Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
Vom Netzwerk:
Der zweite Knecht half Asthusen, die Schraubenmuttern auf den langen Schraubenspindeln zu befestigen und die Schraubenschlüssel überzuziehen. Bevor Asthusen zur ersten Drehung ansetzte, schaute er ihr nochmals kurz fragend in die Augen. Sie schüttelte fast unmerklich den Kopf und versuchte ihren Atem zu beruhigen. Das Eisen fraß sich langsam und immer fester in ihren Wadenmuskel hinein. Der dumpfe Druck mischte sich mit einem stechenden Brennen der zwischen den Rillen eingeklemmten Haut. Bunk versuchte gegen den Schmerz anzuatmen. Aber die Daumen stachen und brannten, und ihre Schläfen pochten, und ein heftiger Schwindel überfiel sie.
    Asthusen sah sofort, dass sie im Begriff war zu hyperventilieren und gleich in Ohnmacht fallen würde. Er hielt mit demSchrauben inne und sprach sie erneut an. Sie schüttelte nur den Kopf, aber er zwang sie zu reden, damit ihre Atmung sich beruhigte. Doch Bunk schüttelte nur noch wilder den Kopf. Asthusen gab Jürgen ein Zeichen, und der drückte umgehend seine riesige Hand über Bunks Mund, sodass sie nur noch durch die Nase atmen konnte. Sie riss verschreckt die Augen auf und versuchte zu schreien, aber nur ein dumpfes Stöhnen drang durch Jürgens Hand hindurch. Nach ein paar Minuten hatte sich ihr Atem wieder gefangen, und Asthusen zog erneut den Schraubenschlüssel an. Bunk stieß einen gellenden Schrei aus, warf ihren Kopf hin und her und versuchte sich aufzurichten. Doch Jürgen hatte sie fest im Griff und hielt sie auf dem Lehnstuhl niedergedrückt.
    Nach zwei weiteren Umdrehungen des Schraubenschlüssels gebot Wilken dem Scharfrichter Einhalt. »Will Sie jetzt über Maria Rieken sprechen?«
    Bunk konnte vor Schmerz kaum etwas um sie herum erkennen. Doch auf einmal sah sie Cäcilie, wie sie mit ihrem bezaubernden Glockenlachen auf sie zukam und ihre zarten weichen Hände liebevoll auf Bunks Gesicht legte und sie streichelte. Sie konnte den Duft von Cäcilies Haaren riechen und spürte ihre warmen Lippen auf ihrer Haut.
    »Cäcilie, mein Liebstes«, flüsterte sie tonlos vor sich hin.
    Asthusen musterte sie eindringlich. Dann erhob er sich und ging zum Prätor.
    »Prätor Wilken«, raunte er ihm mit verhaltener Stimme zu. »Natürlich können wir diese Prozedur noch fortsetzen. Aber meine Erfahrung sagt mir, dass dieses Weib kurz davor ist, in eine tiefe Ohnmacht zu fallen. Erlaubt mir darum, Euch unter vier Augen einen Vorschlag zu machen, der vielleicht allen dienlich wäre.«
    Wilken nickte wortlos und verließ mit Asthusen den Raum. Der kalte Luftzug, der durch die geöffnete Tür hereinkam, streifte Bunks schweißnassen nackten Körper und ließ sie erzittern. Zugleich verschwand das Bild Cäcilies vor ihrem inneren Auge. Sie versuchte sich erneut auf ihre Atmung zu konzentrieren, um den Schmerz zu bändigen. Aber ihr Kopf dröhnte inzwischen wie ein gewaltiger Mühlbach, der das Mühlrad hinabstürzt.
    Plötzlich lockerte sich der eiserne Griff um ihre Wade, und undeutlich vernahm sie aus der Ferne eine Stimme.
    »Die peinliche Befragung wird aus medizinischen Gründen unterbrochen. Die Inquisitin darf aber die Kammer nicht verlassen, sondern möge sich im hinteren Teil auf einer Bank ausruhen.«
    Bunk spürte, wie Jürgen sie vom Stuhl hochzog und quer durch den Raum schleppte. Er legte sie ohne viel Aufwand auf eine kalte, harte Holzbank und warf eine schwere, modrig riechende Decke über sie. Bunk stöhnte nur leise. Dann spürte sie eine feuchte Holzkelle an ihrem Mund.
    »Trink einen Schluck Wasser. Aber langsam, sonst musst du kotzen.«
    Sie trank gierig und fühlte augenblicklich die Übelkeit aufsteigen. Erschöpft ließ sie den Kopf zurücksinken und gab sich dem schmerzenden Pochen und Brennen ihrer Glieder hin.
49
    D ie Kammer war von unruhigem Stimmengewirr gefüllt. Wie lange sie so dalag und vor sich hin dämmerte, wusste Bunk nicht. Plötzlich hörte sie Cäcilies Glockenlachen. Aber es war nicht fröhlich und leicht, sondern hysterisch hoch.
    »Nein, nein, Ihr braucht mir das nicht anzulegen. Ich gestehe alles, Herr Prätor! Ja, ich habe in Unzucht gelebt und mich der Folgen entledigt. Ich will es gar nicht leugnen. Ich gebe alles zu!«
    Wieder lachte Cäcilie hysterisch auf.
    »Mit der Bunk habe ich nur zusammengelebt, weil sie mich ausgehalten hat. Für die Liebe hatte ich noch andere. Einen Müller östlich von Hamburg, der meine Zugänglichkeit regelmäßig mit einem Säckchen Mehl belohnte, einen Bauernsohn aus den Vierlanden, der wild war wie

Weitere Kostenlose Bücher