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Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ein einziges Mal ins Schwarze zu treffen. Auch den innersten Ring traf ich nur zweimal. Aber der Revolver taugte etwas; er lag ruhig in der Hand und ließ keinerlei Abweichungen in der Schusslinie erkennen. »Lassen Sie mich noch eine Serie probieren.«
    Jaffrey gab mir noch ein paar Patronen und dazu einige gute Tipps. »Anscheinend kennen Sie sich aus, aber Ihnen fehlt die Übung. Sie haben sich auch gewisse Untugenden angewöhnt. Ihre Haltung ist so weit in Ordnung, aber Sie ziehen die Schulter nach oben. Lassen Sie sie unten und heben Sie nur den Arm.«
    Ich lud von neuem und schoss, wobei ich darauf achtete, die Schulter nicht zu heben. Der Rat war gut gewesen, denn außer zwei Schüssen lag alles im roten Bereich, einer traf sogar knapp ins Schwarze.
    »Gut«, entschied ich, »ich nehme sie. Geben Sie mir noch ein paar Schachteln Munition dazu und alles, was man zur Pflege braucht.« Ich überlegte einen Augenblick. »Außerdem ein Schulterhalfter.«
    Wir gingen wieder in den Laden zurück. »Larry!«, rief Jaffrey. Der Angestellte kam zu uns herüber.
    »Reinigen und verpacken Sie den Revolver für die Dame. Ich schreibe inzwischen den Kassenzettel.«
    Larry nahm den Revolver, ich ging mit Jaffrey zur Kasse. Hinter der Kasse befand sich ein Spiegel, in dem ich mich ein paar Sekunden lang betrachtete, ohne mich sogleich wieder zu erkennen. Meine linke Gesichtshälfte hatte sich inzwischen violett verfärbt, während mein rechtes Auge die finstere Qual eines Paul-Klee-Bildes auszudrücken schien. Beinahe hätte ich mich umgewandt, um zu sehen, wer diese übel zugerichtete Frau war, als ich mir bewusst wurde, dass ich mich selbst anschaute. Kein Wunder, dass Larry mich nicht in den Laden hatte lassen wollen.
    Jaffrey zeigte mir den Kassenzettel. »Vierhundertzweiundzwanzig Dollar«, sagte er. »Dreihundertzehn für den Revolver, zehn für die zweite Schachtel Patronen, vierundfünfzig für das Halfter mit Trägern, achtundzwanzig für das Pflegeset. Der Rest sind Steuern.« Ich schrieb einen Scheck aus - langsam und mühevoll. »Ich brauche Ihren Führerschein und zwei anerkannte Kreditkarten oder eine Interbank-Karte«, sagte er. »Außerdem muss ich Sie bitten, hier auf dieser Liste zu unterschreiben.« Er sah sich meinen Führerschein an. »Am Montag müssten Sie zur Stadtverwaltung gehen und den Revolver registrieren lassen. Ich schicke eine Aufstellung über die wichtigsten Waffenverkäufe an unser hiesiges Polizeirevier, das Ihren Namen vermutlich an das Polizeipräsidium von Chicago weiterleitet.«
    Ich nickte stumm und verstaute meine Papiere wieder in der Brieftasche. Der Revolver verschlang einen ganz schöner Batzen von McGraws tausend Dollar; als Spesen konnte ich sie ihm wohl korrekterweise kaum unterschieben. Larry brachte mir die Waffe in einem wunderschönen samtgefütterten Kästchen. Ich warf einen Blick darauf und bat dann um eine Tüte. Ron Jaffrey geleitete mich in weltmännischer Haltung zu meinem Wagen, wobei es ihm großartig gelang, mein Gesicht zu ignorieren. »Sie wohnen zwar ziemlich weit weg, aber wenn Sie gern den Schießstand benutzen möchten, so bringen Sie doch bitte Ihren Kassenzettel mit. Durch den Kauf haben Sie das Recht, sechs Monate lang kostenlos zu trainieren.« Er hielt mir den Wagenschlag auf. Ich bedankte mich, und er begab sich zurück zum Laden.
    Noch wirkte das Medikament, sodass die Schmerzen mich nicht völlig überwältigten, doch ich war total erschöpft. Mein letztes bisschen Energie hatte ich beim Revolverkauf und bei den Schießübungen verbraucht. Ich war nicht in der Lage, die fünfzig Kilometer zu meiner Wohnung zu fahren. Ich startete den Wagen und hielt, gemächlich die Straße entlangfahrend, nach einem Motel Ausschau. Bald fand ich ein Best Western mit Zimmern, die zum Teil an einer Seitenstraße lagen, abseits der verkehrsreichen Straße, auf der ich mich befand. Der Angestellte betrachtete aufmerksam mein Gesicht, enthielt sich jedoch jeden Kommentars. Ich zahlte bar und nahm den Schlüssel in Empfang.
    Das Zimmer war ordentlich und ruhig, das Bett schön hart. Ich zog den Stöpsel aus der Flasche Nepenthes, die mir Lotty mitgegeben hatte, und nahm einen gehörigen Schluck. Anschließend pellte ich mich aus meinen Kleidern, zog meine Uhr auf, legte sie auf den Nachttisch und kroch unter die Decke. Ich erwog noch, den telefonischen Auftragsdienst anzurufen, fand aber, ich sei zu kaputt, um noch irgendetwas zu erledigen, auch wenn es vielleicht

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