Schadensersatz
hallo«, sagte er, wobei er im Geiste recherchierte und sich mit Leichtigkeit an mich erinnerte. »Hast du'n paar gute Geschichten für mich auf Lager?«
»Heute nicht. Eventuell am Ende der Woche. Ich brauche allerdings deine Hilfe. Ein paar Bilder.«
»Von wem?«
»Hör mal, versprichst du mir, dir in deiner Zeitung keinen Reim darauf zu machen, bis ich Beweise habe, falls ich's dir sage?«
»Möglich. Kommt drauf an, inwieweit Vorgänge betroffen sind, von denen wir sowieso schon Kenntnis haben.«
»Steht Andrew McGraw irgendwo auf eurer aktuellen Liste?«
»Oh. der ist bei uns Dauerbrenner, aber im Augenblick gibt es über ihn nichts Neues. Wer ist der andere?«
»Ein gewisser Yardley Masters. Einer der Vizepräsidenten drüben bei Ajax. In deinen Unterlagen findest du ihn vermutlich unter solchen Rubriken wie Barmherzigkeitsfeldzug oder Ähnliches.«
»Hat McGraw mit Ajax zu tun?«
»Sabbere nicht ins Telefon, Murray; Ajax macht keine Geschäfte mit den Scherenschleifern.«
»Also hat McGraw deiner Meinung nach mit Masters zu tun?« Er war hartnäckig.
»Was soll das? Zwanzig Fragen, oder was?«, entgegnete ich gereizt. »Ich brauche zwei Bilder. Wenn es eine Story gibt, kannst du sie haben. Bei der Transicon-Affäre habe ich dich doch nicht schlecht bedient, oder?«
»Hör mal - hast du schon was gegessen? Gut. Wir sehen uns in einer Stunde bei Fiorella. Die Bilder bringe ich mit, falls vorhanden, und dann werde ich dich bei einem Bier in die Mangel nehmen.«
»Sagenhaft, Murray, danke!« Ich legte auf und sah auf die Uhr. Eine Stunde reichte, um auch noch die Smith & Wesson registrieren zu lassen. Ich begann wieder »Ch'io mi scordi di te« vor mich hin zu singen. »Sagen Sie Lotty, ich bin gegen sechs zurück, esse aber außer Haus!«, rief ich Carol im Weggehen zu.
12
Kneipenbummel
Die übereifrigen Bürokraten in der Stadtverwaltung hielten mich länger als erwartet auf mit ihren Formularen, Gebühren, unverständlichen Vorschriften und ihrem Ärger, wenn sie gebeten wurden, diese zu wiederholen. Obwohl mir die Zeit schon wieder knapp wurde, fuhr ich noch bei meinem Anwalt vorbei, um dort eine Fotokopie der Zahlungsanwei sung zu hinterlegen, die ich in Peter Thayers Wohnung gefunden hatte. Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm der nüchterne, durch nichts aus der Ruhe zu bringende Mann meine Anweisung entgegen, das Papier Murray Ryerson auszuhändigen, falls mir in den nächsten paar Tagen etwas zustoßen sollte.
Als ich bei Fiorella eintraf, einem hübschen Restaurant, von dessen Terrassentischen man einen Blick auf den Chicago River hatte, war Murray bereits mit seinem zweiten Bier fertig. Er war ein stattlicher, rothaariger Mann; als er mich kommen sah, winkte er mir träge zu.
Ein Segelboot mit besonders hohem Mast schwebte vorüber. »Wenn man bedenkt, dass sie für dieses einzelne Boot sämtliche Zugbrücken hinaufziehen. Ein aberwitziges System«, bemerkte er, während ich zu ihm trat.
»Oh, es ist eine durchaus reizvolle Vorstellung, dass ein kleines Boot in der Lage ist, den gesamten Verkehr auf der Michigan Avenue zum Erliegen zu bringen. Es sei denn, die Brücke hebt sich gerade in dem Augenblick, in dem man unbedingt über den Fluss muss.« Das passierte nur allzu häufig; als Autofahrer hatte man keine andere Wahl, als dazusitzen und in stummer Verzweiflung zu warten. »Hat es noch nie Mord und Totschlag gegeben, während eine der Brücken oben war? Vielleicht hat jemanden mal so die Wut gepackt, dass er den Brückenwärter erschossen hat?«
»Bis jetzt noch nicht«, sagte Murray. »Falls es mal passiert, bin ich gleich zur Stelle, um dich zu interviewen ... Was trinkst du?«
Mit Bier kann man mich nicht reizen; ich bestellte einen Weißwein.
»Hab' die Bilder für dich.« Murray schob mir eine Mappe herüber, »Bei McGraw hatten wir die große Auswahl, doch von Masters konnten wir nur ein einziges ausgraben - bei der Verleihung einer Bürgermedaille draußen in Winnetka. Der Schnappschuss ist nie veröffentlicht worden, aber es ist eine ziemlich gute Halbprofil-Aufnahme. Ich habe ein paar Kopien anfertigen lassen.«
»Danke.« Ich öffnete die Mappe. Die Aufnahme von Masters war gut. Er schüttelte gerade dem Präsidenten Amerikanischer Pfadfinder in Illinois die Hand. Zu seiner Rechten stand ein ernst wirkender Junge in Uniform, offensichtlich sein Sohn. Das Bild war zwei Jahre alt.
Murray hatte ein paar Fotos von McGraw mitgebracht, eines davon vor einem
Weitere Kostenlose Bücher