Schandweib
bestelle ich hiermit Prätor Wilken als offiziellen Fiskal und erteile ihm das Wort zur Ausführung der Anklage.«
Wilken erhob sich würdevoll von seinem Stuhl und musterte die Versammelten mit strengem Blick.
»Hoch- und Wohledle, die Ihr heute hier erschienen seid, um die peinliche Klage des Fiskals gegen Johann Friedrich Jähner zu hören, wisset, dass alle nun folgenden Punkte bereits von dem Beklagten klar bekannt wurden und er hierherkam, um vor Euch als Gottes Zeugen die Urgicht abzulegen. Johann Friedrich Jähner hat zum Ersten gewusst, dass die Mitgefangene Bunk, die sich als Mann ausgab, tatsächlich eine Weibsperson ist. Doch hat er sich nicht verwehrt, sondern vielmehr förderlich geholfen, dass dieselbe sich mit der zweiten Mitgefangenen, Cäcilie Jürgens, zu Wandsbek hat ordentlich trauen lassen und dieselben sich miteinander widernatürlich vermischt haben. Zum Zweiten hat er mit besagter Jürgens selbst Unzucht getrieben und sie geschwängert. Zum Dritten hat er zusammen mit der Jürgens und der Bunk allerhand heillose und abergläubische Dinge und gotteslästerliche Zauberkünste betrieben und gelehrt. Endlich zum Vierten aber ist Jähner durch des Satans Eingeben dahin verfallen, dass er des Hans Rieken, eines in Neuengamme wohnenden Bauern, eheliche Hausfrau Maria auf der Bude der Mitgefangenen Jürgens und Bunk am Neuen Markt im Januar dieses Jahres in grausamer Weise mit einem Strick erwürgt, danach den Kopf abgeschnitten und den Körper von zweien für diese schreckliche Mordtat erkauften Bootsleuten in einem Sack zum öffentlichen Abort beim Schweinemarkt vor dem Steintor hat tragen lassen. Den Kopf aber hat er in Stücke geschnitten und in einem Kessel mit Branntwein übergossen, um daraus ein Elixier herzustellen.«
Wilken hielt inne und musterte noch einmal eingehend die acht Schöffen. Dann drehte er sich in Richtung der Angeklagten und forderte Jähner auf, sich zu erheben, um öffentlich vor Gericht seine Urgicht auf diese Anklage abzulegen.
Bunk lief es heiß und kalt über den Rücken. Das Schwein hatte mit Cäcilie geschlafen. Aber nicht nur das, er hatte sie sogar geschwängert! Belogen und betrogen hatten die beiden sie, genau wie sie es geahnt und gefürchtet hatte. Der Henker hatte es aus dem fetten alten Sack herausgequetscht. So geschah es ihm recht.
Jähner neben ihr rührte sich nicht. Da packten ihn zwei Gerichtsdiener an den Armen und stellten ihn auf. Mit leerem Blick starrte der Arzneienkrämer auf Wilken, der ihm aufmunternd zunickte. Mit leiser zitternder Stimme haspelte er die von ihm erwarteten Worte heraus.
»Ich, Johann Friedrich Jähner, Arzneienkrämer in Hamburg, bekenne mich schuldig der Anklagen, die hier gegen mich vorgebracht wurden.«
Kaum hatte er den Satz herausgepresst, sackte er zurück auf die Anklagebank. Ein unruhiges Gemurmel erfasste den kleinenSaal und schwoll schnell zu einem Raunen an. Die kurzen kräftigen Hammerschläge des Präses auf sein Pult brachten die Menge schließlich zur Ruhe.
»Hört nun die peinliche Klage gegen Cäcilie Jürgens und wisset auch hier, dass alle nun folgenden Punkte bereits von der Beklagten klar bekannt wurden und auch sie hierherkam, um vor Euch als Gottes Zeugen die Urgicht abzulegen. Cäcilie Jürgens wird angeklagt, sich zum Ersten mit der Mitgefangenen Ilsabe Bunk verlobt zu haben und die Verlobung auch aufrechterhalten zu haben, als sie erfuhr, dass dieselbe ein Weib ist. Sie hat deshalb ein Instrument in Form eines männlichen Gliedes gemacht und dieses der Bunk gegeben. Zum Zweiten hat sie sich dieses Instrumentes sowohl vor als auch nach der priesterlichen Trauung zu Wandsbek mit Bunk bedient, um Unzucht zu treiben. Knapp zwei Jahre währte diese geschlechtliche Beiwohnung. Zum Dritten aber hat sie zwischenzeitlich sowohl mit dem Mitgefangenen Johann Friedrich Jähner als auch mit einem Soldaten Unzucht getrieben, sodass sie sogar von beiden schwanger geworden und von dem Letzten zwei unzeitig tote Kinder durch eine Abtreibung zur Welt gebracht hat. Zum Vierten hat sie verschiedene abergläubische Dinge und Zaubereien, zum Teil sogar in des Teufels Namen, getrieben und dabei auch den Namen Gottes missbraucht. Zum Fünften schließlich hat sie zugestimmt und mitgeholfen, dass Johann Friedrich Jähner Maria Rieken auf ihrer Bude erwürgte und umgebracht hat. Sie war dabei, als er das Opfer erwürgte, hat ihm den Sack gehalten, in den das Blut lief, als er den Kopf abgeschnitten, und hat danach den
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