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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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dunkel zieht es von Süden herauf. Im Westen ist der Himmel noch hell, fast gelb, doch die schwarzen Wolken jagen. Das Wetter bringt die Dunkelheit früher. Drinnen im Wirtshaus aber sieht man das Wetter nicht. Hier schaut man nur in die Karten.
    Schmidla, Maschder, Risch und Usch, vier Freunde schon aus der Schulzeit, sitzen am Tisch und karteln.
    Draußen könnte man es schon grummeln hören, das Gewitter kommt mit Macht.
    Schmidla: »Mit der Alten.«
    »Wer is'n vorn? Ich? Die wird g'schbaldn! G'lehchd hasd ah nu? Ouala, des kann teuer wer'n! Schbridse!«
    Richard »Risch« Sauer nimmt ein Geldstück aus seinem Schüsselchen, legt es zu den jetzt schon vier Legern auf den Tisch und kartelt an. Eichel-Zehn, zu zweit.
    Wolfgang Pitsch, genannt »Maschder«, sticht, Herz-Zehn, Uli »Usch« Schrader hat die Rufsau und muss zugeben und Wolfgang »Schmidla« Hölzer, der gerufen hatte, den Eichel-König.
    »Fünfunddreißig – schon die halbe Miete«, triumphiert Maschder und sammelt die Karten ein. »Grün wie mein Haar – auf Eichel g'hört Grün«, grinst er und spielt den Grün-Zehner an, zu dritt, sein Mann, Risch, sitzt hinten. Usch sticht, Herz-Ass, Schmidla hat die Grün-Sau und gibt zu, und Risch, grünfrei, knallt den Schellen-Ober auf den Tisch. »Nochmal fünfunddreißig, macht siebzig! Jetzt machmer euch Schneider!«
    Wird dann aber doch nichts daraus, die Spieler haben drei laufende Bauern.
    »Spiel fünf, drei Bauern zwanzig, zweimal g'legt, Spritze, einmal z'ammg'schmissen macht vierzig … achtzig … einssechzig … dreizwanzig! Das hat sich doch g'lohnt!« Risch und Maschder klatschen sich ab.
    Ein naher Blitz zuckt draußen, Staub, Laub und Papier wirbeln auf. Die ersten Tropfen klackern aufs Fensterblech, fett und schwer.
    »Wirtin, an Schnaps!«
    »Brunzkaddler!«, mault Schmidla seinen Partner Usch an. »Wie kannst'n da mit der Ass rein! Harrgottmargod.« Er schüttelt den Kopf und schiebt noch ein »so ein Hänfling!« nach.
    »Weiß ich, dass du die Sau hast? Du hast doch g'rufen! Mit zwei Fehl!«, wehrt sich Usch, schüttelt den Kopf und zahlt aus.
    »Hast recht. War scheiße g'standen«, gibt Schmidla zu. »Alles gegen uns. Keine Chance.« Zahlt ebenfalls aus.
    »Kaddln muss man halt können«, kommentiert Risch, nimmt die Karten auf und mischt.
    Jetzt rauscht draußen der Wolkenbruch, der Regen peitscht ums Haus. Es kracht, es blitzt wie im Roman. Kurz nur lauschen die Spieler an den Tischen nach draußen. Sie müssen jetzt nicht raus. Ein Fensterladen klappert, ein Auto fährt auf nasser Fahrbahn vorbei. Dann flackert das Licht, es hat wohl irgendwo eingeschlagen. Vom Bahnhof eine Durchsage über Lautsprecher, der Zug aus Bamberg fährt ein. Hier drinnen hört man sie nur leise, für niemanden hat sie Bedeutung. Noch einmal kracht es, ganz nah. Ein typisches Sommergewitter.
    »Die aus dem Süden sind immer die heftigsten«, sagt die Wirtin, die auf ihrem Stuhl vorm Tresen sitzt. Sie sagt es für sich, wie für niemanden. Ihr hört auch niemand zu. Sie sitzt hier, die Arme verschränkt, meist den ganzen Abend, und manchmal schläft sie auch ein. Punkt zwölf wird sie die Spieler nach Hause schicken, dann macht sie das Wirtshaus zu. Die Spieler wollen dann immer bleiben, doch sie kennt kein Pardon. So ist das seit Jahren und wird es in Jahren noch sein.
    Usch Schrader am Tisch stützt sich hoch, schiebt seinen Stuhl zurück und steht auf.
    »Ich muss mal raus. Schorla, springst ein, seisogut. Spiel auf mein Schüsseria.«
    Steht auf und geht hinaus. Georg, von allen nur »Schorla« genannt, rückt vom Nebentisch herüber, übernimmt den Platz.
    Risch Sauer mischt, teilt aus.
    Man schaut sich die Karten an, die ersten, dann die zweiten drei. Dann geht es reihum, wer spielt.
    »Weg.«
    »Weg.«
    »Auch weg.«
    »Gaaaanz weit weg!«
    Die Karten werden zusammengeschmissen, Risch Sauer legt ein Doppeltes raus, Maschder nimmt die Karten, mischt und teilt aus.
    Wieder sind alle weg.
    Schorla mischt die Karten, verteilt. Wieder sind alle weg. Also noch ein Leger.
    »Etz geht amoll einer die Händ' waschen, des gibt's doch gar nicht. Was für scheiß Karten allerweil. Lauter Weg!«
    Eigentlich wäre jetzt Schmidla mit Mischen dran. Der aber legt Schorla wieder die Karten hin, er solle geben. Das gehört zum Spiel, und der Schorla merkt das nie. Versteht einfach die Regeln nicht. Verstecktes Grinsen geht über den Tisch. Das Foppen macht den Jungen Spaß.
    Freitagabend, beim Stock. Seit Jahren schon

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