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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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kamen sonst nicht hierher. War irgendwie gar nicht denkbar. Die Mari machte das Wirtshaus, schon immer. Die Mari war immer da.
    Im Hinterzimmer stand ein Kicker, da hatten sie früher gespielt. Zehn Pfennig das Spiel – und das war eine Menge Geld für nur elf Bälle, das musste man sich erst einmal aus dem Geldbeutel der Eltern ergattern. Unbemerkt. Deshalb auch wurde der Kicker gestopft. Man hielt den Bolzen, der die Bälle freigab, gedrückt, ließ ihn dann mit Gefühl nur ein wenig zurück und von oben, übers Tor, einen Ball einlaufen. Das klappte nicht immer gleich, dafür brauchte man gutes Gespür. Machte aber nichts, denn die Bälle kamen ja wieder raus. Hatte man aber dann mit dem Bolzen das richtige Maß, verklemmte sich der Ball in der Sperrklappe, und los ging das Spiel. Waren alle Bälle verspielt, musste man nur wieder den Bolzen drücken, die Bälle waren erneut frei, und man stopfte den Kicker ein weiteres Mal. Angst hatten sie dabei immer gehabt, dass die Mari kommt. Und die kam auch irgendwann und schimpfte. Immer nach einer halben Stunde, das hatten sie aber erst sehr viel später bemerkt. Wer unter der Angst spielt, erwischt zu werden, der schaut nicht auf die Uhr. Obwohl eine über der Tür hing. Nein, sie hatten beim Stopfen immer Angst, denn wenn die Mari kam, wurde es laut, und die Mari drückte auch immer den Bolzen. Dann brauchte man wieder ein Zehnerla. Dass die Mari sie aber immer erst eine halbe Stunde spielen ließ, das wurde ihnen erst später bewusst.
    Draußen grummelte das Wetter nach, hier drinnen hörte man es nicht. Nur durch die Tür, die die Wirtin geöffnet hatte, kam frische Regenluft herein. Der Geruch von Tropfen auf heißer Erde, heißem Sand. Frisch war die Luft und gut, der Rauch aus dem Raum zog ab. Bald würde er wieder über den Tischen hängen. Zu jener Zeit war das normal. Man rauchte und rauchte auch drinnen.
    Jetzt also musste Schorla geben, zum zweiten Mal. Schorla war schon älter, schon weit in den 40ern. Pförtner seit eh und je bei der Dynamit in Fürth und immer irgendwie aufgeregt. Wie gehetzt oder ertappt, heute würde man sagen – nervös. Kartelte jetzt für den Usch. Eine Runde spielt der »Brunzkaddler« beim Stock normalerweise. Schorla hatte nie einen festen Platz an einem der drei, vier Tische der Kartler, hatte auch nie einen gehabt. Er saß immer nur daneben. Sprang mal hier ein und mal dort, wenn einer pinkeln musste. Das war beim Stock einfach so. Völlig undenkbar, dass der Schorla einen festen Platz hätte haben können. Er kam immer dazu, war da, gehörte dazu, aber gehörte zu keinem richtig. Er war aber auch nicht ganz einfach.
    Schorla nahm die Karten auf, mischte, merkte nichts, teilte aus.
    »Ich hätt' eins«, meldet Schmidla, der vorn sitzt, ein Spiel an. Nach den ersten drei Karten hat er noch mal gedoppelt. Drei Leger liegen jetzt auf dem Tisch.
    »Ja, spiel«, stöhnt der Risch aufgesetzt.
    »Wie heißt's denn?«
    Jetzt nimmt der Schorla die ersten drei Karten auf, schaut hinein – und legt, also verdoppelt. Der vierte Leger. Leicht zitternd schon seine Hand. Er nimmt die zweiten drei, schaut hinein und sortiert. »Ich spiele auch.«
    »Grün Solo«, meldet Schmidla sein Spiel an.
    »Nee, dann spiel ich ein Herz«, kommt es vom Schorla mit nicht wirklich überzeugter Stimme. Und mit »Herzlich lacht die Tante« versucht er, locker zu sein. Da schwingt seine Stimme schon ins Flageolett.
    Der Schmidla braust auf: »Du, Herz? Auf dem Usch sein Schüsseria? Dann zieh dich warm an!« Und legt noch ein Geldstück auf den Tisch. »Der wird sich freuen! Kontra!«
    »Retour«, rutscht es dem Schorla raus, er flüchtet frontal nach vorn. Er kann doch jetzt nicht klein beigeben! Schon zittert die Hand ein bisschen mehr, als er den Leger dazulegt. Den sechsten jetzt auf dem Tisch.
    Der Schmidla lässt sich nicht beirren, Spiel ist Spiel und Regel Regel. »Und nochermal!«, legt er den siebten Leger raus. Von den anderen Tischen schauen sie schon, alle Spiele dort sind unterbrochen. Es wird, denn das passiert an jedem Freitagabend irgendwann beim Stock, zum Höhepunkt kommen. Jeder weiß das schon.
    »Mari, machst mir bitte a Käs'brot?« Das war das Beste, was es hier gab. Nach den Bratwürsten. Eine dicke Schicht Romadur auf Butterbrot, garniert mit Zwiebeln, Pfeffer und hellrotem Paprikapulver, edelsüß. Das schmeckte nach dem dritten Bier! Usch ist vom Pinkeln zurück und wischt sich die Hände an der Hose ab. Die Mari nickt, »Gleich,

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