Wagens entfernte.

17
Elm-Street-Duell
    Larry und sein schreinernder Freund hatten in meiner Wohnung Unübertreffliches geleistet. Die Tür mit ihren handgeschnitzten Blumenmotiven war ein absolutes Meisterwerk. Der Schreiner hatte zwei Sicherheitsschlösser angebracht, die sich leicht und geräuschlos bewegen ließen. Die Wohnung strahlte auf Hochglanz. Nicht die winzigste Spur der Verwüstung vom letzten Wochenende war zu sehen. Nachdem Larry die zerfledderte Couch hatte wegräumen lassen, war es ihm durch geschicktes Umgruppieren von Tisch, Sesseln und Stühlen gelungen, den leeren Raum wieder zu füllen. Auf dem Küchentisch fand ich seine Rechnung. Zwei Leute für zwei Tage zu acht Dollar die Stunde, machte zweihundertsechundfünfzig Dollar. Tür, Schlösser und deren Montage, zusammen dreihundertfünfzehn Dollar. Neue Lebensmittelvorräte - Mehl, Zucker, Bohnen, Gewürze - sowie neue Kopfkissen: siebenundneunzig Dollar.
    Die Preise schienen mir vernünftig. Ich fragte mich nur, von wem ich mein Geld bekommen würde.
    Vielleicht konnte Jill sich von ihrer Mutter etwas leihen, bis der Betrag auf ihrem Sperrkonto fällig war.
    Ich schaute auch in mein Schmuckkästchen. Wie durch ein Wunder hatten sich die Vandalen nicht an den wenigen wertvollen Stücken meiner Mutter vergriffen. Trotzdem fand ich, dass sie in einem Bankschließfach besser aufgehoben seien, damit sich nicht der nächste Eindringling darüber hermachen konnte. Anscheinend hatte Larry die Scherben des zerbrochenen venezianischen Glases weggeworfen.
    Ich hätte ihn bitten sollen, sie aufzuheben - aber dafür war es nun zu spät; zu retten wäre ohnedies nichts mehr gewesen. Die übrigen sieben waren die Glanzstücke in meinem eingebauten Geschirrschrank, doch ich konnte sie nicht ansehen, ohne dass es mir einen Stich versetzte.
    Ich versuchte noch einmal, Ralph zu erreichen. Diesmal war er beim vierten Läuten am Apparat. »Was gibt's Neues, Miss Marple?«, fragte er verwundert. »Ich dachte, Professor Moriarty würde Sie bis morgen in Atem halten.«
    »Er ist mir früher ins Netz gegangen als erwartet. Genauer gesagt, ich bin hinter das Geheimnis gekommen, um dessentwillen Peter Thayer sterben musste - aber nicht, weil er es unbedingt hüten wollte.
    Erinnerst du dich an die Zahlungsanweisung, die ich dir gegeben habe? Hast du eigentlich die Akte inzwischen aufgestöbert?«
    »Nein. Ich sagte dir ja, dass ich sie auf unsere Suchliste gesetzt habe, aber sie ist noch nicht aufgetaucht.«
    »Nun, vielleicht bleibt sie auf immer und ewig verschwunden. Weißt du, wer Joseph Gielczowski ist?«
    »Was soll das? Zwanzig Fragen oder so was Ähnliches? Ich kriege in einer Viertelstunde Besuch, Vic.«
    »Joseph Gielczowski ist einer der ranghöchsten Vizepräsidenten der Scherenschleifer-Gewerkschaft.
    Er hat seit dreiundzwanzig Jahren nicht mehr am Fließband gestanden. Wenn du ihn zu Hause besuchen würdest, könntest zu sehen, dass er so gesund und munter ist wie du. Oder du könntest ihn auch in der Hauptverwaltung der Gewerkschaft antreffen, wo er arbeitet und in der Lage ist, seine Brötchen zu verdienen, ohne auf Entschädigungsleistungen angewiesen zu sein.«
    Es entstand eine Pause. »Willst du damit sagen, dass der Mann seine Entschädigung zu Unrecht bezieht?«
    »Nein.«
    »Verdammt noch mal, Vic, wenn ihm nichts fehlt und er Schadenersatzleistung

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